Neviges. Kinder der Sonnenschule erkennen bei einer Aktion der Kreisverkehrswacht Mettmann Gefahren des „toten Winkels“. Und saßen selbst im Lkw.

Jana ist ziemlich baff: „Man sieht ja wirklich nichts.“ Nicht die Klassenkameraden direkt vor dem dicken Kehrwagen. Nicht die Freundin direkt neben dem Lkw, die auch auf einem Fahrrad sitzen könnte. Jana besucht die 4. Klasse der Sonnenschule und thront gerade hoch auf dem orangenen Wagen der Technischen Betriebe Velbert (TBV). Jana weiß jetzt, warum der oft zitierte „tote Winkel“ nicht nur so heißt, weil man als Autofahrer nicht alles sehen kann. Sondern weil er tatsächlich den Tod bringen kann. Die Kreisverkehrswacht Mettmann machte gemeinsam mit den TBV Station in der Sonnenschule, um Kinder für die Gefahr zu sensibilisieren. 28 Schüler der Klasse 4 machten begeistert mit. Und Tanja Smigoc von der Kreisverkehrswacht wusste am Ende einmal mehr, dass sich ihr Engagement vor fünf Jahren gelohnt hat.

Die Aktion gibt es seit fünf Jahren

Prima Aktion, fanden auch Olivia und Paul. Die beiden kletterten hoch zu Fahrer Mehmet Demir.
Prima Aktion, fanden auch Olivia und Paul. Die beiden kletterten hoch zu Fahrer Mehmet Demir. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Damals hatte sie ein Wülfrather Spediteur angesprochen, ob das nicht ein Thema wäre. „Vor allem Familienväter, die viel fahren und selbst Kinder haben, wollten etwas tun. Ich hatte dann gesagt: mach ich.“ Seitdem sei das „ihr Baby“, das seit fünf Jahren immer größer wird. Mittlerweile ist die Nachfrage groß – auch, weil die Zahlen alarmierend sind: In NRW war bei vier von sechs getöteten Kindern im Straßenverkehr ein abbiegender Lkw Grund der Tragödie. Deshalb könne man Kinder nicht oft genug warnen, ihnen die Gefahr erklären und direkt vor Augen führen.

Immer zwei Kinder klettern daher hoch in das Fahrerhäuschen von Mehmet Demir, Vorarbeiter bei den TBV, der an diesem Morgen den dicken Kehrwagen steuert.

Kinder nehmen Position des Fahrers ein

„Was macht ihr, wenn ihr „Grün“ habt, über die Straße gehen wollt und da steht ein Lkw?“, fragt er, und Olivia muss nicht lange überlegen, das hat sie schon bei der Vorbereitung durch Klassenlehrerin Carola Pfister gelernt: „Nicht einfach loslaufen.“

Immer in Blickkontakt bleiben

Aktion an elf Schulen im Kreis

In diesem Jahr nahmen bereits kreisweit 665 Kinder aus elf Grundschulen an der „Aktion toter Winkel“ teil. In Velbert machen als Partner mit: die TBV, das THW, die Feuerwehr sowie diverse Spediteure.

Sie alle stellen ihre Wagen und einen Mitarbeiter zur Verfügung, damit die Kinder begreifen, wie gefährlich der tote Winkel ist.

Sondern auf jeden Fall Blickkontakt mit dem Fahrer aufnehmen. Oder warten, bis der Wagen vorbei ist und bei der nächsten Grünphase rübergehen. „Bitte quert die Straße immer so, dass ihr den Fahrer von außen seht. Dann sieht der euch auch. Und am besten noch winken“, sagt Mehmet Demir und bittet drei Mädchen, sich unmittelbar vor den Wagen zu stellen. Olivia und Paula oben im Wagen fragt er nur: „Was seht ihr?“ Die beiden recken die Hälse. „Nichts.“

Dem TBV-Vorarbeiter liegt die Aktion besonders am Herzen, weil er aus Erfahrung spricht: „Ich hätte mal fast jemanden erwischt. Es ist nichts passiert, ich bin ordentlich in die Bremse getreten.“ Der Schreck indes wirkte nach. Deshalb wird er auch nicht müde, immer wieder das Gleiche zu erklären und den nächsten zwei Kindern das einzubläuen, was er schon so oft gesagt hat an diesem Morgen: „Nie, nie neben einem Lkw halten, wenn ihr mit dem Rad unterwegs seid.“

Wer das Fahrerhäuschen wieder verlässt, beweist anschließend bei einem kleinen Quiz, ob er auch aufgepasst hat. „Super Johanna, ich könnte dich küssen“, ruft Tanja Smigoc begeistert, und Johanna steckt strahlend das kleine Päckchen Kaugummi zur Belohnung ein. Johanna wusste nämlich, was sie zu tun und zu lassen hat, wenn sie mit dem Rad vor der roten Ampel steht und plötzlich ein Brummi direkt neben ihr hält. „Absteigen und nach rechts auf den Gehweg ausweichen. Nicht losfahren.“ Genau. Und sollte der Brummi eher da sein, „immer dahinter bleiben, nie daneben stellen“, schärft Mehmet Demir ein, der am Ende auch ein dickes Lob für Klassenlehrerin Carola Pfister hat: „Die Kinder waren sehr gut vorbereitet, das ist nicht selbstverständlich.“