Sprockhövel. Was reizt eine 31-Jährige am Schützenkönigin-Amt in Sprockhövel? Lisa-Kristin Dreibholz gibt im Interview Antworten. Was das Amt sie kostet.
Herzkamp hat am Wochenende sein Schützenfest gefeiert – prächtig wie zu Zeiten vor Corona. Traditionsbewusstsein trifft hier auf die Feierfreude moderner Menschen. Neue Schützenkönigin ist Lisa-Kristin Dreibholz, die seit 20 Jahren dem Schützenverein Herzkamp angehört. Vor Beginn des Schützenfestes gab die 31-jährige gebürtige Wuppertalerin, die Leiterin einer großen Kindertagesstätte ist, Auskunft über eine ganz besondere Ehre.
Historie der Schützenvereine
Im Mittelalter mussten sich die Städte noch selber vor Plündererbanden schützen. Aus diesem Grund wurden Vereine gegründet, die Bürgerwehren ähnelten. Mit dem von König Heinrich I. im Jahr 924 erlassenen Gesetz zur Wehrverfassung der Städte wurden diese Bürgerwehren, zumindest was Siedlungen mit Stadtrecht betrifft, dann erstmals auch sanktioniert und offizieller Teil der Stadtverteidigung.
Im Zusammenhang mit den Übungen und den Musterungen der Aufgebote der Städte wurden Feierlichkeiten, verbunden mit Umzügen, veranstaltet. Zu diesen Schützenhöfen wurden auch Teilnehmer aus befreundeten Gemeinden und teilweise auch die feudalen Stadtoberhäupter eingeladen.
Der selbstbewusste Charakter dieser Veranstaltungen der Bürger wurde aber nicht zu allen Zeiten von der Obrigkeit gebilligt. Daher entwickelten sich regional unterschiedliche Traditionen. Die militärische Bedeutung dieser Einrichtungen nahm über die Jahrhunderte ab und wurde mit dem Aufstellen regulärer Truppen und Garnisonen zur Landesverteidigung bedeutungslos. Die Schützenfeste und Schützenvereine blieben als heimatliche Tradition und regionale Brauchtumspflege.
WAZ: Stammen Sie aus einer Schützenfamilie?
Lisa-Kristin Dreibholz: Mein Stiefvater ist schon seit Jahrzehnten Mitglied im Schützenverein Herzkamp, durch ihn hatte ich als Elfjährige erstmals Kontakt zum Verein. Ich bin damals auch sofort eingetreten.
WAZ: Schießen Sie gerne?
Dreibholz: Das habe ich immer gerne praktiziert. Aber wie das so ist, als Jugendliche schieben sich auf einmal andere Interessen in den Vordergrund. Erst vor einigen Monaten, als ich erfuhr, dass ich mittlerweile 20 Jahre Mitglied bin, hat es mich wieder gepackt.
Schützenkönigin in Sprockhövel erklärt die Faszination ihres Amtes
WAZ: War es Ihre Ambition, Schützenkönigin zu werden?
Dreibholz: Als ich mich entschloss, wieder aktiv dabei zu sein, entwickelte ich auch den Ehrgeiz, Schützenkönigin zu werden. Außerdem habe ich schon Erfahrung damit, erfolgreich im Schützenverein zu sein: Vier Mal war ich bislang Schützenprinzessin.
WAZ: Sind Sie die erste Schützenkönigin in Herzkamp?
Dreibholz: Nein, da gab es schon einige Vorgängerinnen, die letzte 2014/15.
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WAZ: Fühlen Sie sich gut dabei, im Rampenlicht zu stehen? Am Sonntag sind Sie die Hauptperson beim Umzug durch den Ortsteil.
Dreibholz: Wie gesagt, ich habe als Prinzessin ja schon geübt. Aber es ist richtig, man spürt die Verantwortung, die da auf einem lastet. Glücklicherweise habe ich ein gutes Adjutantenpaar, das mir zur Seite steht. Außerdem wurde alles gut geplant, das gibt mir Sicherheit für meine Aufgaben.
Was eine Schützenkönigin mitbringen muss
WAZ: Ist es eine Legende, dass man für das Amt eines Schützenkönigs oder einer Schützenkönigin viel Geld benötigt?
Dreibholz: Das war früher durchaus so, die Schützenkönige waren in der Regel betuchte Leute. Da waren große Gesellschaften zu verköstigen, es wurden Getränke ausgegeben. Heute ist das nicht mehr so. Heute ist es eher wichtig, Freude mitzubringen und die Bereitschaft, sich einzubringen für die ehrenamtliche Aufgabe. Die Verköstigung steht nicht mehr im Fokus. Der Verein und die Schützengemeinde übernehmen den überwiegenden Teil der Aufwendungen.
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WAZ: Und noch so eine Legende: Gibt es beim Königsschießen Absprachen, steht also vorher schon fest, wer König oder Königin wird?
Dreibholz: Der Ausgang des Königsschießens ist völlig offen. Es gab einige Aspiranten, die mit mir um die Königswürde geschossen haben, aber am Ende konnte ich mich gegen die anderen durchsetzen und den Rumpf des Königsvogels abschießen.
WAZ: Ergeben sich für Sie noch weitere Verpflichtungen nach dem Schützenfest?
Dreibholz: Die Hauptaufgabe besteht darin, das Vereinsleben aktiv zu unterstützen. Dazu zählen etwa die Winterwanderung oder die Fahrradtour. Außerdem ist es wichtig, den Verein beim Treffen mit befreundeten Schützenvereinen zu repräsentieren und auch bei Veranstaltungen des Schützenkreises Ennepe-Ruhr.