Sprockhövel. Vor 250 Jahren begannen die Arbeiten am Herzkämper Erbstollen in Sprockhövel. Ein Buch zeigt, unter welchen abenteuerlichen Bedingungen.

Hätten heutige Unternehmer über eine riesige Investition zu entscheiden, die ohne Ertrag mindestens 40 Jahre die Firmenfinanzen belastet, es gäbe womöglich keinen Herzkämper Erbstollen. Über diese gigantische Maßnahme des lokalen Bergbaus informiert eine druckfrische Veröffentlichung von Dr. Mathias Schöpel und seinen Mitautoren Peter Otte und Sigurd Lettau.

Für Kohle machten die Menschen alles

Tatsächlich hätten die landwirtschaftlichen Grundbesitzer bei der Beantragung dieser Baumaßnahme diesen Zeitraum einplanen müssen, weiß das Autorenteam, wobei sich die Bauzeit dann noch um weitere sieben Jahre verlängert habe. „Zwar hatten die Grundbesitzer ja die Einnahmen aus der Kohleförderung, aber den Nutzen hätte erst die Enkelgeneration der damaligen Grundbesitzer gehabt, die mit riesigen Investitionssummen in Vorleistung gehen mussten, schilderte Schöpel.

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Vortrag beim Heimat- und Geschichtsverein

Was der pensionierte Geologe und Experte für Wasserwirtschaft speziell in Bergbaugebieten in seinem Vortrag vor den Mitgliedern des Heimatvereins jetzt erläuterte, scheint aus heutiger Sicht gleichermaßen spannend wie auch unglaublich. Der Baubeginn dieser besonderen „Tiefbaumaßnahme“ mit einer Länge von 3800 Metern jährt sich jetzt zum 250. Mal. Grund genug für die Mitglieder des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier, sich mit der Kartierung des Stollenverlaufs, einer Teilinspektion und der Öffnung und Restaurierung des Mundloches zu beschäftigen.

Begeisterte Helfer bei der Wiederherstellung

Zu denen, die ebenfalls aktiv in Feld und Wald mitgearbeitet haben, gehört auch Stefan Juchert: „Über die Familie habe ich keinerlei Bezug zum Bergbau, aber alles, was unter der Erde passiert, hat mich schon von Kindesbeinen an interessiert – Höhlen vor allen Dingen aber auch der Bergbau“, begründet er sein Engagement im Verein. Besonders spannend fand er auch Exkursionen, die in den Harz und ins Erzgebirge führten: „Die Bergbaupioniere, die am Herzkämper Erbstollen arbeiteten, waren sächsische Bergleute. Bei Besuchen in den Silber- und Uranminen haben wir exakt dieselbe Technologie gesehen, die die Fachkräfte im 18. Jahrhundert mit nach Sprockhövel brachten“, ist Juchert fasziniert.

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Abraum mit Schubkarre entfernt

Unglaublich und heute kaum noch vorstellbar: Lange Zeit wurde der Erbstollen, der die kohleführenden Berge und Hügel der Elfringhauser Schweiz durchzieht, entwässert, so dass die Kohleschichten abtrockneten und abgebaut werden konnten, von Hand vorangetrieben. Außerdem schafften die Bergleute lange den Abraum mit Schubkarren aus dem Hohlraum. Erst später setzte man Förderwagen ein, und der Herzkämper Erbstollen war der erste, in dem ein Huntelauf (Schienen für den „Hunt“ genannten Förderwagen) installiert wurde.

Unvorstellbare Arbeitsbedingungen

Kaum vorstellbar die Arbeitsbedingungen der Männer: Der Stollen hat eine Breite von etwa 80 Zentimetern, und es wurde kniend oder geduckt gearbeitet. Ganz unproblematisch war das Vorhaben, das Mundloch des Entwässerungsstollens nahe der Auermühle zu öffnen und zu restaurieren, nicht: „Beteiligt waren die Verwaltung, Untere und Obere Wasserbehörde, das Landschaftsamt, der Denkmalschutz“, erläutert Schöpel. Es habe besonders von Seiten der Wasserbehörden die Sorge bestanden, dass das Wasser aus dem Erbstollen große Mengen an Eisen und Giftstoffe führt, das dann in den Felderbach gelangen würde.

Hochwertiges Bergwasser

„Wir mussten laufend Wasserproben nehmen und die Wasserqualität dokumentieren.“ Dazu habe man mit der Ruhruniversität Bochum, dem Fachbereich Geologie zusammengearbeitet und dazu eine Masterarbeit ausgeschrieben. Die wissenschaftliche Begleitung hat dann Erstaunliches ergeben: „Nur kurz war der Eisenwert geringfügig höher, schon bald zeigte sich eine sehr gute Qualität des Erbstollenwassers. Für den Felderbach hat die Zuleitung frischen, kalten Bergwassers sogar eine positive Wirkung gerade im Sommer, denn er trocknet nicht aus und Flora und Fauna profitieren sogar von unserer Maßnahme.“

Buch zu bekommen über den Förderverein

Das broschierte Buch mit zahlreichen Abbildungen, Karten und Kameraaufnahmen aus dem Inneren des Herzkämper Erbstollens kostet sieben Euro und ist über den Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier erhältlich.

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