Oberhausen. Explodierte Kosten und eine ungeklärte Versicherungssituation sorgen für Unruhe unter den selbstständigen Hebammen. Ihnen droht im Sommer 2015 quasi ein Berufsverbot, das Auswirkungen auf die Kaiserschnitt-Rate haben könnte. Schon jetzt bieten immer weniger Hebammen Geburtshilfe an.

Oberhausens freiberufliche Hebammen bangen um ihre Zukunft. Neben den explodierten Versicherungskosten sorgt die Ankündigung eines großen Versicherers, ab Mitte 2015 gar keine Policen mehr für Hebammen anzubieten, für Unruhe. Dies käme nämlich einem Berufsverbot gleich.

„Damit setzen sie noch einmal einen obendrauf“, schimpft Hebamme Carina Würfel von der Hebammenpraxis Bauchladen. „Man kann wirklich den Eindruck bekommen, hier wird ein ganzes Berufsbild konsequent an den Rand gedrängt.“
 

Geburtshilfe als Minusgeschäft

Die eigentliche Geburtshilfe hat Würfel längst aus ihrem Dienstleistungsangebot gestrichen. Denn die dafür notwendigen Versicherungskosten stiegen von 1600 Euro im Jahr 2010 auf heute mehr als 5000 Euro dramatisch an. Gleichzeitig blieb die Vergütung nahezu gleich. „Das lohnt sich dann irgendwann einfach nicht mehr“, konstatiert Würfel. Sie kennt auch Kolleginnen, die ihre Tätigkeit wegen des massiven Kostendrucks aufgaben.

Diesem Beispiel könnten im nächsten Jahr viele Hebammen folgen. Denn ohne eine Haftpflichtversicherung dürfen sie auch keine Kurse oder Vor- und Nachsorge mehr anbieten. „Dabei ist dort ein riesiger Bedarf“, so Würfel. Da es immer weniger umsorgende Großfamilien gibt, werde die Hebamme als Bezugs- und Vertrauensperson immer wichtiger. „Mir haben schon mehrere Mütter gesagt, dass sie kein zweites Kind bekommen möchten, wenn es unser Nachsorge-Angebot nicht mehr gibt“, ergänzt Hebamme Sarah Rittger.

Versicherer könnten Beispiel folgen

Wie ihre Kollegin Carina Würfel ist Rittger zwar nicht bei besagtem Großversicherer versichert. Beunruhigt ist sie dennoch: „Es ist natürlich immer die Befürchtung da, dass die kleineren Versicherer auch nachziehen. Insofern macht man sich schon so seine Gedanken.“

Noch drastischere Worte findet eine Oberhausener Hebamme, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Es muss wohl erst einmal das ganze System zusammenbrechen, bis unsere Arbeit richtig wertgeschätzt wird.“ Die 36-Jährige arbeitet freiberuflich als sogenannte Beleghebamme in einem Krankenhaus. „Wer kümmert sich denn um die Frauen, wenn wir alle nicht mehr da sind?“

Sie vermutet, dass die Kaiserschnitt-Rate drastisch nach oben schnellen wird, sollte der Großversicherer mit seinem Ausstieg in 2015 ernst machen. „Ein Kaiserschnitt ist schließlich für alle viel planbarer als eine natürliche Geburt.“ Dabei könne dieser allerdings zu Lasten der späteren Mutter-Kind-Bindung gehen, so die Hebamme.