Oberhausen. Zunahme der Stalking-Fälle. Verein in Oberhausen unterstützt seit 30 Jahren Verbrechensopfer.

Immer mehr Oberhausener suchen die Unterstützung des Weißen Rings. Der gemeinnützige Verein, der seit 30 Jahren vor Ort Kriminalitätsopfern zur Seite steht, berichtet von einem wachsenden Beratungsbedarf. „Pro Jahr helfen wir 120 bis 140 Menschen. Die Tendenz ist weiter leicht steigend“, erklärt der ehrenamtliche Helfer Axel Rüenholl. Gerade im Bereich des Stalkings suchten immer mehr Oberhausenerinnen die Hilfe des Vereins. „Das kann auch daran liegen, dass sich mehr Frauen trauen und nicht mehr alleine damit fertig werden wollen“, sagt Rüenholl aus Anlass des Tages der Kriminalitätsopfer.

Dieser wurde vom Weißen Ring ins Leben gerufen und soll jedes Jahr am 22. März die Aufmerksamkeit auf die Opfer von Verbrechen lenken. Denn auch heute noch gelte die Feststellung, dass Opfer oft mit ihrem Schicksal alleingelassen werden. „Der Fokus, auch und gerade der mediale, ist oft genug fast ausschließlich auf den Täter gerichtet.“

Beim Thema Stalking herrsche aber langsam ein anderes Bewusstsein vor. „Mehr Betroffene kommen zu uns und bitten um Unterstützung“, so Rüenholl. Ob es nun mehr Stalkingopfer gibt oder einfach mehr Betroffene Hilfe suchen, könne man nicht genau sagen. „Seit 2007 ist das Nachstellen in Deutschland verboten. Wer andere Personen stalkt und dadurch Leid zufügt, kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.“ Die größere Aufmerksamkeit für das Thema Stalking führt Rüenholl auch auf die Arbeit des Weißen Rings zurück. „Wir waren beharrlich und sind damit immer wieder vorstellig geworden.“

Verein unterstützt auch Angehörige

Der Verein unterstützt nicht nur die direkten Opfer eines Verbrechens, sondern auch Angehörige, Verwandte oder Freunde, die durch eine Tat traumatisiert wurden. „Wir kümmern uns um Menschen, die mit Mord, Vergewaltigung, Raub, Stalking oder anderen Straftaten in Berührung kamen“, führt der 74-jährige Rentner aus. Auch Oberhausener, in deren Wohnung eingebrochen wurde, nehmen die Hilfe des Weißen Rings in Anspruch. „Gerade bei den betroffenen Frauen gibt es oft eine starke Verunsicherung.“ Wenn die eigenen vier Wände nicht mehr als unantastbar gelten, könne daraus sogar ein Trauma entstehen.

Die zentrale Aufgabe der Mitarbeiter des Weißen Rings besteht für Axel Rüenholl vor allem im „Zuhören, Zuhören und noch einmal Zuhören. Die Opfer müssen wissen, dass da jemand ist, dem man seine Sorgen und Nöte erzählen kann. Das ist keine körperliche, aber sehr wohl eine seelische Umarmung“, so Rüenholl.

„Zumeist finden die Treffen in der Wohnung des Opfers statt.“ In den eigenen vier Wänden fühlten sich viele Betroffene sicherer. „Sollte das Opfer aber gerade in der eigenen Wohnung attackiert worden sein, unterhalten wir uns an einem neutralen Ort.“

Auch in finanzieller Hinsicht gibt es Unterstützung. „Wir übernehmen gegebenenfalls Umzugs- oder Anwaltskosten.“ Neue Möbel kann es ebenfalls geben.

Der Kontakt zwischen Opfern und dem Weißen Ring wird in den meisten Fällen von der Polizei hergestellt. „Wir arbeiten sehr eng mit dem Opferschutzbeauftragten Roland Boy zusammen. Er vermittelt uns die Betroffenen.“ Fast immer gingen die Verbrechensopfer auf das Angebot ein.

145 Fälle in neun Jahren

„Ich mache das jetzt seit neun Jahren“, erzählt Rüenholl. „In dieser Zeit habe ich 145 Fälle betreut. Darunter waren auch neun Tötungsdelikte“, so der ehemalige Mitarbeiter der Gutehoffnungshütte. Ein Fall ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben. „Es ging um eine junge Frau und ihren vier Jahre alten Sohn.“ Nachbarn hatten einen Streit mitbekommen und die Polizei gerufen. „Die Beamten kamen gerade noch rechtzeitig. Der Mann hatte die Frau bereits schwer mit einem Messer am Arm verletzt und hielt ihr die Klinge nun an die Kehle.“

Von der Polizei informiert, konnte der Weiße Ring innerhalb von 24 Stunden eine Wohnung für Mutter und Kind finden. „Es ist befriedigend, wenn man merkt, dass man etwas bewirken kann.“ Inzwischen hat sich Rüenholl auf Stalking-Fälle spezialisiert. „Wenn so etwas auftaucht, werde ich gefragt.“