Düsseldorf/Kreis Mettmann. Handwerk im Kreis Mettmann verzeichnet durch Folgen des Coronavirus drastischen Einbruch. Private und öffentliche Auftraggeber können das lindern.

Lange Zeit strotzte das Handwerk nur so vor Stärke, war die wirtschaftliche Lage geradezu hervorragend, glänzte der sprichwörtlich goldene Boden wie schon lange nicht mehr. Und jetzt das: „Das ist eine Vollbremsung ohne Bremsweg“, kommentiert Andreas Ehlert die aktuelle Situation. Das Handwerk erlebe durch die Corona-Krise einen Konjunkturabsturz von noch nie dagewesenem Ausmaß, berichtet der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf. „Konjunktur im Handwerk stürzt regelrecht ab“, ist denn auch die jüngste HWK-Frühjahrsumfrage übertitelt.

Wachstum war schon verlangsamt

Torben Viehl ist seit Jahresbeginn Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mettmann.
Torben Viehl ist seit Jahresbeginn Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mettmann. © KH Mettmann | KH Mettmann

Sie wurde Mitte März durchgeführt, da setzten die massiven Eingriffe in das wirtschaftliche und öffentliche Leben gerade mal ein. Der Einbruch ist jetzt nicht nur drastisch, er gesellt sich auch zu dem Umstand, dass sich der Konjunkturschwung im NRW-Handwerk im letzten Quartal 2019 ohnehin bereits auf bloß noch rund ein Prozent nominales Wachstum verlangsamt hat. Das Geschäftsklima ist von 129 auf nur noch 102 Punkte eingebrochen – obwohl erst ein gutes Drittel der Betriebe angaben, bereits von der Corona-Krise betroffen zu sein.

Viel schlimmer als bei der Finanzkrise

„Das Ausmaß übertrifft die Folgen der Finanzmarktkrise von 2008 deutlich. Mittlerweile hat die Krise nahezu jeden Betrieb erfasst“, sagt Ehlert. „Besondere Sorgen mache ich mir um das Gesundheitsgewerbe und um die personenbezogenen Dienstleistungen, die existenziell von der Schließung der Geschäfte betroffen sind.“ Hier hat sich das Geschäftsklima nach Auskunft der Kammer nahezu halbiert: in den Gesundheitsberufen um 48 Prozentpunkte auf jetzt 84 Prozent; die Dienstleister stürzten gar um 58 Punkte auf 74 Prozent ab. Gerade Friseure und Kosmetiker seien oft als Solo-Selbstständige tätig und verfügten nur über geringes Eigenkapital: „Hohe Fixkosten halten die Betriebe ohne Einnahmen also nur sehr kurze Zeit durch.“

Gehäuft Anträge auf Stundung

5300 Betriebe erwirtschaften drei Milliarden Euro

Die Kreishandwerkerschaft (KH) betreut und vertritt das selbstständige Handwerk im Kreis Mettmann mit fast 4200 Betrieben im Vollhandwerk und im zulassungsfreien Handwerk sowie mehr als 1100 handwerksähnlichen Gewerbebetrieben. Alle zusammen beschäftigen 25.000 Menschen, bilden fast 1900 Lehrlinge aus und erwirtschaften einen Jahresumsatz von bald drei Milliarden Euro.

KH-Geschäftsführer Torben Viehl war zuvor mehr als 13 Jahre als kaufmännischer Unternehmensberater der Handwerkskammer Köln in Leverkusen sowie dem Rheinisch-Bergischen Kreis im Einsatz. Er ist Dipl. Kaufmann.

Friseure hätten in der Tat gravierende Probleme, bestätigt Torben Viehl, zumal ihre Erträge ohnehin „zumeist sehr überschaubar“ seien. Nach Auskunft des Geschäftsführers der Kreishandwerkerschaft (KH) Mettmann – er ist dort seit Januar im Amt – treffen dort bereits gehäuft Anträge von Mitgliedsbetrieben mit der Bitte ein, ihnen die Innungsbeiträge zu stunden. Das Bau- und Ausbauhandwerk – also etwa Maler, Maurer und Dachdecker – stehe eigentlich noch ganz gut da, berichtete Viehl im Gespräch mit der WAZ, hingegen sei der Kfz-Bereich ebenfalls von der Corona-Krise betroffen. „Vermutlich“ aufgrund der Zurückhaltung und Vorsicht von Privatkunden, lautet der Erklärungsversuch. Schlechte Nachrichten gebe es auch aus dem Zuliefererbereich, zum Beispiel vom Metallbau.

Ein Betrieb wirbt für den anderen

„Mittlerweile hat die Krise nahezu jeden Betrieb erfasst“, berichtet Andreas Ehlert (re.), Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, hier bei einem Firmenbesuch.
„Mittlerweile hat die Krise nahezu jeden Betrieb erfasst“, berichtet Andreas Ehlert (re.), Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, hier bei einem Firmenbesuch. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Torben Viehl ermuntert Privatleute, etwaige Vorhaben vorzuziehen und jetzt zu beauftragen, zudem nimmt er auch die Kommunen als Auftraggeber in die Pflicht. „Beides würde Betrieben helfen.“ Prinzipiell solle man ohnehin die lokale Wirtschaft unterstützen. Und mit Blick auf die Gastronomen sagt er nur das: „Leute, bestellt!“ Doch die Betriebe und Gewerke könnten und sollten sich auch gegenseitig unterstützen, ermuntert der KH-Geschäftsführer. Indem sie nämlich offensives Empfehlungsmarketing betreiben und füreinander werben. Die Öffentliche Hand müsse alle Möglichkeiten nutzen, fordert Präsident Ehlert, Rechnungen jetzt „so zügig wie möglich“ zu begleichen.

Neanderland steht etwas besser da

Der Geschäftsklimaindex für das Neanderland liegt mit aktuell 109 Punkten deutlich über dem Wert für den gesamten Kammerbezirk (102), der übrigens deckungsgleich mit dem Regierungsbezirk Düsseldorf ist, und hebt sich noch mehr von dem der Landeshauptstadt (98) ab. Diese Relationen und Unterschiede seien eigentlich typisch und vertraut, meint Alexander Konrad. Dem HWK-Sprecher zufolge lässt sich zudem bei den Corona-bedingten Einbrüchen ein eindeutiges West-Ost-Gefälle feststellen. Die Kammer hat bei der regionalen Betrachtung außerdem das Bergische Städtedreieck als vergleichsweise robust ausgemacht.