Velbert. Zwei Velberter haben eine 90-minütige Dokumentation über die Geschichte der Niederbergbahn gedreht. Einige Erkenntnisse sind hochinteressant.

Mit dem Zug von Tönisheide über Heiligenhaus nach Düsseldorf – diese Strecke war einmal geplant und ist auch immer wieder im Gespräch. Die Trasse würde dann über den jetzigen Panoramaradweg verlaufen.

Über die Geschichte der Niederbergbahn haben die zwei Velberter Elmar Zielke und Frank Jannusch nun eine gut 90-minütige Dokumentation gedreht. Den Film gibt es seit Dezember auf dem Videoportal Youtube zu sehen (hier geht es zu der Doku).

Der einstige Hauptbahnhof Velbert, hier im Jahr 1935: Gegen den Bau gab es in der lokalen Politik viel Widerstand. Am Ende wurde das Gebäude sang- und klanglos in Betrieb genommen – ohne große Feier. Heute ist hier ein Restaurant untergebracht.
Der einstige Hauptbahnhof Velbert, hier im Jahr 1935: Gegen den Bau gab es in der lokalen Politik viel Widerstand. Am Ende wurde das Gebäude sang- und klanglos in Betrieb genommen – ohne große Feier. Heute ist hier ein Restaurant untergebracht. © Sammlung Manfred Bolz

Velbert bremste Ausbau der Strecke

Ein Fazit: Dass es die Niederbergbahn nicht wieder oder die Circle Line bis heute nicht gibt, ist in erster Linie Velbert zu verdanken. Denn viele Bürgermeister aus der Schlossstadt bremsten beides immer wieder aus: Mal, um der Heiligenhauser Konkurrenz zur heimischen Schlüsselindustrie den Zugang zu besseren Vertriebswegen zu versperren, mal, weil sie eine direkte Anbindung über Heidhausen nach Essen bevorzugten.

Aber von vorne, warum eigentlich ein Film über die Velberter Eisenbahn? „Wir beschäftigen uns sehr viel mit Lokalgeschichte“, erzählt Elmar Zielke. So betreibt er bei Facebook zum Beispiel die Gruppe „Velbert in Bildern“. Gemeinsam mit Frank Jannusch hat er zudem schon eine Dokumentation über den Velberter Bergbau gedreht.

„Im Anschluss daran haben wir auf Facebook gefragt, womit wir uns als nächstes beschäftigen sollen“, sagt Zielke. „Viele haben dann gesagt: Macht doch was über die Niederbergbahn.“ Sehr zur Freude von Zielke – „denn das war auch mein Favorit.“

Das Viadukt Eulenbachbrücke – im Volksmund Saubrücke genannt – in Velbert-Mitte: Sie ist Teil der Niederbergbahn.
Das Viadukt Eulenbachbrücke – im Volksmund Saubrücke genannt – in Velbert-Mitte: Sie ist Teil der Niederbergbahn. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Mitten in der Arbeit ergibt sich ein neuer Aspekt

Und so machten sich die beiden im Januar 2019 ans Werk. Zur Recherche nutzten sie die Stadtarchive der Anliegerstädte Velbert, Heiligenhaus und Wülfrath, sprachen bei Lhoist vor und nutzten private Kontakte. Und dann, mitten in die Arbeit, platzte die Piratenfraktion mit dem Vorschlag, die Niederbergbahn zu reaktivieren.

„Eigentlich wollten wir gar nicht in die Zukunft blicken“, sagt Frank Jannusch. „Aber danach haben wir uns umentschieden.“ Und so sollte der Film um das Kapitel Ausblick erweitert werden. „Wir haben dann sämtliche Parteien in den drei Städten angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten.“

Wer nicht antwortet, kommt auch im Film nicht vor

https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.eceNicht alle meldeten sich zurück – aus Heiligenhaus etwa keine einzige Partei. Das ist auch im Film abgebildet: „Wer nicht geantwortet hat, kommt auch nicht drin vor“, sagt Elmar Zielke. Eine Straßenumfrage und eine Abstimmung bei Facebook ergänzen dieses Kapitel.

