Neviges. „Ogro“ in Velbert hat ältere Verbindungen zu Wilhelm Wagenfeld als bisher gedacht. Sie reklamiert für sich den Titel Original Bauhaus Manufaktur

Sie ist von formschöner Klarheit, ja wirkt geradezu modern und heute noch wegweisend, sie liegt einfach gut in der Hand und fühlt sich ebenso an. So richtig wertig eben. Die Rede ist von einer ganz klassischen Klinke, deren Genese ihr Hersteller, die Firma „Ogro Beschlagtechnik“ an der Donnenberger Straße, anlässlich des Jubiläumsjahres „100 Jahre Bauhaus“ auf den Grund gegangen ist. Heraus kam bei der Recherche eine interessante Entdeckung und zugleich eine faustdicke Überraschung: Der von dem berühmten Wilhelm Wagenfeld entworfene Drücker vom Typ 8972 ist ein Klassiker im „Ogro“-Sortiment. Aber nicht erst seit 1966, wie bislang gedacht, sondern er wurde bereits im Jahr 1934 hergestellt und vertrieben.

Lieber Klinke als Drücker

Mithin geht man jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Wagenfeld seinen Entwurf schon in den 30er Jahren aufgrund damaliger persönlicher Kontakte zu Otto Grossteinbeck exklusiv für „Ogro“ gemacht haben muss und reklamiert für sich nunmehr den Titel „Original Bauhaus Manufaktur“.

Volker Kirchberg ist „Ogro“-Geschäftsführer und Gesellschafter von „Deni“.
Volker Kirchberg ist „Ogro“-Geschäftsführer und Gesellschafter von „Deni“. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Drücker ist formal die richtige Bezeichnung“, sagt Volker Kirchberg, „aber ich mag die Klinke viel lieber als den Drücker.“ Er ist gemeinsam mit Andreas Schmitt „Ogro“-Geschäftsführer und zugleich Gesellschafter von „Deni“ („Niederhoff & Dellenbusch“, Heiligenhaus). „Wir sind der einzige übrig gebliebene Hersteller, der noch eine direkte Verbindung zu Wagenfeld hat“, fügt der 49-Jährige aus. Es gebe lediglich noch in Bremen eine solche Ausnahme.

Lizenzvereinbarung ist unbefristet

„Ogro“ habe für alle drei Wagenfeld-Typen – 8928, dreitausendfach im Berliner Kanzleramt im Dienst, ferner 8972 und 8974 – eine zeitlich unbefristete Lizenzvereinbarung mit seiner in der Schweiz lebenden Tochter. Den Gropius-Drücker, der zu einer Design-Ikone avancierte, könne hingegen „jeder machen, der ist nämlich nicht gesetzlich geschützt,“ so der gelernte Schloss- und Schlüsselmacher, der es noch zum Meister brachte und den Betriebswirt obendrauf setzte.

Kunst und Handwerk zusammengebracht

Hintergrund zur Person: Walter Gropius gilt als Mitbegründer der Modernen Architektur und gründete 1919 in Weimar das Bauhaus. Diese bloß 14 Jahre bestehende, aber weltberühmte Kunstschule war damals ob ihrer Art und Konzeption völlig innovativ, brachte sie doch Handwerk und Kunst zusammen.

Viel Handarbeit und besonders haltbar

Auch interessant

Die Nachfrage, gerade nach solch exklusiven und klassischen Drückern, sei immer stark geprägt vom Objektgeschäft, so Kirchberg. Dementsprechend werden die Wagenfeldschen Exemplare in unterschiedlichen Mengen gefertigt. Es gibt sie sowohl in Aluminium- als auch in Edelstahlausführung, die Oberfläche wahlweise gebürstet oder poliert. Zudem steht eine breite Palette farbiger Eloxierungen zur Wahl.

Devise lautet Präzision mit Leidenschaft

„Ogro“ produziert seit 1866 in Velbert und Umgebung Beschläge in hunderten von Formen. In dem genannten Jahr machte sich Albert Grossteinbeck selbstständig und und brachte den ersten Guss von Messingschlüsselringen heraus. Unter dem Leitmotto „Präzision. Mit Leidenschaft“ entwickelt, produziert und vertreibt die Firma Objektbeschläge für Türen und Fenster. Neben diesem Schwerpunkt – eben Tür- und Fenstergriffe – gehören zur Produktionspalette auch Edelstahltürgriffe. Seit 2018 ist das Unternehmen als „Ogro Beschlagtechnik GmbH“ wieder eigenständig am Markt.

Mit einem Preis will der Geschäftsführer nicht so gerne herausrücken. Die Produkte würden ja ausschließlich über den Großhandel vertrieben, setzt er an. „Sie werden in Deutschland produziert, es steckt relativ viel Handarbeit darin, das hat natürlich seinen Preis.“ Die Drücker seien zudem zeitlos, „vor allem aber haltbar. Wir garantieren zwei Millionen Betätigungszyklen und haben spaßeshalber mal mit dem Materialprüfungsamt in Dortmund eine ganz besondere Probe aus Exempel gemacht“. Man habe schließlich bei acht Millionen Zyklen kapituliert und das Ganze abgebrochen.

Egal ob damals in den Anfängen oder in der heutigen Produktion: Die Arbeit war und ist handwerklich geprägt.
Egal ob damals in den Anfängen oder in der heutigen Produktion: Die Arbeit war und ist handwerklich geprägt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Ogro“ ist ein Ur-Velberter Unternehmen und „über 150 Jahre lang Familienbetrieb“ (Kirchberg). Früher schafften am Standort knapp 300 Leute, heute gehören nur noch 75 Mitarbeiter zur Belegschaft. Ende der 80er Jahre sei die Firma an „Dorma“ (Ennepetal) verkauft worden und Teil des Konzerns geworden. „Dorma“ habe später mit „Kaba“ (Schweiz) fusioniert und man habe beschlossen „Ogro“ wieder zu verkaufen. Neuer Eigentümer wurde 2017 Michael Flacks (Miami); im Februar 2018 wurde Insolvenz angemeldet. „Deni“ habe die Firma zum Oktober 2018 aus der Insolvenz heraus gekauft und „Dormakaba“ halte einen Anteil von 19 Prozent.

Wieder auf eigene Füße kommen

Volker Kirchberg: „Sie unterstützen den Prozess, dass Ogro wieder ganz auf eigene Füße kommt und mit Deni verschmilzt.“ Übrigens: Auf seine Referenzen ist man an der Donnenberger Straße mächtig stolz. Sie reichen zum Beispiel vom bereits erwähnten Kanzleramt über den Wolkenkratzer Burj Khalifa in Dubai bis zu dem Umstand, „der Haus- und Hoflieferant des Flughafens Düsseldorf“ zu sein.