Oberhausen. . Beim „Spaceritter-Festival“ treffen am kommenden Wochenende Aliens auf Ringgeister, Elfen auf Zombies, um miteinander ein buntes Fantasy-Fest zu feiern. Doch wie ticken eigentlich Rollenspieler? Wir haben mal ein paar von ihnen gefragt.

Der Hexenkönig aus dem „Herrn der Ringe“ möchte gern noch einen Kaffee. Wie er den trinken will, so ohne Mund? Na ja, er könnte doch mal das düster schimmernde Alien am anderen Ende der Pausenbank fragen. Das schnappt gerade freudig mit dem gefährlich wirkenden Gummimaul, weil es noch ein Tässchen nachgeschenkt bekommt.

Es ist schon ein fantastisches Gipfeltreffen beim Aufbau des Spaceritter-Festivals. Die Niebuhrg, ein altes Gebäude der Zeche Concordia an der Stadtgrenze zwischen Oberhausen und Duisburg, wird am kommenden Wochenende zum Spielfeld für das offenste und familiärste Fantasy-Fest des Landes.

Rollenspiel, historische Darstellung und Kostümbau, sie alle verschmelzen heute zu einer bunten Szene, der deutschlandweit mehrere hunderttausend Fans angehören dürften, so genau hat man sie noch nicht gezählt. Zu den größten Fan-Treffen, Conventions genannt, pilgern manchmal mehr als 40.000 Besucher, Tendenz steigend.

Nun, so groß sind die Spaceritter nicht. Doch die, die kommen, sind ebenfalls getrieben von der Sehnsucht, für ein paar Stunden jenen Figuren nachzueifern und nahe zu sein, die die eigene Fantasie beflügeln.

„So ein Kostüm wollte ich auch!

Joshi Wadenpohl (20) aus Grevenbroich ist einer von ihnen. Der Kinnbart und die langen Haare des Studenten steckten gerade noch unter dem Alienhelm. Die Arbeitsstunden, die er in sein Ganzkörperkostüm gesteckt hat, mag er nicht mehr zählen. Schicht für Schicht wurde Latex aufgepinselt, jede Rippe einzeln herausmodelliert – Entwicklungszeit zwei Jahre.

Wie bei vielen wurde seine Leidenschaft durch Filme geweckt. „Nachdem ich den ,Herrn der Ringe’ gesehen hatte, entdeckte ich ein Video, wie jemand in einem Kino im Ringgeist-Kostüm die Menschen erschreckte. So ein Kostüm wollte ich auch“, sagt er und lächelt. Übers Netz fand er damals, 2009, Gleichgesinnte, die sich nun „Basemental Props“ nennen, was man übersetzen könnte als „die übergeschnappten Kostümbauer aus dem Keller“. Und das ist zugleich eine recht genaue Skizzierung ihres Hobbys.

„Man steckt praktisch alle Freizeit hinein, die man hat“, sagt Jan Zimmermann (29) aus Aachen. Er ist heute als Colonial Marine dabei, als Alien-Jäger also, und ergänzt: „Manchmal fließt auch noch alles Geld hinein, das man hat. Obwohl: Zur Not bauen wir auch Kostüme aus Pizzakartons.“ Die Fantasie kennt keine Grenzen, die Kostümbauer aus dem Rheinland haben neben Alien-Filmen und dem „Herrn der Ringe“ ihr Interesse längst auf „Star Wars“ und „Fluch der Karibik“ ausgeweitet.

Auch die Übergänge zwischen den Fantasiewelten sind fließend. So treffen die Zombies auf die Bataillone des Preußischen Rheinlands, Mittelalter-Schotten auf die Wächter des Stargate. „Das Spaceritter-Festival ist für uns anders als die typischen Conventions, man hat viel mehr mit den Zuschauern zu tun und spielt mit den Kindern“, sagt Wadenpohl in seinem Alien-Anzug.

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Kinder haben gegenüber Filmmonstern und Kriegern meist keine Scheu: „Die stehen total drauf“, sagt er. Hinzu kommt: Während auf den normalen Treffen große Firmen versuchen, die Fans zu erreichen, funktionieren die Spaceritter anders. Hier versuchen die Fans, einander und nebenher ein ganz normales Publikum zu begeistern – und Kontakte zu knüpfen.

Regenschirm für Pulsgewehr – ein guter Tausch?

Das gelingt nach kurzer Zeit auch unter den Gruppen. So versucht in der eingangs erwähnten Kaffeerunde eine hübsche junge Dame aus dem alten Preußen dem futuristischen Marine das Pulsgewehr abzuluchsen: „Also, junger Herr, ich wäre schrecklich interessiert an ihrer Waffe, ich könnte Ihnen zum Ausgleich auch meinen Regenschirm anbieten.“ Sie spricht’s – und greift zu. Denn gegen die Worte einer Frau mit Fantasie muss selbst der härteste Weltraum-Soldat die Waffen strecken.