Oberhausen. . Gerwin Poschner und Hans Klinger bauen historische Loks originalgetreu nach. Ausstellung zum Schmachtendorfer Fest

„Modellbahnsammler gibt es wie Sand am Meer“, sagen Hans Klinger und Gerwin Poschner. „Aber Modellbahnbauer, davon gibt es gerade einmal 1000 in ganz Deutschland.“ Zwei von ihnen leben in Schmachtendorf – und stellen ihre filigrane Kunst zum 250-Jahr-Fest im Stadtteil aus.

Im Dachgeschoss seines Reihenhauses hat Gerwin Poschner eine eigene Welt erschaffen. Eine Welt der Miniaturen, so groß, dass sie mit einem Blick kaum zu erfassen ist. Dicht an dicht gedrängt schieben sich die historischen Modell-Loks auf den Schienen voran, zwängen sich am hölzernen Bahnhof von „Cripple Creek“ vorbei, an dem lachende Figürchen herumtollen, winden sich durch diese wüstengleiche Szenerie des Wilden Westens, über die als ehrwürdiger Zeitzeuge ein alter US-amerikanischer Kohlebunker ragt.

Jedes Modell hat zwei Geschichten

Alles selbst gemacht? „Oh ja“, nickt der 74-jährige Poschner, „das habe ich selbst gebaut.“ Und viel mehr als das.

Poschner und Klinger waren einst Kumpel auf der Zeche, heute eint sie die Leidenschaft an historischen Loks. Über 30 originalgetreue Modelle hat Gerwin Poschner in rund 25 Jahren erbaut, Klinger hat neun seit dem Eintritt in den Ruhestand fertig gestellt. Zu jedem ihrer Arbeiten können die Senioren zwei Geschichten erzählen.

Die Geschichte des eigentlichen Zugs zum einen – wie etwa die der schwarzen Dampflok, die während des Zweiten Weltkriegs auf der Insel Borkum fuhr. Von neun Modellen hat nur eine die Kriegs- und Nachkriegszeit überlebt, auf Borkum kletterten Kinder auf ihr herum, eh sie aufwändig restauriert wurde – und Hans Klinger sie entdeckte. „Ich wollte sie sofort nachbauen.“

Original nachgebaut

Und dann sind da die Geschichten der Modelle selbst. Geschichten, in denen Klinger und Poschner in langen Briefen und E-Mails über Wochen hinweg Baupläne und Detailfotografien von Museen aus der ganzen Welt erbitten. Immer wieder telefonieren sie Blaupausen hinterher, um dann aus den fingerdicken Postsendungen mühevoll die für sie wichtigen Zeichnungen herauszusuchen, die Angaben anschließend in deutsche Modell-Maße umrechnen. Und dann ist noch kein Teil gebaut.

Die Modellbauer fräsen, stanzen und schleifen ihre Loks aus dicken Messingblechen. Jedes der Einzelteile fertigen sie selbst an. Und jedes Modell ist nicht nur funktionstüchtig – bis ins abnehmbare Führerhaus mit Mini-Werkzeug ist es originalgetreu nachgebaut. Puh, möchte man sagen. Gerwin Poschner sagt hingegen: „Wenn ein Modell fertig ist, dann denkt man schon ans nächste.“

"Diese Technik gilt es zu erinnern"

Als Sammler hatten die beiden gebürtigen Bayern angefangen, weil aber längst nicht jede Lok als Miniaturmodell zu kaufen ist, haben sie Gefallen am Eigenbau gefunden. Mit ihrer Arbeit haben sie sich ein internationales Netzwerk erarbeitet, US-amerikanische Museumsbetreiber und Restaurateure bekommen von ihnen zum Dank für die zugesandten Pläne Fotografien der fertiggestellten Modelle. Ausstellungen im In- und Ausland besuchen Klinger und Poschner, und sind für ihre Arbeit auch schon prämiert worden.

„Die Eisenbahn war eine wichtige Errungenschaft, sie hat die wirtschaftliche Entwicklung vorangebracht“, sagt der 75-jährige Hans Klinger. „Diese Technik gilt es zu erinnern.“ Beim 250-Jahr-Fest wollen sie das mit einer Ausstellung im evangelischen Gemeindezentrum schaffen.

Ausstellung im Mai

Schmachtendorf feiert sein 250-jähriges Bestehen. An dem umfangreichen Programm in der Festwoche vom 28. April bis zum 6. Mai und darüber hinaus beteiligen sich Sportvereine, Musiker und Künstler. Poschner und Klinger stellen ihre Modelle am 3. und 4. Mai (15-21 Uhr) im ev. Gemeindehaus an der Forststraße aus.