Oberhausen. Ein weiblicher Fan zwingt das Double seines Idols zum Privatkonzert. Das Ganze in einem Kino, das echt mal eines war. Des Rätsels Lösung: im Theater geht so etwas.

Dieser Raum ist einfach sensationell. Und diese Geschichte total schräg. Zusammen ergibt das eine neue Produktion des Stadttheaters: „Bei lebendigem Leib“. Untertitel: „Ein Abend des Schmerzes mit Liedern und Texten von André Heller“. Uraufgeführt wird das am Freitag, 15. November, 19.30 Uhr, an einem Ort, der das Publikum ins Staunen versetzen wird. Er befindet sich inmitten der City und ist doch eines der bestgehüteten Geheimnisse der Innenstadt.

Das Café Transatlantik an der Elsässer Straße kennen bestimmt viele Oberhausener. Was jedoch geschieht, wenn man hineingeht, durchläuft, hinten links eine Türe nimmt, die Treppen nach oben steigt und dann die Tür aufstößt – das wissen die allerwenigsten. Das Theater-Publikum darf es erleben. Ein mutiger Schritt hinein und man steht: im ehemaligen Kino Europa-Palast. Dort, wo bis Mitte der 80er Jahre Filme über die Leinwand gingen, deren goldfarbiger Rahmen noch zu erahnen ist, wo später Rockbands Krach machten und das Theater sich mit Holzbrettern eine riesige Probebühne baute.

Ein musikalischer Thriller

15 Jahre lang stand dieser Raum leer. 1000 Quadratmeter groß, etwa sieben Meter hoch, der rote Teppich total zerschlissen, die Lichtreklame an der Wand von vorgestern. Ein Ort, der einmal glänzte, das spürt man, und heute zwar staubt, sich aber trotzdem seinen Charme bewahrt hat. Eine wunderbare Überraschung für Regisseur Martin Kindervater und Dramaturg Tilman Raabke, die hier den perfekten Ort für ihr Kammerspiel fanden.

Yvonne ist die Hausmeisterin in einem Kino, nennen wir es Europa-Filmpalast. Sie ist glühende Verehrerin von André Heller, jenem österreichischen Chansonnier, den es – wie einst das Kino – auch im echten Leben gibt. Doch wie in der realen, so hat sich auch in der inszenierten Geschichte Herr Heller von der Musik abgewandt, um sich der Aktionskunst zu widmen. Als dann Adrian Hofmacher auftaucht, der als Heller-Double durch die Lande tingelt, wittert Yvonne ihre Chance. Sie bucht ihn für ein Konzert. Dass das Publikum aus ihr alleine besteht, verrät sie ihm freilich nicht. Eine skurrile Situation entsteht. Der Sänger samt Pianist gefangen im Rampenlicht, angeschmachtet von einer Frau, deren Verhalten unheimliche Züge annimmt.

"Ein versunkenes Zauberschloss"

„Ein Konzert unter merkwürdigen Bedingungen“, nennt Regisseur Martin Kindervater das. „Aus einer schüchternen Person wird eine Machthaberin, aus dem Star ein Opfer.“ Und während das echte Publikum ein Konzert im Stück genießen kann, mit Liedern frei nach Heller, spielt sich vor seinen Augen ein Drama ab. Ein musikalischer Thriller sei das, was die Gäste erwartet, sagt Kindervater. Und natürlich ein spannender Ort. „Ein versunkenes Zauberschloss“, sagt Tilman Raabke. „Und vielleicht auch ein kulturpolitisches Zeichen, diesen Raum wiederzuentdecken.“