Oberhausen. . Wir packen für unsere Serie „Harte Arbeit“ diesmal bei der Firma Geese Bau mit an - und schicken eine Frau auf die Baustelle. Nicht derbes Vokabular und Muskelkraft zählen dort, sondern Detailarbeit und Fingerspitzengefühl
Natürlich ist auch eine Portion Trotz dabei. Immerhin hatten sich die Männer im Redaktionsteam doch etwas gewundert, dass nun ausgerechnet eine Frau „auf dem Bau“ mitanpacken will. Nun, ganz unter uns: Mit dem Anpacken, das ist so eine Sache. Muskelmasse hilft, keine Frage, letztlich ist die Arbeit auf dem Bau aber Detailarbeit.
Verschlafen zu sein, dafür bleibt an diesem Morgen kaum eine Chance. Es ist kurz vor 7 Uhr, der erste Kaffee setzt sich gerade, da steht Frank Heyer in den Startlöchern. Er lehnt an dem weißen Transporter, auf dem das grüne Logo der Firma Geese klebt. Geese-Bau mit heute über 90 Mitarbeitern gibt es seit 56 Jahren in Oberhausen. Mit den Bereichen Hochbau, Schlosserei und Zimmerei gehört die Firma zu den wichtigen Spielern am Platz. Der 50-jährige Frank Heyer, langjähriger Mitarbeiter, nimmt mich mit zur Baustelle nach Duisburg.
Dort arbeitet Geese Bau an einer Erweiterung des Evangelischen Krankenhauses Duisburg-Nord. Das Erdgeschoss steht bereits, es geht an die Decke zum oberen Geschoss. Vor dem ersten Schritt auf der Baustelle kommt die Sicherheit: Michael Haut, als Polier der Leiter der Baustelle mit sechs Kollegen, streckt mir einen Helm entgegen und stellt gleich klar: „Wir duzen uns hier.“
„Alles eine Frage des Trainings“
Noch besteht die Decke des Erdgeschosses aus Holzbrettern. „Sie sind quasi das Gegenstück der späteren Betondecke“, erklärt Michael. Auf die massiven Bretter werden mehrere Tonnen Frischbeton geschüttet. Sobald der ausgetrocknet ist, kommen die Platten weg, die Decke ist fertig. Schalung nennt man das.
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Metallstützen haben die Betonbauer Markus und Kamil bereits unter die Holzdecke gedreht – bei den Abständen haben sie sich genau an den Plan gehalten, den Michael ihnen vorgelegt hat. Dass ich eine dieser Stützen kaum hochbekomme, provoziert nicht mal einen Frauenspruch: „Alles eine Frage des Trainings“, meint Markus. Er arbeitet an der Schalung der Wände zum oberen Geschoss, fixiert mit Gewindestangen die Schalung. Als Kleinste der Gruppe schaue ich zwischen die Schalung, ob’s passt. „Jetzt hau da mal mit Schmackes drauf!“– mit dem Hammerschlag sitzt’s.
Auf der künftigen Decke ist nun wieder Fingerspitzengefühl gefragt, meint Michael. Leichte Kost? Denkste! Dicke Bewehrungseisenstangen mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht liegen quer über der Deckenschalung. Auf sie wird später der Beton geschüttet, die Eisen sorgen für Stabilität. Ein Mann im vom Baustaub rostrot gefärbten T-Shirt korrigiert die Position einzelner Stäbe, mit recht derben Vokabeln merkt er kleinere Fehler an. „Detlef“ stellt sich Detlef Richter dann freundlich bei mir vor, Unternehmer im Auftrag von Geese Bau. Seine Arbeit nennt man Baustahlarmierung. Dabei will ich helfen. Heißt: das eine Drahtende unter das Bewehrungseisen schieben, mit der Zange greifen, eindrehen, das andere Drahtende packen und über dem Eisen zusammendrehen. Klingt einfach, sieht auch einfach aus, wenn Detlef das mit seinen 69 Jahren in gebeugter Haltung macht. Ist es aber nicht.
Ich hocke mich hin – schließlich muss ich das Gesäß ja nicht jedem entgegenstrecken. „Davon bekommst du nur Rückenschmerzen, Mädchen“, meint Detlef im Vorbeigehen. Also tue ich es ihm gleich, beuge mich vor und fange an. Nicht einen dummen Frauenspruch kassiere ich, kein Pfeifen, kein Lachen – Detlef und Michael sind vielmehr bemüht, mir ihre Arbeit genau zu erklären. Trotzdem geht’s nur langsam voran: „Das kommt mit der Routine“, sagt Detlef. Die Kollegen haben großen Respekt vor ihm: „Mach das mal vier Stunden im Hochsommer“, meint Michael und klopft mir auf die Schulter.