Oberhausen.. Heidemarie Nadarzy, neue stellvertretende Leiterin beim Weißen Ring in Oberhausen, will diesen bekannter machen. Sie betreut selbst seit drei Jahren Opfer von Gewalt und Kriminalität. Mitarbeiter werden dringend gesucht - gerne auch jüngere.
„Der Weiße Ring muss bekannter werden“, sagt Heidemarie Nadarzy. Dafür möchte sie sich ab sofort verstärkt einsetzen. Die Sterkraderin gehört als stellvertretende Leiterin mit Hannelore Weiss (Leiterin) zur neuen Führungsriege der Oberhausener Außenstelle des Vereins für Opferhilfe. Zehn Mitarbeiter kümmern sich um Opfer von Kriminalität und Gewalt. „Es könnten mehr sein“, sagt Nadarzy. Vor allem junge Menschen würde sie gerne für das Ehrenamt gewinnen, das ihr selbst so viel bedeutet.
An ihren ersten Fall kann Heidemarie Nadarzy sich noch gut erinnern. „Häusliche Gewalt und sexuelle Delikte“, sagt sie. Das war vor drei Jahren, als die heute 65-Jährige auf der Suche nach einer neuen ehrenamtlichen Arbeit beim Weißen Ring anfragte. Seitdem ist die Arzthelferin im Ruhestand als Opferbetreuerin im Einsatz, im letzten Jahr für ganze 430 Stunden.
Opfer im Mittelpunkt
„Es wird immer an die Täter, nicht an die Opfer gedacht“, sagt Nadarzy. Dabei nehme deren Leid nie ein Ende: „Das zieht sich durch, dass die Opfer denken, sie seien die Täter.“ Sie erzählt von einem Mann, der vor 40 Jahren sexuell missbraucht wurde. „Er hat immer noch das Gefühl, dass er schuld war.“
Häufig kommen die Opfer durch die Empfehlung der Polizei zum Weißen Ring. Der Verein, der sich allein durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert, bietet Beratung und Begleitung bei Gängen zu Anwälten und Behörden – und vor allem ein offenes Ohr. Einige Klienten hat Heidemarie Nadarzy schon länger als ein Jahr in ihrer Obhut. „Manche trauen sich erst nicht, Anzeige zu erstatten“, sagt sie. Oder die Angelegenheiten bei Behörden ziehen sich hin. „Da bewirkt ein Anruf von uns schon mal Wunder.“
Selbstständigkeit erhalten
Bei anderen liegt der Fall einfach komplizierter. So betreut die Ehrenamtlerin derzeit gleich zwei sexuell missbrauchte Männer. Erst nach langer Suche habe sie eine Anlaufstelle finden können. „Die Traumaambulanz der Caritas in Dinslaken bietet Beratung für beide Geschlechter.“ Hingehen müssten die Männer selbst. „Wir lassen jedem so viel Selbstständigkeit wie möglich.“
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„Ich war immer schon sozial eingestellt“, erklärt Heidemarie Nadarzy ihre eigene Motivation. Neue Mitarbeiter sollten sich nicht schrecken lassen. Es sei nicht immer alles kompliziert. „Manchmal wollen sie nur reden“, sagt sie über die Klienten. Und vieles lasse sich am Computer von Zuhause aus erledigen.
Gepflegt und glaubwürdig
Fünf Stunden pro Woche sollten Interessierte sich aber schon Zeit nehmen, „und gepflegt und glaubwürdig sein“. Das Alter spiele keine Rolle. Sie hätten gerne Jugendliche in ihren Reihen, sagt Nadarzy. „Ich glaube, dass die anderen Jugendlichen besser helfen können.“
Das Werben um neue Mitarbeiter und Mitglieder sei beim alten Vorstand viel zu kurz gekommen. „Wir waren im Dornröschenschlaf“, sagt Heidemarie Nadarzy. Jetzt werde aufgeräumt. Karteileichen würden aussortiert, Statistiken für die Medien erstellt und Besprechungen für Mitarbeiter anberaumt. Auch die Mitglieder sollen eingeladen werden. Nadarzy: „Sie haben ein Recht zu erfahren, wofür sie bezahlen.“