Neviges. Die Auszubildenden im Gasthaus Stemberg haben schon vor der Prüfung beste Karrierechancen. Zwei von ihnen wagen den Sprung in eine Männerdomäne.

Sie sind jung, brennen für ihren Beruf und stehen als zwei von ganz wenigen Frauen ihren Mann am Herd: Mit Joana Kachel (22) und Anna Catherina Schmücker (24) lernen gleich zwei von sechs Auszubildende im Haus Stemberg an der Kuhlendahler Straße in Neviges das ABC der Haute Cuisine. So selbstverständlich Frauen zuhause kochen, so selten entscheiden sie sich für den Beruf. „Das ist nach wie vor eine Männerdomäne. Umso mehr freuen wir uns, dass wir die beiden bei uns haben“, sagt Senior-Chef Walter Stemberg, während Sohn Sascha Stemberg, der Sternekoch, nebenan brutzelt, filettiert und natürlich ein Auge auf den beruflichen Nachwuchs hat.

Aussichten auf Jobs in den besten Häusern

Annette Skop ist Restaurantfachfrau und kehrte nach einer beruflichen Deutschland-Tournee wieder ins Gasthaus Stemberg zurück.
Annette Skop ist Restaurantfachfrau und kehrte nach einer beruflichen Deutschland-Tournee wieder ins Gasthaus Stemberg zurück. © Alexandra Roth

Und der hat beste Karrierechancen. Joana Kachel aus Bochum ist im dritten Ausbildungsjahr und hat zwar noch nicht die Prüfung in der Tasche, aber schon eine Anstellung in einem der besten Häuser Deutschlands so gut wie sicher. Von einem zu drei Sternen, vom Gasthaus Stemberg zum Waldhotel Sonnora nach Trier. Hier wartet bereits Freund Erik, der 2018 ebenfalls hier an der Kuhlendahler Straße lernte und die Prüfung vor der IHK Düsseldorf mit „sehr gut“ bestand. Dass so wenig Frauen Köchinnen werden, kann die 22-Jährige nicht verstehen. „Viele sagen: Was willst du da, Gastronomie ist doch nicht familienfreundlich. Und wenn du dann mal Kinder willst? Aber das ist Quatsch.“

„Hier lerne ich nicht nur schickimicki, sondern alles“

Nun ist Joana Kachel, deren Eltern ein Hotel in Bochum betreiben, allerdings auch in der Küche groß geworden. „Mein Papa hat mich immer überall mit hingenommen, auch Oma war immer dabei, ich hatte eine tolle Kindheit.“ Und für sie sei immer klar gewesen, dass nichts anderes in Frage komme als Gastronomie. Was ihr in dem Familienbetrieb gefällt: „Hier lerne ich nicht nur schickimicki, sondern wirklich alles.“

Das perfekte Wiener Schnitzel hat viel Luft

Zum Beispiel die Zubereitung eines echten Wiener Schnitzels. „Das mache ich besonders gern, aber ist nicht ganz einfach. Man muss zum Beispiel gucken: Ist die Butter richtig?“ Wenn sie das Fleisch dann mit einem „großen Luftkissen“, wie sie sagt, also welliger Panade, aus der Pfanne hebe, ja, dann sei sie glücklich. „Ich möchte, dass die Leute durch mich einen schönen Abend haben.“ Ihr persönliches Lieblingsgericht: „Nudeln mit Sauce Arrabiata“, also scharfer, roter Sauce.

Eine Anstellung im Fünf-Sterne-Hotel im Allgäu

Selbstgemachtes Eis krönt „Omas Schokoladenpudding“, so heißt das Dessert.
Selbstgemachtes Eis krönt „Omas Schokoladenpudding“, so heißt das Dessert. © Alexandra Roth

Auch ihre Kollegin Anna Catherina Schmücker – ihre Eltern führen den Schmücker-Hof in Bottrop – weiß schon, wo sie nach der Prüfung im Sommer ihre Zelte aufschlägt: im fünf-Sterne-Hotel „Sonnenalp Resort“ im Allgäu. Als sie bei Stembergs begann, hatte sie bereits eine Ausbildung als Hotelkauffrau in der Tasche. Warum danach noch einmal in die Küche? „Ich möchte mich später gern selbstständig machen, da muss ich doch alles können.“ Vor allem das perfekte Lammcarrée, ihr persönliches Lieblingsgericht.

IHK würdigt die gute Arbeit als Ausbilder

Dass auch schon im letzten Jahr alle Schützlinge in den besten Häusern untergekommen sind, erfüllt Walter und Sascha Stemberg mit Stolz: „Die Leute, die bei uns gelernt haben, können überall arbeiten. Von Neviges aus in die ganze Welt“, schmunzelt der Seniorchef. Auch die IHK Düsseldorf würdigt die Arbeit der Stembergs für „herausragende Leistungen in der Berufsausbildung im Jahr 2018“, so heißt es in der Urkunde „Die Besten“. Von vier Jungköchen haben 2018 drei mit der Note eins bestanden, einer schnitt bei der Prüfung mit zwei ab.

„Auch als Restaurantfachfrau hat man Karrierechancen“

Was Walter Stemberg ein wenig schade findet: „Beim Arbeitsamt wird eher selten der Beruf Restaurant-Fachfrau oder -Fachmann empfohlen, es heißt eher: Geht ins Hotelfach.“ Dabei habe man auch im Service gute Chancen „seinen Weg zu machen“, so Stemberg. Und der führte bei seiner Mitarbeiterin Annette Skop wieder zurück zum Traditionshaus an der Kuhlendahler Straße. „Ich habe von 2006 bis 2009 hier gelernt, war dann ein Jahr in der Sansibar auf Sylt“, erzählt die 29-Jährige.

Von der Sansibar via Düsseldorf zurück nach Neviges

„Das war natürlich eine tolle Zeit, man musste schnell sein, zack, zack.“ Von dem In-Lokal in den Dünen ging es via Düsseldorfer Medienhafen erst zum Sterne Lokal von Nelson Müller in Essen, und dann wieder heim nach Neviges. „Hier hab ich eine gute Mischung aus allen Läden, das gefällt mit, das hier ist die goldene Mitte. Ein bisschen Düsseldorf, aber trotzdem sehr bodenständig.“ Den passenden Wein zum Gericht servieren, am Tisch in Windeseile Gänse tranchieren, all das mache ihr einen Riesenspaß. „Ja, ich finde das toll, ich möchte nichts anderes machen.“

Das gemeinsame Mittagessen ist dem Chef heilig

Aber jetzt ist Schluss mit erzählen,sonst wird das Hühnerfrikassee kalt. „Wir essen jeden Mittag zusammen, das ist uns wichtig, da wird gequatscht, eben wie in einer ganz normalen Familie“, erzählt Walter Stemberg. Nur, dass die Familie schon mal 20 Mitglieder hat und es hier um kurz vor zwölf heißt: Fertig werden, abräumen, Gäste im Anmarsch.

>>REISEFREUDIGER STERNEKOCH

  • Sternekoch Sascha Stemberg geht gern beruflich auf Reisen: Anfang Februar 2019 machte er mit beim „Vancouver Fine Food Festival“.
  • Seit dem 21. Februar kocht er gemeinsam mit zwei Mitarbeitern bei „Eat Berlin“ im Restaurant Meistersaal am Potsdamer Platz. Im Mai zaubert er in Bangkok an drei Abenden jeweils ein Sechs-Gang-Menü.