Velbert. In Velbert-Mitte kann schon ab 2021/22 nicht mehr jedem Kind ein Grundschulplatz angeboten werden. Womöglich muss eine neue Grundschule her.
Zunächst einmal das Positive: Sowohl aktuell als auch auf Sicht gibt es für alle Kinder in Velbert insgesamt genügend Grundschulplätze. Absehbar 33 Züge stehen für 881 Schüler zur Verfügung. Die Sache hat allerdings einen Haken. Betrachtet man nämlich die Verteilung der Mädchen und Jungen auf die drei Stadtbezirke einmal genauer, so übersteigt in Langenberg und Neviges jeweils die Zahl der Grundschulplätze die der derzeit gemeldeten Kinder. Hingegen zeichnet sich für Velbert-Mitte bereits heute ab, dass schon zum Schuljahr 2021/2022 nicht mehr jedem Kind ein Platz angeboten werden kann. Womöglich muss deshalb eine zusätzliche Schule her.
Blick auf die mittelfristige Entwicklung
Näheres geht aus dem Bericht der Fachverwaltung über die mittelfristige Entwicklung der Einschulungszahlen hervor, der jetzt im Ausschuss für Schule und Bildung auf den Tisch kam. Hintergrund: Die Gemeinden müssen als Schulträger durch organisatorische Maßnahmen angemessene Klassen- und Schulgrößen gewährleisten. Sie legen die Schulgrößen fest und haben sicherzustellen, dass in den Schulen auch Klassen nach den Vorgaben des Ministeriums gebildet werden können. „Langenberg und Neviges sind im Grunde gut aufgestellt“, sagte Gerno Böll im Vorfeld der Sitzung auf WAZ-Anfrage.
Steigende Geburtenraten und Zuzüge von Flüchtlingen und infolge der EU-Freizügigkeit konzentrieren sich nach Auskunft des Fachdezernenten auf Velbert-Mitte. Bis zum Einschulungsjahr 2015/2016 seien die Geburtenzahlen vom Einwohnermeldeamt und die tatsächlichen Einschulungszahlen noch nahezu identisch, ja teils sogar leicht rückläufig gewesen.
Prognosen über den Haufen geworfen
Dieser Trend habe sich jedoch mit dem Schuljahr 2016/2017 geändert, die Prognosen seien geradezu über den Haufen geworfen worden. Neben einer hohen Geburtenzahl komme seither in allen Jahrgängen eine Zahl von Kindern hinzu, die nicht durch Wegzüge ausgeglichen werde. „Wir sind mit diesem Problem nicht alleine“, fügt Böll hinzu und nennt Beispiele anderer Städte, in denen die Entwicklung haargenau die selbe sei. „Ab 2021/2022 wird’s bei uns schwierig, dann setzt die Unterdeckung langsam ein.“
Die ideale Klassengröße ist 23
Für die Fortführung gebildeter Klassen gilt die Bandbreite von 15 bis 29 Schülern. Innerhalb des Stadtgebietes sollten die Klassen möglichst gleich groß sein.
Die Menge der zu bildende Klassen orientiert sich seit einigen Jahren an der so genannten kommunalen Klassenrichtzahl. Für deren Ermittlung wird die Schülerzahl der zu bildenden Eingangsklassen durch 23 geteilt. Insoweit gilt die 23 als Idealzahl.
Nach Abschluss der laufenden Ausbaumaßnahmen in Birth von vier auf fünf und in der Gerhart-Hauptmann-Schule von drei auf vier Züge – in beiden Fällen steht der Bauzeitenplan noch nicht endgültig fest – sowie mit der Inbetriebnahme der neuen fünfzügigen Grundschule Kastanienallee zum Schuljahr 2020/2021 beträgt in Velbert-Mitte die maximale Aufnahmekapazität unterm Strich 491 Kinder bzw. 19 Züge.
Klassengröße wird oft deutlich überschritten
Aus heutiger Sicht werden 2021/2022 erst nur elf Plätze fehlen, im Schuljahr darauf klettert das Manko auf 63, gefolgt von minus 23 und einer Differenz von 46 Plätzen in 2024/2025. Hinsichtlich der Klassengröße herrscht laut Verwaltung ebenfalls ein Ungleichgewicht. Während in Neviges und Langenberg die Klassengrößen mitunter deutlich kleiner als 23 Schüler sind, wird in Velbert-Mitte diese Richtzahl oft deutlich überschritten.
Fakt ist laut Verwaltung: Die vorhandenen Grundschulen können nicht noch mehr erweitert werden. Dunja Enders betont zudem, dass es absolute keine Alternative oder Option sei, eine der drei Grundschulen – Ludgerus, Albert-Schweitzer und Sontumer Straße – weiter bestehen zu lassen, die künftig am Standort Kastanienallee unter ein Dach kommen. Dagegen führt die Abteilungsleiterin Schulverwaltung gleich mehrere Argumente an: marode Bausubstanz, problematische inklusive Beschulungsbedingungen, kein Spielraum für OGS-Ausbau, keine eigene Turnhalle und nicht zuletzt der Druck durch befristete Betriebserlaubnisse. Grundsätzlich, erklärt Enders, bestehe „ein Anspruch auf Beschulung in der nächstgelegenen Schule“, aber wohlgemerkt „im Rahmen der Aufnahmekapazitäten“.
Nachweis über fünf Jahre führen
Im nächsten Schritt werde man nunmehr eine anlassbezogene Schulentwicklungsplanung auf den Weg bringen, um ggf. eine neue Grundschule errichten zu können, kündigt Gerno Böll an. Diese müsste zwei Züge haben und die Stadt habe den Nachweis zu führen, dass es über fünf Jahre hinweg mindestens 50 Schüler geben werde. Die Standortfrage, so der Beigeordnete auf Nachhaken weiter, sei „maßgeblich abhängig von der Größe und dem Einzugsgebiet“.