Sprockhövel. Was Max Blasius von der Feuerwehr Sprockhövel zum reformierten Transsexuellengesetz und zu der Situation queerer Menschen in Sprockhövel sagt.
Es ist mittlerweile weitgehend Konsens in der Gesellschaft, dass Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen absolut gleichberechtigt sein sollen. Auf dem Weg dahin sind auch einige Gesetze wie das Transsexuellengesetz von 1980 jetzt mit den Stimmen der Ampel-Koalition in Berlin reformiert worden. Wie sehen es die Betroffenen? Dazu ein Gespräch mit Max Blasius, von Beruf Krankenpfleger und ehrenamtlich Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Sprockhövel.
WAZ: Das Transsexuellengesetz als Selbstbestimmungsgesetz wurde jetzt beschlossen. Was empfinden Sie, wie groß ist der Fortschritt für die betroffene Personengruppe?
Blasius: Unter dem alten Transsexuellengesetz waren transgeschlechtliche Menschen gezwungen, eine Reihe an – wie ich finde – würdelosen Verfahren über sich ergehen zu lassen, wenn sie ein anderes Geschlecht eintragen lassen wollten. So mussten bisher unter anderem zwei medizinische Gutachten vorgelegt werden. Für diese Gutachten werden intimste Fragen gestellt: z.B. über das Tragen der Art der Unterwäsche und noch intimere Dinge.
Feuerwehrmann aus Sprockhövel: So findet er das reformierte Transsexuellengesetz
Und wie ist das jetzt?
Das neue Selbstbestimmungsgesetz räumt mit dieser Würdelosigkeit auf. Nun haben transgeschlechtliche Menschen die Möglichkeit, gegenüber dem Standesamt eine Erklärung abzugeben, ohne dabei Gutachten erstellen lassen zu müssen. Das ist ein großer Schritt in Richtung Selbstbestimmung und ich bin der festen Überzeugung, dass niemand „zum Spaß“ den Schritt der Geschlechtsänderung im rechtlichen Sinne beziehungsweise auch im Rahmen einer Anpassung des äußerlichen Erscheinungsbildes vollzieht.
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Setzen Sie sich schon länger für Menschen, die unter dem Kürzel LGBTTIQ zusammengefasst werden, ein? In Erinnerung ist die Werbung für die Freiwillige Feuerwehr, die Sie in Sprockhövel bekannt gemacht haben.
Im Jahr 2018 hat der Verband der Feuerwehren in NRW das „Netzwerk Vielfalt“ gegründet. Es ist ein Netzwerk für Feuerwehrleute, die eine andere sexuelle Orientierung oder Identität haben. Ich war damals eines der Gründungsmitglieder. Von 2019 bis 2021 war ich dann in der Landesgeschäftsstelle Teilzeit als Projektkoordinator für dieses Netzwerk angestellt. Seit diesem Jahr habe ich den Staffelstab übergeben, aber wirke immer noch aktiv und ehrenamtlich beim Verband mit.
Akzeptanz queerer Menschen nimmt zu
Welchen Eindruck haben Sie: Ist es in den letzten Jahren für diese Menschen leichter geworden, von der Mehrheitsgesellschaft akzeptiert zu werden?
Ich denke schon. Gerade meine Generation (Jahrgang 1994) ist in einem anderen Umfeld groß geworden als noch Generationen davor: Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der das Ausleben der Sexualität als schwuler Mann sogar mit Freiheitsstrafe ahndete, war ab diesem Jahr abgeschafft. Das Internet und auch später soziale Medien machen es leichter, sich mit seiner eigenen Orientierung auseinanderzusetzen, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten oder Teil einer Community zu werden. Ebenso gehen einflussreiche Menschen mit gutem Beispiel im Sinne der Offenheit und Akzeptanz voran. Viele Prominente bekennen sich ganz selbstverständlich zu ihrer Orientierung.
Aufbau der Feuerwehr Sprockhövel
Die Freiwillige Feuerwehr Sprockhövel besteht aus drei Löschbereichen. Löschbereich I umfasst die drei Löschzüge Haßlinghausen, Hiddinghausen und Schmiedestraße. Löschbereich II die beiden Löschzüge Niedersprockhövel und Obersprockhövel. Löschbereich III ist der Löschzug Gennebreck.Der Löschbereich II deckt die Bereiche Nieder- und Obersprockhövel im Norden nach Witten und Hattingen ab, während der Löschbereich III Herzkamp und Horath im Westen nach Wuppertal hin betreut. Somit ist der sehr dezentralen Aufteilung der Stadt Sprockhövel eine maximale Flächendeckung aller Hilfskräfte gewährleistetGeführt wird die Freiwillige Feuerwehr Sprockhövel seit dem 1. April 2010 von Stadtbrandinspektor Christian Zittlau und dem stellvertretenden Wehrführer Reinhard Spenneman. Seit Ende 2016 ist Frank Welling als zweiter stellvertretender Wehrführer eingesetzt.
Wie begegnen Ihnen die Kameradinnen und Kameraden in der Feuerwehr?
Ich habe in meiner Feuerwehr keinerlei Probleme. Ich war zwar schon einige Jahre dabei, bevor ich für mich selbst entschieden hatte, vor allen Leuten zu meiner Homosexualität zu stehen, aber ich habe keine negativen Anfeindungen oder Kommentare abbekommen. Es war für alle eben eine neue Situation, aber wir sind da alle gut mit umgegangen. Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ich eben meinen Freund und nicht meine Freundin zum Grillabend mitbringe.
So ist die Situation in Sprockhövel
Wie ist die Situation in einer Kleinstadt wie Sprockhövel?
Queere Menschen sind in kleineren Städten oder im ländlichen Raum natürlich nicht so sichtbar. Das liegt einfach daran, dass es proportional dort weniger von ihnen gibt. Es gibt auch keine oder nur sehr wenige Treffpunkte für die queere Community. Dann wird man eher in die größeren Städte gezogen oder findet beispielsweise eher Anschluss in einem Netzwerk, wie es der Verband der Feuerwehren in NRW unterhält. Pauschal aber zu unterstellen, abseits der Großstädte sei das Denken konservativ oder ablehnend gegenüber diesem Thema, ist auch falsch.
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Welcher Weg muss nach Ihrem Empfinden noch zurückgelegt werden, um endlich ein völlig normales Zusammenleben der verschiedenen sexuellen Orientierungen zu erreichen?
Politische Weichen werden ja seit mehreren Jahren gestellt. Das alles nützt aber nichts, wenn man nicht auch im Kleinen die Offenheit und Akzeptanz lebt und fördert. Das gilt für die eigene Familie, den Freundeskreis, den Arbeitsplatz, den Sportverein oder eben auch für die Feuerwehr. Man sollte nicht schweigen, wenn man mitbekommt, dass ein anderer Mensch aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder Identität diskriminiert, beleidigt oder benachteiligt wird. Und ansonsten braucht es vielleicht einfach ein wenig Zeit.