Remscheid/Velbert. Elisabeth Erbe ist Foodsharing-Botschafterin für Velbert. Sie will ein Netzwerk aufbauen, um Lebensmittel zu retten. Keine Konkurrenz zur Tafel.

Jedes Jahr werden in Deutschland rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Das schätzt die Welthungerhilfe. Eine Berechnung der Universität Stuttgart kommt sogar auf fast 13 Millionen Tonnen. Pro Kopf wären das zwischen 55 und 85 Kilogramm Essen, die jeder Deutsche pro Jahr in den Müll wirft.

Botschafterin leistet Hilfe zur Selbsthilfe

Elisabeth Erbe ist Botschafterin der Foodsharing-Initiative für Velbert – und für Wuppertal und Remscheid.
Elisabeth Erbe ist Botschafterin der Foodsharing-Initiative für Velbert – und für Wuppertal und Remscheid. © Sascha Döring

Viel zu viel, findet unter anderem Elisabeth Erbe. Die 45-jährige Remscheiderin engagiert sich für die Plattform foodsharing.de und ist nun auch Botschafterin der Initiative für Velbert. Sie wolle „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten, interessierte Betriebe ins Boot holen und die Velberter ermuntern, so genannte Foodsaver – also Lebensmittelretter – zu werden.

„Ich habe vor Jahren einen Bericht darüber gesehen, wie viele Tonnen Lebensmittel wir jedes Jahr in die Tonne werfen“, erzählt Elisabeth Erbe. „Ich musste weinen, ehrlich, und habe mir dann gesagt: Ich muss etwas ändern.“ Also fing sie in ihrem Wohnort Remscheid an, baute ein Netzwerk auf und wurde dann auch Botschafterin für Remscheid. Kurz darauf kam mit Wuppertal eine weitere Stadt hinzu. für die sie verantwortlich ist.

Betriebe werden vertraglich von der Haftung ausgeschlossen

Wenn die Äpfel angedötscht sind, finden sie oft keinen Käufer mehr. Dabei schmecken sie noch gut und sind zum Backen oder Kochen immer noch wunderbar geeignet.
Wenn die Äpfel angedötscht sind, finden sie oft keinen Käufer mehr. Dabei schmecken sie noch gut und sind zum Backen oder Kochen immer noch wunderbar geeignet. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Nun auch noch Velbert: „Ja“, sagt Erbe, „in Velbert plätschert das bislang so dahin. Ich möchte helfen, hier etwas aufzubauen.“ Und das geht so: Interessierte Betriebe, die sich am foodsharing beteiligen möchten, melden sich bei Elisabeth Erbe. „Es muss sich auch keiner Sorgen machen: Es wird alles vertraglich festgehalten.“ Etwa ein Haftungsausschluss.

Wer als Verbraucher Lebensmittel retten möchte, kann sich im Internet auf foodsharing.de kostenlos anmelden. „Dort gibt es dann ein Quiz mit Fragen zum Verhalten, mit Fragen über Lebensmittel und sowas“, erläutert die Remscheiderin. „Danach muss man sich dann für den Bezirk Velbert eintragen und ich begrüße die Neuen dann und erläutere, wie es weitergeht.“

Foodsharing ist keine Konkurrenz für die Tafeln

Die Hinweise auf die Abholstellen – Fairteiler genannt – sind ganz individuell. So wie diejenigen, die sich als Lebensmittelretter registrieren.
Die Hinweise auf die Abholstellen – Fairteiler genannt – sind ganz individuell. So wie diejenigen, die sich als Lebensmittelretter registrieren. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Dabei sind der 45-Jährigen zwei Dinge ganz besonders wichtig: „Erstens: Wir verkaufen nichts“, betont sie. „Die eingesammelten Lebensmittel werden kostenlos weiterverteilt.“ Auch die Foodsaver bekommen keinen Cent, machen alles ehrenamtlich.

„Zweitens: Wir sind keine Konkurrenz zu den Tafeln und wollen das auch gar nicht sein.“ Betriebe, die bereits mit der karitativen Einrichtung zusammenarbeiten, „werden von uns gar nicht angesprochen.“ Ganz im Gegenteil strebe sie eher eine Zusammenarbeit mit der Tafel an: „Wir können beispielsweise Lebensmittel an die Tafel liefern, oder die abholen, die übrig bleiben.“ Auch gemeinsame Aktionen könne sie sich vorstellen.

Jeder kann Lebensmittelretter werden

34 Retter gibt es schon in Velbert

Elisabeth Erbe teilt sich die Aufgabe als Botschafterin für Velbert mit einer Wuppertaler Kollegin. Aktuell, sagt sie, gebe es in Velbert 34 Lebensmittelretter und eine laufende Kooperation mit einem Betrieb. Rund 10.000 Kilogramm Lebensmittel haben die Velberter schon gerettet.

Betriebe, die mit Elisabeth Erbe Kontakt aufnehmen möchten, können sich per mail an die WAZ Velbert, redaktion.velbert@waz.de, wenden; wir vermitteln dann den Kontakt.

Eingesammelt werden von den Lebensmittelrettern Obst und Gemüse und Produkte, die das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht haben. Denn: „Das Datum heißt ja nur, dass das Lebensmittel mindestens bis zum dem Tag haltbar ist. Nicht, dass es ab dann sofort tödlich ist“, scherzt die Botschafterin. „Wir achten natürlich auch darauf, dass wir die Kühlkette nicht unterbrechen“, versichert Elisabeth Erbe. Selbst Blumen oder saisonale Non-Food-Artikel „holen wir ab und verschenken die Sachen dann.“

Lebensmittel abholen könne eigentlich jeder, betont Elisabeth Erbe, „egal ob jung oder alt, egal ob mit Arbeit oder ohne.“ Ausgegeben werden die Lebensmittel dann an so genannten Fairteilern: „Das kann die Garage oder der Hof sein, ich habe das bei mir bei schlechtem Wetter auch schon in der Küche gemacht“, sagt die Remscheiderin. In den nächsten Monaten möchte sie das Netz dieser Fairteiler in Velbert aufbauen.

Im Netzwerk entstehen Freundschaften

Was sie an dem Netzwerk auch schätzt: „Es entstehen Freundschaften; man tauscht sich aus; man kocht völlig neu, muss kreativ werden, weil man mit dem zurecht kommen muss, was da ist; es gibt Kochpartys“, zählt Elisabeth Erbe begeistert auf. „Es ist eine wohlwollende Gruppe geworden. Ein ganz großes Plus.“