Oberhausen. . Konditor, das ist ein eigenständiger Beruf. Konditoren sind die Handwerker, die herrliche Kuchen, Torten oder auch Pralinen in aufwändiger Handarbeit und mit großem Können komplett selbst herstellen. Leider gibt es immer weniger Konditoren, dafür aber jetzt ein Konditoreimuseum in Sterkrade.

Die Holtener Straße liegt so grau da an diesem regnerischen Mittwoch. Doch ein Gebäude, die Nummer 126, leuchtet strahlend lilafarben gegen die Tristesse an. Das Konditoreimuseum „Zuckertüte“ in Sterkrade weckt Erwartungen und irgendwie auch Erinnerungen an köstliche Naschereien.

Ja, mit den Erinnerungen ist das so eine Sache, das weiß der Schöpfer der „Zuckertüte“, Konditormeister Helmut Walbrodt (69). „Mit jeder Form, jedem Ausstecher stellen Besucher Verbindungen zu ihrem eigenen Leben her“, sagt er. Und weil es in der „Zuckertüte“ viele Erinnerungsstücke gibt, dauert so eine Führung durch das Museum seine Zeit. Anders ist das bei Kindergeburtstagen, die hier auch gefeiert werden können. Gerade eben hat Helmut Walbrodt eine Feier mit einer Mutter klargemacht. „Da wird etwas gebacken, und natürlich werden auch einige Maschinen erklärt, aber in erster Linie steht der Geburtstag im Vordergrund“, verdeutlicht der Museums-Schöpfer.

In mühevoller Eigenarbeit zu saniert

Wie kommt jemand überhaupt dazu, ein Haus zu kaufen, in mühevoller Eigenarbeit zu sanieren und über Jahre gesammeltes Handwerkszeug der Konditoren dort öffentlich auszustellen? „Mein Hauptbeweggrund ist zu zeigen, was ein Konditor ist, dass es ein eigenständiger Beruf ist und welche Bedeutung Konditoren für die Gemeindeentwicklung hatten“, zählt Helmut Walbrodt auf. Konditoren gebe es nämlich noch gar nicht so lange. Außer bei Hofe oder in Klöstern konnte sich bis vor etwa 250 Jahren niemand das herrliche Back- und Naschwerk erlauben. Und später dann musste eine Gemeinde so groß sein, dass sie sich eine Konditorei leisten konnte. Das sei, schätzt Helmut Walbrodt, in Oberhausen so um 1800 der Fall gewesen. Wer das Museum besucht, entdeckt eben nicht nur erstaunliche Dinge, sondern erfährt auf viel Spannendes. Spannend auch, wie viele Konditoreien es einmal in Oberhausen gab. Eine davon war und ist die 1891 von Heinrich Walbrodt gegründete.

Helmut Walbrodt kommt also aus einer Konditoren-Familie. Für ihn selbst stand auch von Anfang an fest: „Ich werde Bäcker und Konditor.“ Und im Erdgeschoss seines Museums will er selbst, später vielleicht mit anderen, Vorführungen und Kurse anbieten. Sein Maschinenpark ist beachtlich. Von der Teigteilmaschine über den Sahneklimatisch bis hin zum Schmuckstück der Stube, einem alten Küppersbusch Backofen. Wenn Helmut Walbrodt eine Lade mit Puderzucker aus einem Wärmeschrank zieht, Weinbrandbohnen-Stempel hineindrückt und erklärt, wie er Pralinen mit Zuckerkruste per Hand machen wird, läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Die Formen werden mit einer Weinbrandmischung vollgegossen. Müssen bis zu zehn Stunden ruhen. Werden dann vorsichtig entstaubt und mit Schokolade überzogen. „Das ist ein Genuss“, schwärmt der Konditor.

Schokoladengussformen und Baumkuchenmaschine

Ein Genuss ist auch der Besuch der ersten Etage. Was es hier alles zu sehen gibt – von der Berliner Füllmaschine für Berliner Ballen über Schokoladengussformen (Hasen in allen Varianten) bis zur Baumkuchenmaschine. Der Baumkuchen, der sich im Innungswappen der Konditoren findet, ist eine Besonderheit. „Das kriegt die Industrie noch nicht so gut hin“, sagt Helmut Walbrodt zufrieden. Denn der Ruf nach möglichst billigen Waren und die ständige Verfügbarkeit von industriell gefertigten Lebensmitteln haben dem Konditorenhandwerk arg zugesetzt.

Führungen auf Anfrage: 62 17 87 15.