Neviges. Mit einer musikalischen Unterhaltung in Privatgärten will der CVJM Posaunenchor Neviges Freude bereiten. Anwohner sind begeistert und singen mit.

„Abend wird es wieder, über Wald und Feld...“ Wer am frühen Montagabend zufällig über die Hügelstraße oder Krumbeckstraße spazierte, horchte verwundert auf. Oder stand gleich an der richtigen Straßenecke, denn diese Nachricht hatte sich herumgesprochen wie ein Lauffeuer: Auf den Pöthen gibt’s Musik – und was für welche: Einige Musiker des CVJM Posaunenchors Neviges ließen ihrer Spielfreude im Garten von Dorothea Reinertz freien Lauf – natürlich mit dem gebotenen Abstand zueinander. Und wer vielleicht mal ein bisschen enger als die geforderten 1,50 Meter auf der Wiese beisammen stand, der tat das aus gutem Grund: Im Posaunenchor spielen auch einige Ehepaare.

Musik ist Balsam für die Seele

Applaus, Applaus: Nachbarin Ingrid Lipinski findet die kleine Ábendmusik im Garten „einfach super“.
Applaus, Applaus: Nachbarin Ingrid Lipinski findet die kleine Ábendmusik im Garten „einfach super“. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Musik ist Balsam für die Seele, so heißt es immer. Wir möchten einfach mit dieser Privat-Aktion ein bisschen Freude bereiten“ erzählt Chormitglied Jörg Sindt. Und so entschloss man sich spontan, jeden Montagabend gegen 19 Uhr Musik zu machen. „Man kennt ja ähnliche Aktionen vom Balkon aus, das ist eher etwas für die Stadt. Wir gehen hier in die Gärten“, meint Anneliese Iffland. Vom Balkon direkt neben dem Garten gibt’s dafür lauten Applaus. „Super, eine ganz tolle Idee“, ruft Ingrid Lipinski und klatscht. Beste Sicht auf den wunderschönen Garten, dazu Lieder, die man mitsingen kann – Herz, was willst du mehr. Findet auch Friedeburg Cebulla, die jenseits der Hecke auf dem Gehsteig der Krumbeckstraße sitzt. Alle sind entspannt, alle genießen diese friedliche Stimmung, die durch die Bläser fast ein bisschen feierlich wirkt. „Herrlich, bis gerade war hier noch schöne Abendsonne. Und das waren ja auch alles alte Lieder, die man kennt.“

Ein guter Tipp der Schwiegermutter

Es laufen keine Proben

Der Posaunenchor des CVJM Neviges probt aufgrund der Coronakrise zurzeit nicht, dies trifft auf alle Chöre zu. Teile des Orchesters spielen jedoch rein privat jeden Montagabend in diversen Privatgärten. Vom Pöthen aus ging es bei der Premiere weiter in einen Garten in der Eichenstraße.

Der Auftakt Ostersonntag auf dem Außengelände des Domizil Burgfeld war ein voller Erfolg: Alle Senioren hatten ihre Fenster geöffnet. Wer einen Balkon hatte und mobil genug war, der kam heraus. Die Bewohner, so sagte eine Burgfeld-Mitarbeiterin, seien überglücklich gewesen.

Heike und Peter Bobermin kamen von der Hügelstraße, um den Klängen zu lauschen. „Meine Schwiegermutter hatte davon in der WAZ gelesen, und jetzt sind wir hier. Wirklich eine tolle Sache.“ Das sei das Gute an dieser Zeit. „Die Leute kommen mit Abstand zusammen. Ich hab sonst nicht unbedingt was mit Posaunen zu tun, aber diese Idee ist wirklich wunderbar.“ Auch Jörg Backhaus und Ehefrau Maria Abellan hatten in der WAZ zunächst gelesen, dass der Posaunenchor zu Ostern vor dem Domizil Burgfeld für die Senioren gespielt hatte. Und dann eben die Ankündigung, dass es Montagabend auch auf den Pöthen etwas zu hören gibt: „Ich finde das wirklich genial.“ Seine Frau Maria nickt. „Das ist ein bisschen Ablenkung in dieser Zeit, das tut vielen Menschen einfach gut.“

„Lobet den Herren“ als Zugabe

Katharina und Jörg Sindt dürfen so nah beieinander stehen und die Abstandsregeln missachten: Die zwei sind ein Ehepaar.
Katharina und Jörg Sindt dürfen so nah beieinander stehen und die Abstandsregeln missachten: Die zwei sind ein Ehepaar. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Einige hatten es über Nachbarn gehört, aus der Zeitung erfahren oder auch von der Gastgeberin selbst. „Frau Reinertz hatte mich angerufen. Und ich muss sagen: wirklich wunderschön“, schwärmt Gisela Brandt, die einen prima Platz auf der erweiterten Terrasse ergattert hat. Cornelia Pathe macht es sich auf der Gartenbank bequem: „Einfach super, ich hab auch meinen Mann überredet mitzukommen.“ Derweil geht das kleine Konzert auf der Wiese seinem Ende entgegen. „Der Mond ist aufgegangen“, viele summen mit, lauschen andächtig den Klängen, schön und friedlich, diese kleine Abendmusik. Ein passender Abschluss, so hatten sich die Musiker des Posaunenchores gedacht – von wegen. So einfach kamen sie nicht davon. Und so schallte mächtig und eindrucksvoll auf vielfachen Wunsch die Zugabe „Lobet den Herren“ durch die Straße.

Besonders Senioren schätzen die Ablenkung

Den Menschen Freude bringen, ein wenig Ablenkung in dieser Zeit. Dieses Ziel hatte ein Teil des CVJM Posaunenchores auf jeden Fall erreicht. „Wir dürfen ja nirgendwo hin, gerade wir älteren sollen keine Kontakte haben“, klagt Hannelore Balzer. „Keine Gruppen, keine Treffen, alles fällt weg. Unsere Flügel sind gestutzt.“ Doch am Montagabend, da ging der Pöthen dank der Musik auf eine wunderbare Reise.

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