Sprockhövel. In seltener Einigkeit wird im Stadtrat von Sprockhövel Front gemacht gegen die Forderungen der Grünen-Fraktion. Um was geht es der Öko-Partei?

Fast zwei Jahre nach Beschluss eines Klimaschutzkonzepts und vor dem Hintergrund aktueller weltweiter Debatten und der nahenden Kommunalwahl lodert auch in Sprockhövel die Diskussion um eine angemessene Politik in diesem Bereich auf. Im Zentrum der allgemeinen Kritik stehen die Grünen, deren Fraktionschef Thomas Schmitz sich im WAZ-Gespräch konkret über die Forderungen seiner Partei einer nachhaltigen Politik äußert.

WAZ: Sie werfen den anderen Parteien im Rat vor, Klimaschutz „routiniert abzuhandeln“. Was tun die Ihrer Meinung nach zu wenig?

Schmitz: Seit Dezember 2017 haben wir bereits ein Klimaschutzkonzept, das aus einem langen Kommunikationsprozess mit Gruppen und Bürgern entstanden ist. Umgesetzt ist bislang – nichts. Wenn wir aus dem Konzept Anträge ableiten, werden wir ausgebremst. Wir wollen angesichts der dramatischen Situation Tempo machen!

WAZ: Bitte werden Sie konkreter.

Schmitz: Die Hauptproduzenten von klimaschädlichem Kohlendioxid sind je zu etwa einem Drittel Wirtschaft, Haushalt und Verkehr. In den Bereichen Verkehr und Haushalt müsste mehr geschehen, um die Werte zu senken.

WAZ: Wie könnte das konkret geschehen?

Schmitz: Beim Thema Verkehr beispielsweise brauchen wir mehr Verzahnung, um mehr Verzicht beim Einzelnen auf den privaten Pkw zu ermöglichen. Carsharing ist da ein guter Ansatz. Außerdem ist unser Radverkehr mehr als rückständig, der ÖPNV muss besser getaktet werden.

WAZ: Gibt es überhaupt große Spielräume und Ausbaumöglichkeiten beim Klimaschutz für eine Kommune wie Sprockhövel, die überschuldet ist?

Schmitz: Ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch. Die Große Koalition in Berlin hat etwa Fonds Nationale Klimapolitik Fördermöglichkeiten geschaffen, die einfach abgerufen werden können. Ich will sagen, für manche Klimaprojekte gibt es Finanzierungen, die zumindest zum großen Teil von anderen getragen werden.

WAZ: Das Argument gegen die Teilnahme an Förderprogrammen ist, dass die Verwaltung gar nicht das Personal für aufwändige Anträge hat.

Schmitz: Für solche Aufgaben sollte Personal eingestellt werden, es lohnt sich. Es könnte sich auch die Zukunftsmanagerin um so etwas kümmern.

WAZ: Nach Ihren Vorstellungen soll für die Planungsobjekte künftig ein Vermerk in den Ausschussunterlagen eingefügt werden, welche klimatischen Auswirkungen mit der Umsetzung der Projekte verbunden sind.

Schmitz: Das soll nicht Planungen verhindern, sondern ein Prüfstein sein, dass zum Beispiel beim Bau eines Kindergartens alle denkbaren ökologischen Maßnahmen eingeplant werden.

WAZ: Die derzeitigen gesetzliche Vorschriften reichen Ihnen da nicht?

Schmitz: Nein, die reichen nicht aus.

WAZ: Wie stehen Sie zum Vorschlag, auch beim Klimaschutz mehr die Kooperation mit Nachbarkommunen zu suchen?

Schmitz: Ich halte im Prinzip viel von diesem Instrument, aber oft dauert es viel zu lange, bis Ergebnisse da sind. Ich habe den Eindruck, da wird auch auf Zeit gespielt.

WAZ: Im Umfeld der „Fridays-for-Future“-Bewegung war kürzlich zu hören, das marktwirtschaftliche System sei nicht geeignet für die große Aufgabe des Klimaschutzes.

Schmitz: Diese Ansicht teile ich nicht. Die meisten Wirtschaftsunternehmen sind viel weiter und schneller als wir denken. Automobilzulieferer etwa muss man nicht erst Richtung E-Mobilität schubsen: Die treten, um zu überleben, selbst kräftig das Gaspedal.