Langenberg. Christian Sonnenschein ist Bestatter aus Langenberg. In der Krise muss er kreativ sein, um trotz Vorgaben angemessene Bestattungen zu ermöglichen
Christian H. Sonnenschein hat den richtigen Riecher gehabt: Einige Wochen bevor die Corona-Krise Deutschland erreichte, hat er bei seinem Lieferanten Schutzanzüge, Masken, Leichensäcke und Desinfektionsmittel bestellt. „Der hat mich noch im Scherz gefragt, ob ich was vor hätte“, sagt der Bestattermeister.
Doch nun, nur kurze Zeit später, ist er dankbar für seine Eingebung: „Denn jetzt werden die Sachen dringend benötigt und sind entweder deutlich teurer geworden oder kaum zu bekommen.“ Stirbt ein Mensch, der mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen ist, gelten nämlich besondere Auflagen. Bestatter müssen Schutzanzüge und -masken tragen, der Körper muss in einem verschließbaren Leichensack transportiert werden. Und natürlich muss alles – auch das Fahrzeug – gründlich desinfiziert werden.
Psychische Belastung für Angehörige ist enorm
Der erhöhte Aufwand schlägt sich auch auf die Kosten einer Beerdigung nieder, „aber da versuche ich den Leuten so gut es geht entgegenzukommen“, sagt Sonnenschein. Doch viel problematischer als das Finanzielle seien ohnehin ganz andere Dinge.
„Die Angehörigen haben vorher den Kranken ja teilweise wochenlang nicht sehen dürfen“, erzählt der Inhaber des Bestattungshauses an der Vogteier Straße. „Dann stirbt der Mensch ganz allein im Krankenhaus und dann komme ich und sage: Es gibt auch nach dem Tod noch Beschränkungen, auch ich muss bestimmte Vorgaben einhalten.“
Das führe manchmal zu extremen Situationen, vor allem wenn die Angehörigen darauf drängten, den Toten noch einmal sehen zu dürfen. „Die gehen danach 14 Tage in Quarantäne“, sagt Sonnenschein, der absolutes Verständnis für dieses Bedürfnis hat. „Was das für psychische Belastungen sind, wenn man sich nicht richtig verabschieden kann.“
Strenge Vorgaben für die Bestattung
Auch für ihn sei das schwierig: „Was sage ich einem Kind, dass vor fünf Wochen noch mit dem Opa gespielt hat und jetzt ist der Opa plötzlich nicht mehr da?“ Manche Kunden würden dieses Schicksal hinnehmen: „Ich höre viele, die sagen: ,Ja, so ist das nun Mal in dieser Zeit’.“ Nur: „Irgendwann kommt das dann doch hoch, auch daran muss man denken.“
Hinzu kommt, dass auch die Zeremonie selbst nur unter strengen Vorgaben ablaufen darf. Maximal zehn Personen dürfen bei der Beisetzung dabei sein. „Da muss man halt kreativ werden“, sagt Christian Sonnenschein. Etwa bei der Großfamilie, oder wenn der Verstorbene viele Freunde und Bekannte hatte. „Wir versuchen dann den Menschen Möglichkeiten aufzuzeigen, wir reden viel miteinander.“
Wenn etwa der Friedhofsgärtner mitspiele, könne das Grab länger geöffnet bleiben. „Dann halten wir erst im engsten Familienkreis eine kleine Andacht. Wenn die Familie dann die Grabstelle verlässt, können andere in kleinen Gruppen und mit viel Abstand nachkommen.“ Man müsse einfach etwas kreativ werden.
Es gibt auch positive Aspekte
Zumal es auch positive Seiten gebe, sagt Sonnenschein: „Die Tendenz geht momentan zu Livemusik, etwa mit einer Gitarre oder Geige. Das kann auch sehr schön sein.“ Zumal das Wetter gerade mitspiele. „Wir bekommen schon positive Rückmeldungen, dass den Leuten der Rahmen doch gefallen hat.“
Andere Kunden würden darum bitten, die Urne mit dem Verstorbenen zunächst an der Vogteier Straße zu behalten, „und wenn dann alles vorbei ist, soll die eigentliche Bestattung stattfinden.“ In gewissem Rahmen sei das auch möglich, erläutert der Bestattermeister.
„Wir müssen dann bei der zuständigen Ordnungsbehörde um eine Fristverlängerung bitten“, denn normalerweise müsse auch eine Urne nach einer bestimmten Zeit beigesetzt werden. „Und die Zusammenarbeit mit der Behörde hier in Velbert klappt sehr gut“, sagt Christian Sonnenschein.
Keine Sorge um die Existenz
Sorgen um sein Geschäft macht sich der Langenberger weniger, aber: „Was drumherum passiert, das beschäftigt mich.“ Denn es breche einiges weg: „Kein Kaffeetrinken, keine Dekoration. Wer weiß, was in einem halben Jahr ist?“ Kooperationspartner von ihm müssten um ihre Existenz fürchten.
Doch so ganz spurlos gehe die Krise auch an seinem Bestattungshaus nicht vorbei: „Neben den steigenden Kosten für Material und den Mehraufwand bei Corona-Patienten haben wir ja auch Positionen, die fehlen. Etwa unser Trauercafé. Zum Glück ist das aber nicht existenzbedrohend.“
Viel Arbeit rund um Corona
Allein in der ersten Woche der Corona-Maßnahmen habe er „gefühlt rund 80 Mails“ beantworten müssen, berichtet Bestattermeister Christian H. Sonnenschein.
„Jede Kommune, jede Gemeinde hat eigene Regeln, was Bestattungen angeht. Da mussten wir uns natürlich auch informieren, um unsere Kunden vernünftig beraten zu können.“
Wie knapp das Material inzwischen ist, habe ihm ein Kollege aus Bayern berichtet, erzählt Sonnenschein: Der habe sich Leichensäcke von einer Firma herstellen lassen, die eigentlich Planen für Lkw produziere. „Aber anders hätte der keine mehr bekommen.“