Oberhausen. Bezirksbürgermeister Dieter Janßen (SPD) über die Kritik am geplanten Supermarkt in Holten. Warum Rewe in Königshardt ausbauen sollte und Sterkrader vom Tor nicht zur Bahnhofstraße finden.

Die Balance zwischen Handel und Wohnkultur, den Ansprüchen der Geschäftsleute und der Anwohner müsse stimmen, sagt der Sterkrader Bezirksbürgermeister Dieter Janßen (SPD). Mit Stephanie Weltmann spricht er über die Gefahr von Gewerbestraßen, den Vorzeige-Gewerbepark „Erlengrund“ und den Verlust von „Lenord + Bauer“.

Herr Janßen, sprechen wir über Holten.

Dieter Janßen: Ein schönes Dorf.

Warum wollen Sie ein großes Lebensmittelcenter dort ansiedeln?

Janßen: Ich möchte vor allem Impulse geben, damit die Menschen im Nahbereich vielfältige Versorgungsmöglichkeiten vorfinden. Die Holtener fahren zum Einkaufen hinaus, aber kaum einer fährt zum Einkaufen hinein. Das ist ein Problem für die Geschäftsleute. Anderseits muss man auch das benachbarte Biefang berücksichtigen. Dort gibt es eine Unterversorgung im Einzelhandel.

Die Holtener wollen kein neues Geschäft. Warum Sie?

Janßen: Ich möchte, dass Holten ein attraktiver Stadtteil bleibt. Gespräche mit der Interessengemeinschaft und Bürgern zeigen, dass Bedarf für einen Frischemarkt, eine Drogerie oder Ansiedlungen von Ärzten besteht.

Besteht nicht die Gefahr, dass Sie das gleiche Problem in Holten schaffen wie es in Sterkrade besteht? Dort gibt es das Tor als Magneten, die Kunden finden den Weg aber nicht zur Bahnhofstraße. Wann lösen Sie das?

Janßen: Holten mit der Sterkrader Situation zu vergleichen, ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das Tor und auch die Gebäude der Neuapostolischen Kirche haben Sterkrade aufgewertet. Der Zugang vom Tor zur Innenstadt wirkt durch das langgestreckte Gebäude des Technischen Rathauses und die geschlossenen Wandflächen von Kaufland optisch wie ein langer Schlauch, der für Menschen, die shoppen wollen, nicht einladend ist. Ich könnte mir einen Ideen-Wettbewerb vorstellen, um diesen Zugang interessanter zu machen.

Sterkrade ist und bleibt ein attraktiver Standort 

Am Kaufland-Parkhaus stehen Wartehäuschen für die Gruppe, die am Kleinen Markt gestört hat. Löst das die Situation?

Janßen: Das hoffe ich. Ich habe mich persönlich für diese Lösung eingesetzt. Das Angebot ist da. Es gilt jetzt, die Fläche gemeinsam mit Streetworkern der Diakonie und Fachleuten der Verwaltung mit Leben zu füllen.

Sie „hoffen“, Anwohner sind skeptisch. Was sagen Sie denen?

Janßen: Wir sollten Geduld haben. Man kann letztlich viel kaputt reden, aber Sterkrade ist und bleibt ein attraktiver Standort, nicht zuletzt auch, weil die Interessengemeinschaft dort einiges voranbringt.

Was ist mit den kleinen Versorgungsgebieten – wie etwa an der Neumühler Straße? Dort gibt es immer mehr Leerstände.

Janßen: Man muss dort in der Tat aufmerksam sein. Spielhallen zum Beispiel müssen über Bebauungspläne ausgeschlossen werden.

Warum haben Sie den Penny-Markt in Schmachtendorf nicht verhindert? Viele Schmachtendorfer sind Sturm gelaufen.

Janßen: Für diesen Bereich sind Gutachten gemacht worden und für die Anwohner der Walsumermark ist der Penny-Markt ein Vorteil. Aber jetzt muss auch Schluss sein mit weiteren gewerblichen Bebauungen in diesem Gebiet.

Was macht Sie so sicher?

