Der ehemalige italienische Nationaltrainer aus Sprockhövel spricht über das Thema Doping
Das Image des deutschen Reitsports ist stark lädiert, ein Dopingskandal jagt den nächsten. In den Köpfen vieler Menschen gelten die Pferde der deutschen Reiter eher als springende oder piaffierende Arzneimittelschränke denn als Tiere. Wie sieht wirklich aus? Berufsreiter Stephano Blasi aus Sprockhövel kritisiert den Umgang vieler Turnier-Reiter mit ihrem Pferd.
Der Ex-Nationaltrainer fordert ein Umdenken in den Köpfen der Menschen: „Generell ist Doping für mich ein Regelverbrechen. Jedoch wünsche ich mich klarere Regeln und sinnvollere Kontrollen”, so der 34-Jährige. „Wenn ein Pferd lahmt und durch verbotene Substanzen fit gespritzt wird, ist das in der Tat ein Verbrechen und gehört wesentlich härter bestraft als es der Fall ist. Ich verstehe jedoch nicht, wieso ein Reiter seinem Tier nicht helfen darf”, sagt er und nennt ein Beispiel: „Wenn ein Kind seinem Pony ein leichtes Mittel gegen chronischen Allergiker-Husten verabreicht, damit dieses besser atmen kann – ist das Doping?”
Wenn Reiter betrügerisch dopten, glaubt Blasi, dann wohl eher ab einer gewissen Klasse. Denn da komme das Thema Geld ins Spiel.
„Reiten ist kein Sport mehr für Jedermann. Nicht Talente kommen weiter, sondern die, die es sich leisten können.” Das eigentliche Problem des Reitsports sei für ihn klar: „Viele Menschen haben keinerlei Respekt vor dem Tier. Sie vergessen, dass sie nicht das neueste Paar Ski kaufen, sondern ein Lebewesen.”
Das Pferd verkomme mehr und mehr zum Wirtschaftsunternehmen. Stünde nicht selten 23 Stunden pro Tag in einer vergitterten Box, um eine Stunde lang unter den Sattel zu kommen. „Meine Pferde kommen auf die Wiese”, sagt Blasi. Dieses Glück habe nicht jedes Pferd. „Auf der Wiese könnte es sich schließlich verletzen”, so laute die Meinung vieler erfolgreicher Reiter. Und da das perfekte Turnierpferd viel Geld koste, müsse es sich auch rentieren. Heißt: Turniere gewinnen, Platzierungen sammeln. Immerhin koste ein Pferd, das bis zur Grand-Prix-Klasse ausgebildet und bereit für Championate ist, bis zu einer Million Euro.
Zurück zu den deutschen Dopingfällen. „Ich bin mir sicher, dass Isabell Werth nicht betrügerisch dopte. Es ist eine Schande, dass eine so erfolgreiche Reiterin so durch den Dreck gezogen wird.” Blasi fordert Umdenken: „Wenn die Pferde zu den Olympischen Spielen nach Hongkong geflogen werden, sie bei 40 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit vor 50 000 zahlenden Zuschauern und etlichen Blitzlichtern Hochleistungen erbringen müssen, regt sich niemand auf. Warum nicht? Das ist die wahre Hölle. Würde ihnen dagegen ein leichtes Mittel gegen die Nervosität verabreicht, wäre der nächste Doping-Skandal perfekt.” sh