Oberhausen. . Das neue Amok-Warnsystem, das alle weiterführenden Schulen in Oberhausen erhalten sollen, wurde jetzt offiziell vorgestellt.
Die Lehrerin greift zum Handy. Die Nummer, die sie wählt, kennt sie nicht. Vor Wochen ist sie auf einer Kurzwahltaste eingespeichert worden, für Notfälle wie diesen. Am anderen Ende der Leitung wird niemand abnehmen, das weiß die Frau. Ein Computerprogramm wird ihren Hilferuf aber erfassen. In weniger als einer Minute sendet er diese so wichtige Nachricht aus: Amoklauf-Warnung an der Schule.
Im schlimmsten anzunehmenden Fall soll es ein einzelner Tastendruck auf dem Handy sein, der Leben retten könnte: An allen weiterführenden Schulen wird in den kommenden Monaten ein neues Warnsystem in Betrieb genommen, mit dem im Fall eines Amoklaufs in kürzester Zeit eine ganze Schule, umliegende Einrichtungen, die Polizei und auch Verantwortliche im Rathaus alarmiert werden.
Das Besondere: Das komplette System basiert auf der Technik, die bereits in den Schulen vorhanden ist. Teure neue Alarmsysteme müssen nicht angeschafft werden, große Umbauarbeiten sind nicht notwendig. Zentral sind stattdessen die Telefone und Computer in der Schule und die privaten Mobiltelefone der Lehrer.
Aufmerksamkeit verebbt schnell
„Mit seinem Handy kann jeder umgehen“, ist sich Gerd Velser sicher. „Jedes andere Gerät müsste man erst einmal erlernen, das eigene Handy nicht.“ Velser leitet die Firma, die das von der Polizei gelobte Warnsystem „Avverti“ für die Oberhausener Schulen entwickelt hat. „Velser Bürokommunikation“ sitzt seit 2009 im Biefanger Gewerbegebiet Erlengrund, die Firma ist ein Familienbetrieb mit zehn Beschäftigten. Sie besuchte nun die SPD im Rahmen des „Sommerschul“-Programms der Partei.
Gerd Velser lacht viel bei diesem Besuch. Das lockert die Stimmung, denn das Thema bedrückt. „Wenn etwas Schlimmes passiert, wird viel über die Sicherheit an Schulen geredet“, sagt Dirk Vöpel, SPD-Bundestagskandidat. Die Aufmerksamkeit verebbe oft schnell. „Nicht bei uns.“
Ein Jahr hat Velser das System entwickelt und es unter Begleitung der Polizei an der Gesamtschule Alt-Oberhausen als Testschule eingerichtet. Die Polizeibeamten loben die Schnelligkeit, mit der sofort alle Verantwortlichen gewarnt werden.
Lehrer sollen geschult werden
Um alle Schulen mit dem Warnsystem „Avverti“ auszustatten, besuchen die Experten von Velser jede Einrichtung, sie nehmen jedes Telefon und jeden Computer in eine Liste auf, schauen, wo doch zusätzliche Warnhupen und –licht installiert werden müssen. Mit allen Daten wird ein Server gefüttert, den die Stadt über eine ihrer Töchter gekauft hat. Nur eine Woche dauere es, bis das System aktiviert werden kann.
Es erkennt im Notfall, wer von welcher Schule eine Warnung meldet, und weiß, wen es zu informieren hat. Regelmäßig hält es Lehrkräfte auf dem Laufenden, was vor der Klassentür passiert. Lehrer sollen in dem System künftig geschult werden. „Wir empfehlen regelmäßige Schulungen und Probeläufe“, heißt es vom Schulamt, aber ohne Schüler.
Technische Details zum Computerprogramm will Gerd Velser nicht öffentlich erläutert wissen, auch über den Anschaffungspreis schweigt die Stadt, günstig sei es aber. Eins machen beide Seiten klar: Jeder Alarm wird von der Polizei geprüft, und sie ist es, die Entwarnung gibt, kein Computer.