Stressiger Arbeitsalltag, schlechte Bezahlung: Den Verkehrsbetrieben in der Region fehlen zunehmend Busfahrer.
Velbert. Stressiger Arbeitsalltag, schlechte Bezahlung: Den Verkehrsbetrieben in der Region fehlen zunehmend Busfahrer. Um den Mangel zu beheben, greifen manche zu ungewöhnlichen Methoden. Wie die Wuppertaler Stadtwerke (WSW), die Personal in Spanien angeheuert haben.
„Fahrermangel ist ein grundsätzliches Problem, das die ganze Branche hat“, erklärt WSW-Sprecher Holger Stephan. „Es fehlen auch 50.000 Lkw-Fahrer, und wir teilen uns mit den Speditionen ja den gleichen Pool.“ Deshalb seien die WSW dazu übergegangen, sich über die Landesgrenzen hinaus nach Personal umzuschauen – und in Spanien fündig geworden.
„Da gab es natürlich Sprachprobleme“, sagt Stephan. Deshalb habe man den Fahrern Sprachkurse finanziert und sei auch bei der Wohnungssuche behilflich gewesen. „Damit sie auch bleiben.“ Der Plan ist zunächst einmal aufgegangen: „Wir sind im Moment in der glücklichen Lage, genug Fahrer zu haben“, freut sich der WSW-Sprecher, fügt jedoch hinzu: „Das kann nächstes Jahr schon wieder ganz anders aussehen.“
Ton ist rauer geworden
Woran es liegt, dass offenbar immer weniger Menschen bereits sind, den Job eines Busfahrers zu machen? „Der Job ist nicht wirklich einfach“, sagt Holger Stephan. „Man hat viel Verantwortung, weil man die Sicherheit im Bus gewährleisten muss, viel Stress – und der Ton draußen ist deutlich rauer geworden. Pöbeln und spucken ist da fast schon normal. Wenn man das ins Verhältnis setzt zum Gehalt, sagt sich mancher: Da fahre ich lieber Lkw. Man muss schon Spaß daran haben, mit Menschen umzugehen.“
Job muss attraktiver werden
„Wir brauchen Leute“, sagt auch Fatbardh Ajvazi, Disponent bei Gerda Klingenfuß Busse. „Die Fluktuation ist bei uns nicht so hoch, aber wir würden gerne unser Geschäftsfeld erweitern.“ Zurzeit ist das Unternehmen mit zehn Fahrzeugen im ÖPNV unterwegs. „Drei Leute könnten wir noch gut gebrauchen.“ Auch Ajvazi ist der Meinung: „Der Job muss attraktiver gemacht werden. Es gibt Samstags- und Sonntagsarbeit, und der Busfahrer ist zum Beispiel bei Verspätungen immer der Buhmann.“
Es sei bereits versucht worden, über Umschulungsmaßnahmen mehr Fahrer zu gewinnen, aber die Quote sei bisher nicht berauschend. „Und dadurch, dass die Wehrpflicht abgeschafft worden ist, kommen auch keine neuen Fahrer mehr, die bei der Bundeswehr den Führerschein gemacht haben“, sucht Ajvazi nach Ursachen für den Mangel. „Die meisten, die von dort gekommen sind, gehen bald schon in Rente.“ Wie man den Job attraktiver machen könnte? Da fällt dem Disponenten einiges ein: „Geregelte Arbeitszeiten, Mitspracherecht bei der Dienstplanung – und am Lohn sollte auch etwas gemacht werden.“ 2300 Euro brutto bei einer 39-Stundenwoche verdiene ein Busfahrer laut Tarif. „Hinzu kommen Zulagen wie Sonntagszuschläge und ähnliches.“
Rheinbahn setzt Bewerberbus ein
Bundesweiter Fahrermangel
Bundesweit gibt es in der Verkehrs- und Logistikbranche einen Fahrermangel. Viele Fahrer gehen bald in Rente, und der Nachwuchs hat meist noch keinen Führerschein der Klasse D, wie man ihn früher bei der Bundeswehr machen konnte.
Deshalb bildet beispielsweise die Rheinbahn mittlerweile selbst Bus- und Straßenbahnfahrer aus. Interessierte müssen über 21 Jahre alt sein, dürfen maximal einen Punkt in Flensburg haben und müssen einen PKW-Führerschei n besitzen. Nach der abgeschlossenen Ausbildung bekommen die Busfahrer bei der Rheinbahn einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
Ähnlich wie die Wuppertaler Stadtwerke greift auch die Rheinbahn zu ungewöhnlichen Methoden, um neue Fahrer für ihre Busse zu akquirieren: Sie hat am Wochenende einen Bewerberbus eingesetzt, um Menschen für den Beruf zu begeistern. „Wir möchten den Leuten die Hemmschwelle nehmen“, begründet Pressesprecherin Heike Schuster den ungewöhnlichen Schritt. Zwar habe das Unternehmen in diesem Jahr schon rund 1100 Bewerbungen bekommen und an die 200 Verträge abgeschlossen, „aber wir wollen im kommenden Jahr unser Angebot deutlich ausbauen – und dafür benötigen wir mehr Fahrer.“ Bereits am Freitag – da stand der Bewerberbus relativ dezentral im Düsseldorfer Süden – habe es vielversprechende Gespräche gegeben.