Neviges. Hautcreme, Spüli, Kaffee. Birgit Dywicki aus Velbert ist auf Einkaufstour – damit gefährdete Menschen während der Corona-Krise zu Hause bleiben.

Der Kaffee ist schnell gefunden. „Gelb, koffeeinfrei“, steht ganz oben auf der Liste, die Birgit Dywicki in der Hand hält. „Das ist gut, je genauer die Angaben sind, desto einfacher ist das für mich. Und das gelbe Paket hat man ja gleich gesehen.“ Birgit Dywicki gehört zum Team der Nachbarschaftshilfe der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde. Der kostenfreie Service ist vor allem für Senioren gedacht, die besonders vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt werden müssen. Schon das Einkaufen im Supermarkt ist für sie gefährlich.

Gelungene Premiere für beide Seiten

Edith Marx hat den Service zum ersten Mal in Anspruch genommen und ist ganz begeistert.
Edith Marx hat den Service zum ersten Mal in Anspruch genommen und ist ganz begeistert. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wie für Edith Marx (85), die im Domizil Burgfeld in einer hübschen, kleinen Service-Wohnung lebt. Die Seniorin ist noch fit, geht sonst gern auf den Markt, schaut, was in Neviges so los ist. Und ist zum Glück so einsichtig, zurzeit besser zuhause zu bleiben. Die Nachbarschaftshilfe der Gemeinde nimmt sie zum ersten Mal in Anspruch, auch für Birgit Dywicki ist die Tour eine Premiere. Noch immer, so bedauert die Küsterin, nähmen viele alte Menschen die Gefahr nicht ernst genug, werde das Hilfsangebot nur zögernd angenommen. Edith Marx jedenfalls ist dermaßen begeistert, dass sie Birgit Dywicki gleich für nächsten Donnerstag „gebucht“ hat. Dann ist ja Markt, und auch da sollte sie erstmal besser nicht mitmischen.

Die Liste schnell abgearbeitet

Doch zurück in den Supermarkt. „So, Kaffee haben wir, jetzt noch Milch und Weinbrand. Den möchte Frau Marx verschenken. Ich seh hier aber nichts, nur Cognac. Vielleicht kann mir ja jemand helfen.“ Birgit Dywicki eilt davon, findet einen Mitarbeiter und dann auch schnell den Weinbrand. „Ganz unten, fünfter Karton von links. Stimmt, da ist er ja.“ Die Liste ist schnell abgehakt, Birgit Dywicki ist froh, alles gefunden zu haben. „Das ist schon etwas anderes, als wenn man für sich selbst einkauft. Hier kann ich nicht einfach umschwenken, wenn etwas nicht da ist.“ Doch der Auftakt war schon mal ein voller Erfolg, also ab zum Drogeriemarkt schräg gegenüber.

Einzeln den Drogeriemarkt betreten

Einkauf erledigt, jetzt geht es in Richtung Domizil Burgfeld. Auch dort heißt es natürlich: Abstand halten und die Tasche an die Tür stellen.
Einkauf erledigt, jetzt geht es in Richtung Domizil Burgfeld. Auch dort heißt es natürlich: Abstand halten und die Tasche an die Tür stellen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Hier heißt es erstmal: draußen warten. „Bitte nur einzeln eintreten, wenn ein Kunde herauskommt.“ Der Security-Mann am Eingang ist freundlich und gelassen, den größten Ansturm frühmorgens hat er schon hinter sich. „Alle wollen Klopapier.“ Die begehrten Rollen seien auch der einzige Grund, warum er hier manchmal einschreiten müsse. „Einige sehen nicht ein, dass sie davon nicht zu viel mitnehmen dürfen.“ Morgens um 9.30 Uhr hat auch Birgit Dywicki keinen Chance mehr – alles an Toilettenpapier ist ausverkauft. Dafür hilft ihr eine Mitarbeiterin sehr freundlich, das passende Haarspray für die Seniorin zu finden, auch die richtige Cremedose landet schnell im Wagen.

Seniorin gibt gleich ein Paket mit

Bis 12 Uhr Kontakt aufnehmen

Wer die Nachbarschaftshilfe in Anspruch nehmen möchte: Unter 02053 5032 800 läuft ein Band, hier bis 12 Uhr den Namen und die Adresse hinterlassen. Am besten auch sagen, ob es ein größerer Einkauf ist oder es sich um Kleinigkeiten handelt.

Einer aus dem 22-köpfigen Hilfs-Team meldet sich dann später und nimmt die Einkaufsliste entgegen.

Die Seniorin steht schon auf dem Balkon, winkt freudig. Trotzdem zückt Birgit Dywicki unten an der Tür den Ausweis, den jeder aus dem Team tragen muss und den sie der Seniorin gleich entgegenhalten wird. Er zeigt das Logo der Nachbarschaftshilfe nebst der Unterschrift des Jugendleiters René Görtz. Während die Küsterin auf dem Weg zur Wohnung ist, hat Edith Marx oben auf dem Balkon Zeit für einen kleinen Plausch. „Das ist ein toller Service“, ruft sie vergnügt herunter. Mit einem großen Paket unter dem Arm kommt Birgit Dywicki aus dem Haus. „Das bringe ich eben zur Post, ist ja kein Akt.“ Und Edith Marx weiß: Es gibt wirklich keinen Grund, die sicheren vier Wände zu verlassen.

Hier finden Sie die interaktive NRW-Karte der WAZ mit allen aktuellen Fallzahlen. https://interaktiv.waz.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit/#regio