Velbert/Wuppertal. . Unter starken Sicherheitsvorkehrungen beginnt in Wuppertal der Prozess gegen sechs Jugendliche. Sie sollen eine 13-Jährige missbraucht haben.
Der 13-jährigen Velberterin, die von acht Jugendlichen in einem Waldgebiet vergewaltigt worden sein soll, wird eine Aussage im Prozess vor dem Landgericht Wuppertal nicht erspart bleiben. Denn einer der Verteidiger behauptete am Freitag zum Auftakt, der Sex sei einvernehmlich erfolgt.
Die 30 Meter lange Zuschauerschlange vor der Sicherheitsschleuse und die vielen Polizisten vor dem Landgerichtsgebäude in Wuppertal lassen ahnen, dass die Justiz sich gewappnet hat. Offenbar fürchtet sie beim Vergewaltigungsprozess gegen sechs bulgarische Jugendliche aus Velbert Gefahren, Aufruhr. Doch es bleibt zum Auftakt am Freitag ruhig an der Wupper.
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Pressevertreter und Familienangehörige der Jugendlichen warten vor der Saaltür, doch von ihnen bekommt niemand die 14 bis 17 Jahre alten sechs Angeklagten zu Gesicht. Der Vorwurf ist bekannt, auch wenn er nach der mutmaßlichen Tat vom 21. April nur mit Verzögerung von der Polizei mitgeteilt wurde. Aus Opferschutz, hieß es damals. Denn die sechs Angeklagten sollen mit zwei weiteren Freunden eine 13-Jährige in einem Waldgebiet vergewaltigt haben, auf die sie kurz zuvor im Velberter Parkbad aufmerksam wurden. Zwei gelten als eigentliche Vergewaltiger, die anderen sollen sich in unterschiedlicher Beteiligung am Missbrauch des Kindes beteiligt haben. Diese sollen die Tat auf dem Handy aufgenommen haben, ein entsprechender Film war sichergestellt worden.
Verteidiger: Sex soll einvernehmlich erfolgt sein
Das spricht zunächst für eine sichere Beweislage im Sinne der Anklage. Dem Mädchen könnte so die Aussage erspart bleiben. Sie müsste nicht in einem Saal mit den Jugendlichen sitzen, die ihr Schmerz zugefügt, sie erniedrigt haben sollen. Doch Rechtsanwalt Serkan Saglik, einer der Verteidiger, macht diese Hoffnung schnell zunichte. Ja, sagt er, sein Mandant sei geständig. Es folgt am Freitag vor der Saaltür ein Aber: „Die Anklage ist mehr als erörterungswürdig. Wir sind mit dem dort geschilderten Ablauf nicht einverstanden.“
Denn tatsächlich, so der Verteidiger, sei der Sex nicht gegen den Willen der 13-Jährigen erfolgt, sondern einvernehmlich. Bleibt der sexuelle Missbrauch, denn jede sexuelle Handlung mit Kindern unter 14 Jahren steht unter Strafe. Saglik: „Er wusste nicht, dass sie 13 ist. Sie hat gesagt, sie sei 15 Jahre alt.“ Also Freispruch? Der Verteidiger eines anderen Angeklagten hat zumindest ein Geständnis angekündigt. Rechtsanwalt Christoph Pipping: „Mein Mandant bereut, was geschehen ist.“
Das Opfer leidet noch sehr an den Folgen der Tat
Das mutmaßliche Opfer ist am Freitag nicht zu sehen. Es leide immer noch sehr an den Folgen der Tat, sagt die Anwältin der 13-Jährigen, Anke Tillmanns-Larisch. Sie lebe ruhig und zurückgezogen, gehe aber „normal zur Schule“. Zum Prozessbeginn sei sie „sehr aufgeregt und belastet“. Sie wisse, dass vor dem Hintergrund bislang fehlender Geständnisse „alles offen ist“. Falls es zur Zeugenaussage komme, will die Anwältin versuchen, dass die Angeklagten während dieser Zeit den Saal verlassen müssen. Damit der 13-Jährigen die Anwesenheit der Jugendlichen erspart bleibt.
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Zwei Verdächtige hatten sich im Frühjahr mit ihren Familien in die bulgarische Heimat abgesetzt. Sie gehören wie die sechs bereits Angeklagten offenbar zur türkisch-stämmigen Minderheit in Bulgarien. Denn vor dem Saal hat die Justiz extra eine Türkisch sprechende Dolmetscherin beauftragt, die Fragen der im Gang sitzenden Verwandten beantworten oder im Konfliktfall mit der Polizei übersetzen soll.
Dass die beiden 14- und 15-Jährigen in Bulgarien festgenommen und von den Behörden ausgeliefert wurden, hat die Justiz der EU zu verdanken. Eigentlich liefert kaum ein Land seine eigenen Staatsbürger an eine ausländische Justiz aus. Doch die Bulgaren sind nach Auskunft von Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft, dem Schengen-Abkommen beigetreten. Sie hätten lediglich darum gebeten, die beiden Jugendlichen, die einen eigenen Prozess bekommen, nach einem rechtskräftigen Urteil zur Verbüßung der Strafe wieder in die Heimat zu überstellen. Das sei nicht unüblich. Eine Garantie hätten die Bulgaren vom deutschen Staat nicht verlangt.