Janßen: Da muss man einen Riegel vorschieben, damit eine Situation wie an der Weierstraße nicht entsteht. Die untere Weierstraße hat sich nach dem Abriss der Teerverwertung und Stilllegung der Zeche zu einem reinen Gewerbegebiet entwickelt.

In Königshardt gibt es einen Supermarkt-Inhaber, der gerne seine bestehende Fläche erweitern würde – wo liegt das Problem?

Janßen: Die Freiflächen gibt es, aber durch eine Ausweitung der Verkaufsfläche käme mehr Verkehr hinzu. Und dagegen erheben einzelne Anwohner Einsprüche. Die Frage ist, wie lange der Inhaber warten kann. Für Königshardt wäre es eine Katastrophe, wenn es den Rewe-Markt verlieren würde.

Dieter Janßens Ziele bis 2014 

Was also tun?

Janßen: Der Knackpunkt ist der Kreisverkehr. Weil da der Verkehrsfluss erhöht wurde, kommt man zu den Haupteinkaufszeiten schlecht aus der Elsternstraße heraus. Das Problem muss gelöst werden. Da ist die Fachverwaltung gefragt.

Wieso hat sich die Verwaltung nichts zu „Lenord + Bauer“ einfallen lassen? Eine Königshardter Firma, die ihre Fertigung nach Gladbeck verlegt, weil hier die Flächen fehlen.

Janßen: Es wurden dem Unternehmen Flächen angeboten, aber diese wurden nicht akzeptiert. Der Stadt fehlen großzügige Gewerbeflächen. Das Gewerbegebiet am Erlengrund ist ausgeschöpft, ein Vorzeigeprojekt mit 400 Arbeitsplätzen. Jetzt wird auf dem ehemaligen Gelände der Kohlereserve ein Logistikpark entstehen. Allerdings muss bei der Ansiedlung immer die Balance zwischen den Interessen der Anwohner und der Gewerbetreibenden gehalten werden. Um Anwohner zu entlasten, sollten die Anlieferungen über die Schiene erfolgen. Ein Bahnanschluss ist vorhanden.

Wollen Sie nach der Kommunalwahl 2014 weitermachen?

Janßen: 2014 bin ich 68 Jahre, dann ist Schluss! Ich war immer gerne Bezirksbürgermeister, aber irgendwann muss man sagen: Das war es.

Wen würden Sie gerne in dieser Position sehen?

Janßen: Ich habe eine Vorstellung, aber das ist nicht meine Entscheidung.

Was haben Sie bis 2014 erreicht?

Janßen: Vorrangig muss die Kanalerneuerung der Oranien-/Krefelder Straße angegangen werden. Die Dudelerstraße sollte umgestaltet werden, damit mehr Parkplätze entstehen. Und ich unterstütze die Sterkrader Interessengemeinschaft bei den Bemühungen, eine Lösung für das Kaiser & Ganz-Gebäude zu finden.

Teil des SPD-Wahlprogramms 2009 war der Ausbau des Sterkrader Bahnhofs. Was wurde daraus?

Janßen: Der Ausbau sollte bereits vergangenes Jahr beginnen, das verzögert sich wegen des Betuwe-Ausbaus. Der Bahnhof muss dringend barrierefrei gemacht und die Unterführung freundlicher gestaltet werden. Da ist die Deutsche Bahn in der Pflicht, endlich tätig zu werden.

Ein Projekt, was den Norden über 2014 hinaus begleiten wird, ist der Emscherumbau. Welche Probleme sehen Sie da?

Janßen: Der Umbau ist erst einmal ein positives Projekt. Durch ein kluges Baustellenmanagement kann man die Mehrbelastung des Straßenverkehrs sicherlich begrenzen.

Anwohner klagen, dass sie nicht richtig informiert wurden.

Janßen: Das stimmt nicht. Es gab fortlaufende Informationen. Ich selbst habe mehrmals zu Bürgerversammlungen ins Kastell eingeladen, speziell zum Thema Emscherumbau, und in meinen Bürgerversammlungen war der Emscherumbau immer Thema. Hier wurde immer der Stand der Planungen dargestellt.