Der Bahnübergang in Velbert-Tönisheide: Inzwischen verläuft hier der Radweg, eine Reaktivierung der Bahnstrecke ist immer mal wieder Thema.
Der Bahnübergang in Velbert-Tönisheide: Inzwischen verläuft hier der Radweg, eine Reaktivierung der Bahnstrecke ist immer mal wieder Thema. © WAZ | Foto: Uwe Vogler

Zielke und Jannusch beginnen ihren Film im Jahr 1885, dem Baustart der Niederbergbahn in Aprath. Nicht immer folgen die beiden strikt der Zeitachse, kleine Episoden runden die Dokumentation ab: So gibt es etwa einen Abstecher zur Hespertalbahn. Oder zwei Velberter mit einem etwas skurrilen Hobby: Mit einem umgebauten Golf fahren diese zwei Eisenbahnenthusiasten stillgelegte Strecken ab.

Unfall auf der Saubrücke nachgestellt

Einen kleinen Einspieler gibt es auch: Mit zwei Freunden – Jan Müller und Steffen Schulz – sowie einem Profikameramann stellten die Filmemacher den Unfall an der Saubrücke aus dem Jahr 1916 nach, bei dem eine leere Lok in die Tiefe stürzte. „Das hat richtig Spaß gemacht“, sagt Frank Jannusch. Und ergänzt: „Da wurde damals keiner verletzt.“

Insgesamt haben die beiden rund 640 Gigabyte an Material gesammelt: Fotos, Dokumente, Filmminuten. „Das reicht locker für noch ne Stunde mehr“, meint Elmar Zielke. „Wir wollten uns ja nicht in ein Format pressen, so wie das im Fernsehen der Fall gewesen wäre.“ Notfalls, sagt er, „hätten wir eben zwei Teile veröffentlicht.“

Dokumentationen für Heimatpreis eingereicht

Doch mit den gut 90 Minuten sind die beiden durchaus zufrieden. „Der Film sollte nicht langweilig werden“, sagt Frank Jannusch. Das ist gelungen. Und vielleicht gibt es für die Arbeit ja auch eine Auszeichnung: Jannusch hat die Dokumentation über den Bergbau in Velbert für den Heimatpreis 2020 der Stadt Velbert eingereicht, den Film über die Niederbergbahn für 2021.

Filmemacher sind für die Niederbergbahn

Elmar Zielke und Frank Jannusch begrüßen den Vorstoß der Piraten, die Niederbergbahn wieder zu aktivieren. „Das wäre ein absoluter Gewinn für Velbert und Heiligenhaus“, sind sich die beiden sicher. Auch die Umfrage bei Facebook gib den beiden Auftrieb: Von mehr als 1100 Teilnehmern stimmten 72 Prozent für die Reaktivierung der Bahnstrecke.

„Es wäre wünschenswert, wenn alle Parteien hier an einem Strang ziehen“, sagt Jannusch und verbindet mit der Niederbergbahn ganz konkrete Ideen: So könnten Studenten, die am Campus in Heiligenhaus lernen, in Studentenwohnheimen in Velbert wohnen – „etwa im alten Heka-Center“.

Niederbergbahn schafft „Anbindung an die Innenstadt“

So würde die Niederbergbahn verlaufen.
So würde die Niederbergbahn verlaufen. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Das könnte zu einem Wohnheim umgebaut werden – mit kleinen Geschäften im Erdgeschoss, in denen die Studenten ihren Bedarf decken könnten. „Das bringt Leben in die Innenstadt“, sagt auch Elmar Zielke. Ein Haltepunkt am Freizeitpark Nord würde die Anbindung zur Innenstadt mit Museum, Forum, Stadtgalerie und Fußgängerzone herstellen.

Eine Reaktivierung würde für Jannusch und Zielke zudem in die Zeit passen: Klimaschutz ist Thema, die Bundesregierung investiert in die Bahn. Auch der Verbund der Verkehrsbetriebe listet die Niederbergbahn als potentielle Strecke auf.

Kritik an der Reaktivierung gibt es auch

Gegenwind kommt unter anderem vom Ortsverband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), der gerne den Panoramaradweg behalten möchte. Auf der Homepage heißt es: „Da allerdings eine Finanzierung noch völlig in den Sternen steht und zur Zeit weder die Gelder für den Erhalt bestehender Infrastruktur noch für zum Teil wichtige Neubauten zur Verfügung stehen, ist eine solche Reaktivierung in den nächsten Jahrzehnten unwahrscheinlich.“