Neviges. Zwei Lehrer bereiten alles dafür vor, dass die Gesamtschule in Neviges starten kann. Sie bekommt drei Schwerpunkte bzw. Alleinstellungsmerkmale.
Auf dem Flur im Erdgeschoss der Heinrich-Kölver-Schule (HKS) tummeln sich etliche Mädchen und Jungen. Es ist gerade große Pause, und noch wird ja an der auslaufenden Realschule unterrichtet. Ganz hinten, fast am Ende des langen Ganges, ist ein Klassenzimmer komplett für das Vorbereitungsteam reserviert. Hier treffen sich seit gut zwei Monaten freitags Mike Häberle (55) und Jens Bullmann (45), die der neuen Gesamtschule Velbert-Neviges als zweiter städtischer ihrer Art den Weg bereiten. Sie geht An der Maikammer nach den Sommerferien zum Schuljahr 2019/20 an den Start. Mit vier Eingangsklassen und 114 Schülern in der Eingangsstufe 5. Zwischen den beiden Pädagogen fluppt es offenkundig prima. „Wir spielen uns immer gut die Bälle zu“, bestätigt Bullmann und lacht.
Lob für hervorragende Unterstützung
„Die Schüler sollen gerne kommen und sich geborgen fühlen. Ohne Angst und ohne Stress“, sagt Häberle. Er ist an der Gesamtschule Uellendahl-Katernberg Fachlehrer für Physik und Technik sowie Abteilungsleiter der Stufen 9 und 10 und ebenso wie Bullmann – er unterrichtet an der Heiligenhauser Gesamtschule Sport und Chemie, fungiert zudem als Beratungslehrer für den Abi-Jahrgang – über seine Schulleitung für die zusätzliche Aufgabe ins Spiel gekommen. Letztlich hat sie die zuständige Dezernentin bei der Bezirksregierung Düsseldorf darauf angesprochen und dazu bestimmt.
Unterricht läuft im 60-Minuten-Takt
Die neue Gesamtschule ist eine Ganztagsschule, in der Regel von 8.30 bis 15 Uhr. Eine Ausnahme ist der Dienstag als fester Konferenztag. Dann werden nachmittags eigens Arbeitsgemeinschaften angeboten. Und am Freitag beginnt um 13 Uhr das Wochenende. Der Unterricht erfolgt im 60-Minuten-Takt.
Die Schule startet in den Räumen der auslaufenden Heinrich-Kölver-Realschule. Da ihr Gebäude aber für eine Gesamtschule nicht ausreicht, ist die ehemalige Hardenbergschule (Ex-Hauptschule) als zweiter Standort für die Klassen 9 bis 13 ausgeguckt.
Beide loben übrigens die „hervorragende Unterstützung“ sowohl seitens der Bezirksregierung als auch der Stadt Velbert.
Bezirksregierung macht maßgebliche Vorgaben
Von der Bezirksregierung stammen auch die maßgeblichen und verbindlichen Vorgaben, nämlich die Lehrpläne, die zwingend umgesetzt werden müssen. Aber darüber hinaus gibt es eben auch eine Menge Spielraum, den man in diesem Fall für das individuelle Gestalten der neuen Gesamtschule nutzen kann. Genau das machen Häberle, der sich übrigens um die Schulleitung beworben hat, und Bullmann aktuell mit dem Aufbau eines Schulprogramms bzw. -konzeptes. Darüber hat später als höchstes Gremium die Schulkonferenz das letzte Wort.
Sport ab Stufe 7 als Wahlpflichtfach
Ein Schwerpunkt, das Duo spricht lieber von einem Alleinstellungsmerkmal, war schon weit im Vorfeld gesetzt: Sport. Der soll ab Stufe 7 Wahlpflichtfach werden. „Der Stützpunkt Hardenbergschule bietet wirklich viele Möglichkeiten“, führt Jens Bullmann aus. Man wolle u. a. mit lokalen Vereinen kooperieren und erwäge, eine Sportklasse zu formieren. Dann könne man z. B. auch Sporthelfer ausbilden. Zudem solle es eine „bewegte Schule“ werden, bis hinein in die Pausen als Angebot auf freiwilliger Basis. Perspektivisch will man außerdem einen Schwerpunkt mit der Abkürzung MINT setzen: Sie steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Selbstständig und selbstverantwortlich
Ganz konkret ist hingegen schon der Schwerpunkt namens Lernbüro. Dahinter steckt die Idee, dass die Kinder sehr selbstständig und selbstverantwortlich Lerninhalte erarbeiten, auch ihre Auswahl treffen. Zum Beispiel, welches der immer parallel laufenden Kernfächer Deutsch, Englisch und Mathe sie präferieren. Übrigens nicht ganz alleine, sondern zusammen mit einem Lehrer, der in diesem Zusammenhang als Coach fungiert und den Lernprozess für alle Fächer begleitet. In den Klassen 5 und 6 werden die Fächer Naturwissenschaften und Gesellschaftslehre projektorientiert unterrichtet. Vier Kollegen stehen bereits fest; vier weitere Stellen sind ausgeschrieben, demnächst finden die Auswahlgespräche statt.
Erreichtes und Erlerntes dokumentieren
Jedes Kind bekommt ein DIN A 4 großes Logbuch, in dem es mit seinem Lehrer u. a. den Ablauf der Schulwoche plant. „Das Logbuch ist aber viel mehr als Planung. Es ist vor allem eine Dokumentation des Erreichten und Erlernten“, erklärt Häberle. „Und die Eltern sollen es am Wochenende mit ihren Kindern besprechen und müssen es unterzeichnen.“ Auf diesem Weg wolle man natürlich die Eltern auch stärker mit ins Boot holen.
„Wir haben jetzt hauptsächlich auf dem Schirm, dass wir die Schule an den Start bekommen und die Fünfer unterrichtet werden können“, sagt Mike Häberle. Er betont, dass es „eine Schule für alle“ werde und dazu eine verlässliche, dass also „das Erarbeitete auch eingehalten wird“. Das gilt nicht zuletzt für das angestrebte Leitbild, in dem etwa Verantwortung, Wertschätzung und Lernerfolg einen hohen Stellenwert haben. „Unsere Magna Charta, nach der wir leben, lehren und lernen.“ Alles solle nach dem Start im September gemeinschaftlich im Kollegium und mit den Eltern entwickelt werden: „Ich möchte kein starres System haben und nicht alles von Anfang an festgezurrt und in Beton gegossen.“
Eltern ziehen prima mit
Am 3. Juli gibt es einen Kennenlerntag, und zwar in erster Linie für die Kinder, die nach den Sommerferien zusammen in die neue Schule gehen. „Da machen echt viele Eltern mit, die das Ganze mitgestalten. Die Resonanz ist super“, sagt Jens Bullmann und zeigt auf die zugehörige Flipchart mit der Liste. Auf den Riesenzettel passen kaum noch weitere Namen engagierter Väter und Mütter.