Oberhausen.

Zwei Monate lang tauchte Karin Kettling in die Fremde ein, jetzt ist sie zurück in Eisenheim. Rechtzeitig, um bei der Wiederaufnahme von „Emilia Galotti“ als kreischende Mutter auf der Bühne zu stehen. In Burkina Faso in Westafrika gestaltete sie innovative Theater-Festivalkultur mit, die ihresgleichen sucht. Sie ist experimentell, kommunikativ, engagiert, mit Akteuren, die voneinander lernen und die Zuschauer am Entstehungsprozess der Stücke, die aufgeführt werden, teilhaben lassen.

Bühne unter freiem Himmel

„Les Recreatales“ heißt das Festival, das bereits zum siebten Mal in der Stadt Ouagadougou vorwiegend in Hinterhöfen und auf Plätzen in dem „Land der aufrechten Menschen“ stattfand. „Zur Eröffnung des Festivals waren die Straßen toll dekoriert. Es gab eine Parade mit Tänzern, Masken, Kunstreitern, Trommlern und Militärkapelle“, erzählt Kettling. Es spielten Gruppen aus Zaire, dem Kongo, Südafrika literarische, musikalische, politische, sehr ambitionierte und auch sehr einfache, poetische Stücke, die alle in den Wochen zuvor entstanden waren.

Karin Kettling war die weiße Frau in der deutsch-afrikanischen Koproduktion „Ombre d’espoir“ (Schatten der Hoffnung), inszeniert von Dani Kouyatè, einem Film- und Theaterregisseur, der seine Ausbildung in Ouagadougou begann und in Paris fortsetzte. Wie kamen er und Karin Kettling zusammen? „Über meine Agentur. Gesucht wurde jemand, der Französisch sprechen kann und verrückt genug ist, sich spontan auf Afrika einzulassen.“

Schatten der Hoffnung

Nach kurzer Eingewöhnungszeit begannen die Proben von „Schatten der Hoffnung“ zunächst in einem lauschigen Hinterhof, wurden aber bald in ein aus Lehm gebautes Theaterhaus verlegt, mit Bühne unter freiem Himmel. Kettling: „Das war notwendig wegen des Bühnenbilds und der Lichttechnik.“ Geprobt wurde täglich von acht bis 12 und 16 bis 20 Uhr. Als „sehr offen, geduldig und einfühlsam“ beschreibt Karin Kettling Koujaté, als jemanden, der den Schauspieler seine Wertschätzung spüren lasse, was zur Offenheit für Kritik beitrage. „Das afrikanische Französisch verlangte meine volle Konzentration.“

Das Besondere: Alle am Festival Beteiligten fühlten sich als Gemeinschaft. Gleich zu Beginn der Proben-Arbeit gab es morgens ein gemeinsames Körpertraining und einen Impro-Abend, bei dem jeder etwas vorführte. Es folgten die Rotation in der Mitte der Probenzeit, bei der man sich gegenseitig die Stücke zeigte und ein öffentliches Fest mit Kostproben aus allen Inszenierungen. Alle besuchten alle Generalproben und machten zusammen einen Ausflug zu Schlingensiefs Operndorf. Ob eine solche Festival-Kultur wohl Nachahmung findet? Karin Kettling ist davon überzeugt, dass es sich lohnte, sie hier einmal auszuprobieren.