Kreis Mettmann. . Konjunktur im Kreis trübt auf hohem Niveau ein. Jedes zweite Unternehmen bewertet seine Lage als gut. Handelszölle würden Niederberg treffen.

Baubranche boomt, gefüllte Auftragsbücher, Kapazitätsauslastung bleibt hoch, Investitionsplanungen weiter expansiv: So lauten die positiven Stichworte zu der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Düsseldorf für den Kreis Mettmann. „Wir haben immer noch sehr, sehr gute Daten, allerdings zeigen sich erste Schatten am Konjunktur-Horizont“, beschreibt Dr. Christian Rüttgers die Lage. Nach Auskunft des Professors für Volkswirtschaftslehre von der „FOM Hochschule für Ökonomie & Management“ (Essen) bewerten „zu Jahresbeginn 2019 49 Prozent – also etwa jedes zweite Unternehmen im Kreis Mettmann – die eigene Geschäftslage mit gut, während weniger als sieben Prozent sie als schlecht ansehen“.

190 Betriebe mit 20.500 Leuten befragt

Nachdem der IHK-Geschäftslageindikator für das Neanderland im Frühsommer 2018 mit 50 Punkten im Plus den Höchststand seit zehn Jahren erreicht hatte, sei er nun zum zweiten Mal in Folge auf einen „immer noch sehr guten Wert“ von 43 gesunken. Noch bei der letzten Spätsommer-Umfrage war die Rede von einer stabilen Hochkonjunktur, sah die IHK die Wirtschaft „zwischen Boom und weltwirtschaftlichen Risiken“. Rüttgers präsentierte die Ergebnisse der von ihm ausgewerteten repräsentativen Umfrage, an der kreisweit rund 190 Betriebe mit zusammen 20.500 Beschäftigten teilgenommen haben, in Vertretung des hauseigenen Volkswirts und IHK-Konjunkturexperten Gerd H. Diestler.

Einzelhandel korrigiert Erwartungen nach unten

„In der Summe ist das Konjunkturklima nach wie vor günstig“, bilanziert Dr. Ulrich Biedendorf (IHK-Geschäftsführer Handel, Dienstleistungen, Regionalwirtschaft und Verkehr). Auch bei den Geschäftserwartungen für das laufende Jahr überwiegen die Optimisten: „26 Prozent der befragten Unternehmen erwarten weiteres Wachstum; rückläufige Geschäfte befürchten demgegenüber nur elf Prozent.“ Abzuwarten bleibe hingegen, ob es bei der Eintrübung des Geschäftsklimas auf hohem Niveau bleiben oder sich der Abwärtstrend verstärken werde. Spitzenreiter bei der Beurteilung von Geschäftslage und Erwartungen ist übrigens nach wie vor die Bauwirtschaft, während der Einzelhandel seine Erwartungen jetzt einmal mehr nach unten korrigiert hat.

Die Binnennachfrage stimmt

Ulrich Biedendorf (IHK), Christian Rüttgers (FOM Hochschule, Essen) und der hiesige IHK-Zweigstellenleiter Marcus Stimler (v. li.) stellten die Ergebnisse der neuen Umfrage vor.
Ulrich Biedendorf (IHK), Christian Rüttgers (FOM Hochschule, Essen) und der hiesige IHK-Zweigstellenleiter Marcus Stimler (v. li.) stellten die Ergebnisse der neuen Umfrage vor. © Uwe Möller

Für den Erhalt der guten Geschäftslage sprechen aus Sicht der Kammer die Faktoren im Inland: Beschäftigung und Einkommen steigen, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Zinsen bleiben niedrig, die Inflation ist noch moderat. Das fördert den Konsum, nutzt somit der Binnennachfrage. Auf der Gegenseite tun sich allerdings mehr und mehr Aspekte auf, die für die Unternehmen kaum kalkulierbar sind: So befürchten 41 Prozent der Unternehmen aus einem wie auch immer gearteten Brexit negative Auswirkungen auf das eigene Geschäft. Das sei vor allem für Unternehmen mit einer hohen Exportquote ein ernstes Thema.

Wirtschaft schaut auf die EU-Wahl

Mit Spannung wird auch die EU-Wahl im Mai erwartet, bei der Prognosen zufolge europakritische und populistische Kräfte im EU-Parlament zunehmen werden. Damit könnten auch Rückschritte in der europäischen Handelsintegration einhergehen. Fast alle exportierenden Betriebe im Neanderland liefern in die EU – insbesondere in die Euro-Zone – und wären daher betroffen. Als weitere Risikofaktoren gelten die globalen Handelskonflikte, insbesondere mit den USA. Sollten tatsächlich die angedrohten Handelszölle auf deutsche Autos erhoben werden, „wird das gerade Niederberg treffen“, antwortete Biedendorf auf Nachfrage nach den Auswirkungen für die hier ansässigen Kfz-Zulieferer. Dann müssten die Umsatz- und Gewinnerwartungen wohl korrigiert werden.

Zuversichtlicher als die Kollegen und Konkurrenten

Im regionalen Vergleich bleibt der Kreis Mettmann übrigens ganz klar die Konjunktur-Lokomotive. Die Lage wird von der hiesigen Wirtschaft merklich besser beurteilt als in der Landeshauptstadt und auch im Rhein-Kreis Neuss. Das gleiche Bild bei den Erwartungen: Die Unternehmen sind auch hier zuversichtlicher als ihre Kollegen und Konkurrenten in Düsseldorf und jenseits des Rheins.

>> JEDER VIERTE BETRIEB WILL NEU EINSTELLEN

  • Jeder vierte Betrieb im Kreis möchte aktuell die Zahl seiner Beschäftigten erhöhen. Doch es fehlt immer häufiger an geeigneten Bewerbern. Von den personalsuchenden Unternehmen berichten etwa drei Viertel, dass sie zwei Monate oder sogar länger vergeblich nach geeignetem Personal für sofort zu besetzende Stellen suchen müssen.