Oberhausen. Ein Mann aus Israel macht die Lahmen wieder gehend - und sorgt für eine NRW-Premiere: Argo Technologies stellt erstmals in Oberhausen eine neue High-Tech-Prothese vor. Ein sensationelles Erlebnis für Behinderte im Rollstuhl. Reaktion des Testers Andre van Rüschen: „Es ist einfach grandios“.
Andre van Rüschen kontrolliert noch mal, ob die Gurte auch fest an den Beinen anliegen. Ein kurzer Druck auf die Armbanduhr-große Steuerung und dann das sensationelle Erlebnis für den seit elf Jahren Gelähmten: Allein auf zwei Krücken gestützt geht er langsam, aber sicheren Schrittes durch den Raum. Kleine Motoren bewegen Beine und Füße. „Es ist einfach nur grandios“, sagt van Rüschen.
Modernste Technik macht es möglich. „ReWalk“ heißt das Produkt, das der israelische Ingenieur Amit Goffer entwickelt hat. Im Oberhausener Sanitätshaus Willecke stellte das Unternehmen Argo Medical Technologies die Technik jetzt erstmals in NRW vor.
Batterie reicht für vier Stunden
„Goffer ist selbst querschnittgelähmt. Er wollte, dass Rollstuhlfahrer wieder laufen können“, erklärt John Frijters, Europamanager von Argo. Seitlich an Hüfte, Knie- und Fußgelenken angesetzte Prothesen, die mit kleinen Motoren ausgestattet sind, sowie eine Batterie sorgen für Bewegung. Keine fünf Minuten hat van Rüschen gebraucht, um alles anzulegen.
Gelähmte können wieder alleine aufstehen, den einen vor den anderen Fuß setzen, sich nach links oder rechts fortbewegen, umkehren und sich wieder hinsetzen. Sogar Treppensteigen oder ins Auto ein- und wieder aussteigen ist möglich. Die 2,5 Kilo leichte Batterie, die man in einem Rucksack trägt, ist so stark, dass der Nutzer ununterbrochen vier Stunden gehen könnte. „Es reicht also für einen normalen Tag. Über Nacht muss sie nur an der Steckdose wieder aufgeladen werden“, sagt Frijters.
Bei Glatteis besser den Rollstuhl nutzen
Im Schnitt sind 40 Stunden Training erforderlich, damit man den „ReWalk“ sicher beherrscht. Dazu gehört auch die Anpassung auf Größe, Beinlänge und Gewicht seines Trägers, das Einstellen von Schrittlänge, Schrittfrequenz, sich mit der Steuerung vertraut zu machen. Die Geschwindigkeit liegt bei drei Stundenkilometern.
Neben vielen sozialen Pluspunkten – mehr Selbstständigkeit, die Begegnung mit „Fußgängern“ auf Augenhöhe – hat die Technik auch viele medizinische Vorteile: Das Gehen wirkt sich positiv auf Herz und Kreislauf aus. Rückenschmerzen, die viele Rollstuhlfahrer quälen, nehmen spürbar ab. Den Katheter, den er die letzten Jahre benutzen musste, kann van Rüschen inzwischen vergessen. „Die Antibiotika konnte ich auch absetzen.“
Die Grenzen des „ReWalk“ sollen aber nicht unerwähnt bleiben. Frijters: „Bei Glatteis ist der Rollstuhl sicherer, er eignet sich auch besser, wenn man geschwind eine längere Strecke zurücklegen möchte.“ Andre van Rüschen hat inzwischen das Sanitätshaus verlassen und steht im Hof. Die Sonne scheint. Er lächelt zufrieden.