Neviges. Viele Nevigeser stimmt dieser Anblick traurig, doch er bedeutet auch einen Neubeginn: Der Abriss des ehemaligen Krankenhauses hat begonnen.
Unerbittlich greifen die Arme des riesigen Baggers zu. Wie Streichhölzer knicken Fensterrahmen ab, stürzen Ziegel wie Legosteine aus dem dritten Stock, ein Heizkörper fliegt hinterher. „Der kneift da rein wie ein Nussknacker. Es gibt nichts, was das Ding nicht schafft“, sagt Dirk Juschkat, Baustellenleiter der Firma Stricker und schaut hoch zu dem „Longfrontbagger 345“: Am Morgen des 25. Februar begann der Abriss des ehemaligen St. Elisabeth-Krankenhauses an der Tönisheider Straße. Ein Moment, der viele Nevigeser wehmütig stimmt. Wie Alois Weber, der an diesem Morgen traurig vor dem Bauzaun Halt macht: „Tja, was soll man da sagen? Ich bin hier vor 80 Jahren zur Welt gekommen. Das war schon nicht schön, als es geschlossen wurde. Aber jetzt kommt etwas Neues, und das ist ja auch wieder gut.“ Wie berichtet, baut das Wuppertaler Unternehmen „Pro Objekt“ auf dem 8100 Quadratmeter großen Gelände sechs Häuser mit 54 hochwertigen Eigentumswohnungen.
Der Polier kann Menschen wie Alois Weber verstehen. „Es kommen auch manchmal ehemalige Krankenschwestern hier vorbei. Klar, diese Baustelle interessiert die Leute.“ Daher gibt er gern Auskunft, bringt auch Anwohner bei Anfragen auf den neuesten Stand. „Ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn ist wichtig.“ Findet auch Investor Wolf Neudahm, der mit der Firma Stricker und insbesondere mit dem Baustellenleiter Juschkat gern zusammenarbeitet. Weil Leute, die Freude an ihrer Arbeit haben, besonders verlässlich sind. „Abbruch ist das Größte, ich liebe meinen Beruf, ich will nichts anderes machen“, sagt der zweifache Familienvater.
Etwa drei Wochen dauert der Abriss
Derweil fressen sich die Scheren vom „Longfrontbagger 345“ weiter durch das rote Klinkergebäude. „Etwa drei Wochen, dann sind wir durch.“ Die Hälfte jener Zeit, die die vorangegangene Entkernung in Anspruch nahm. „Abriss ist schlimmer als Mülltrennung zuhause“, so der Polier. So galt es, Baustoffe auszusortieren, wurden etwa die Balkone von Hand zurückgebaut, und das unter strengen Bestimmungen, sie enthielten Spuren von Asbest. „Aber sonst war kein Asbest in dem Gebäude, wundert mich eigentlich. Haben die wohl bei der letzten Sanierung schon weggenommen.“ 2015 hatte die Stadt das Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet.
Scheren zerkleinern ein ganzes Haus
Klinik wurde 2013 geschlossen
Im Herbst 2013 stellte das St. Elisabeth-Krankenhaus seinen Betrieb ein. Der Klinikverbund St. Antonius und St. Josef, zu dem das Haus gehörte, verlagerte die 100 Betten ins St. Josefs Krankenhaus und ins Petrus-Krankenhaus in Wuppertal.
Von 2015 bis 2017 diente das 120 Jahre alte Gebäude an der Tönisheider Straße als Unterkunft für Flüchtlinge.
Ein weiterer Heizkörper fliegt auf die Erde, Gesteinsbrocken hinterher. 70 Tonnen schwer ist der Spezial-Abbruchbagger, der nachts mit einem Schwertransporter angeliefert wurde. Seine drei Scherenarme zerschneiden Beton, Eisen – eben ein ganzes Haus. „Um den zu bedienen, bracht man eine Spezialausbildung“, erzählt Polier Dirk Juschkat weiter. Wie Michel Nicolaus, der in seinem Bagger-Führerhaus schon die nächste Etage ins Visier nimmt. Dass gerade die Sonne freundlich vom Himmel scheint, findet der Polier übrigens gar nicht so toll. „Für Abbruch ist Regen besser, wegen des Staubs.“ Dafür zielen nun die beiden Bauhelfer Hamza Angeloz und Scit Manov unermüdlich mit dem Wasserstrahl auf die Ruinenmauer, auch der Kran hat oben Wasserspritzen. Die zwei Bauhelfer werden später auch grob den Bauschutt vorsortieren, bevor eine Brechanlage alles zerkleinert. Und auf diese Weise Material zum Beispiel für den Straßenbau gewonnen wird. Etwa Anfang April zieht Polier Juschkat mit seinen Männern auf die nächste Baustelle. „Dann ist hier Schluss für uns, wir sind ja nur fürs Kaputtmachen.“