Neviges. . Was gefällt Senioren in Neviges, was könnte verbessert werden? Bei dem Awo-Projekt „Schönes Neviges“ gaben die Teilnehmer überraschende Antworten.

Erika Hauptmann fährt für ihr Leben gern nach Düsseldorf. „Ich habe ja ein Bärenticket, da komm ich prima hin. Spazierengehen an der Rheinpromenade, ach, das ist so schön. Ich liebe Düsseldorf.“ Im nächsten Atemzug sagt sie energisch: „ Aber leben möchte ich da nicht, nein, auf keinen Fall. Bloß nicht in die Stadt.“ Leben möchte die Seniorin hier, in ihrem Neviges, in ihrem Dorf. Auch, „wenn Neviges langsam stirbt“, bedauert sie. „Drei Friseure an einer Ecke, wer braucht sowas?“ Was Senioren brauchen, was ihnen hier fehlt und was sie an ihrem Dorf mögen, all das erforscht der Awo-Stadtteiltreff mit seinem Projekt „Schönes Neviges. Wünsch Dir was für Neviges“.

Fast 40 Teilnehmer kamen in den Raum an der Elberfelder Straße 21, und wenn die munteren älteren Herrschaften nur ein bisschen von dem aufschreiben, was sie zu erzählen haben, dann gibt es für die Ratsmitglieder richtig viel zu lesen: Am Ende der 90-minütigen Veranstaltung sammelte Stadtteiltreff-Leiterin Andrea Siepmann die Wunschzettel ein und leitet sie an den Stadtrat weiter.

Film stimmte viele auch ein wenig wehmütig

Auch das Schloss Hardenberg war ein Thema in dem Film von Hans Schmidt.
Auch das Schloss Hardenberg war ein Thema in dem Film von Hans Schmidt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Darin waren sich alle einig: Der von Hans Schmidt zu Anfang des Nachmittags gezeigte Film „Neviges im Wandel der Zeit“, der auch nostalgische Szenen beinhaltet, war „ganz, ganz toll“, so äußerte sich nicht nur Roswitha Hardt beeindruckt. „Ach, schön, ich bin in den 60er Jahren hergezogen und habe vieles wiedererkannt.“ Große Pilgerströme, die Richtung Dom ziehen, der alte Bahnhof mit seinem einst so noblen Bahnsteig, den die Bahn jüngst aus Sicherheitsgründen abreißen ließ – bei aller Freude machte der Streifen auch ein wenig traurig, wie Doris Puck (87) sagt: „Ich lebe seit 1950 hier, ja, das macht schon wehmütig. Wir haben doch nichts mehr, keine Fachärzte, kaum Geschäfte, man muss für alles rausfahren.“ Was sie sich wünscht: „Neviges muss wieder bunt werden.“ Richtig gut gefalle ihr aber der neue Brunnen: „Ich war ja erst sehr skeptisch, aber ich muss sagen, der ist prima geworden.“ Ihr Wunsch: „Mehr Plätze am Brunnen zum Sitzen.“

Lob für das Dorffest und den Stadtpark

Reinhold Knipp denkt kurz nach bei der Frage, warum er gern hier lebt. „Ich finde es schön, dass sich eben nicht viel geändert hat. Nicht wie in Velbert, wo sie so ein Einkaufs-Zentrum hinsetzen, und die Geschäfte in der Stadt stehen leer.“

Zwei Jahre lang gefilmt

Hans Schmidt, aufgewachsen in Goslar und seit 1960 in Langenberg beheimatet, dreht seit 1996 Filme. Für „Neviges im Wandel der Zeit“ hat er von 2002 bis 2004 gefilmt und fast ein Jahr an der Bearbeitung gesessen.

Zu dem informativen Film gehören auch zahlreiche Interviews, zum Beispiel mit den Franziskanern oder mit Stadthistoriker Gerhard Haun.

Auch Hans-Erich Clever hat den Gang zum Stadtteil-Treff nicht bereut. „Eine gute Sache, dieser Nachmittag hier, und ein ausgezeichneter Film.“ Klar müsse der Einzelhandel aktiviert werden, das wisse jeder, aber das sei leichter gesagt als getan, die Geschäftsleute gingen ja auch ein unternehmerisches Risiko ein. „Gemeckert wird immer. Ich finde zum Beispiel das kleine Dorffest gut. Schön, wenn Leute so etwas organisieren. Und dass der Stadtgarten wieder belebt wird, das ist auch gut.“ Für seine muntere Schwiegermutter Erna Brebeck ist der Fall klar: „Einmal Neviges, immer Neviges.“ Und was ihr hier fehle? „Nichts, gar nichts. Ich liebe Neviges, das ist mein Dorf.