Oberhausen. . Wenn, wie zuletzt eine 80-Jährige in Wuppertal, ältere Fahrer die Kontrolle über ihr Auto verlieren, ist das mediale Echo stets groß. Auch die Verkehrswacht nimmt diese Problematik jetzt ernst - und fordert eine regelmäßige Augenprüfung.

Eine 80-Jährige verliert die Kontrolle über ihr Auto. Der Wagen fährt über den Bürgersteig, knallt gegen eine Hauswand, verletzt zwölf Fußgänger, bis er schließlich gegen ein anderes Auto prallt. So geschehen Anfang September in Wuppertal. Das mediale Echo ist groß, überregionale Blätter berichten. Teile der Politik sind alarmiert, die NRW-Grünen fordern eine regelmäßige Prüfung der Fahrtüchtigkeit von Senioren ab dem 80. Lebensjahr. Die Verkehrswacht hält das für übertrieben, fordert nun aber, eine verpflichtende Augenüberprüfung ab 70 Jahren einmal im Jahr einzuführen.

Ein Blick auf die Unfallstatistik zeigt auf den ersten Blick, dass Senioren am Steuer offenbar besser sind als ihr Ruf. Obwohl fast jeder Fünfte über 65 ist, ist diese Gruppe nur mit 14 Prozent an Unfällen mit Personenschäden beteiligt. Die Senioren liegen damit deutlich hinter anderen Altersgruppen, zum Beispiel die der jungen Fahrer bis 24.

Weniger Kilometer im Jahr

Dennoch glaubt Dieter Elsenrath-Junghans, Vorsitzender der Verkehrswacht Oberhausen, nicht, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Denn der statistische Vergleich hat einen sehr entscheidenden Makel: Er berücksichtigt nicht, dass ältere Menschen in aller Regel deutlich weniger Strecke im Jahr machen. „Fahrleistungen von 3000 Kilometern sind in keine Seltenheit.“ Und: Im Alter lässt das Seh- und Reaktionsvermögen im Allgemeinen nach.

Die Verkehrswacht fordert denn auch einen regelmäßigen Sehtest für Autofahrer ab 70 – am besten einmal im Jahr. „Ich bin auch relativ sicher, dass bald ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird.“ Auf der anderen Seite fahren Ältere in der Regel vorsichtiger, meiden widrige Straßenverhältnisse, halten sich an Tempobegrenzungen. „Voraussetzung ist jedoch eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten.“

Weil unsere Gesellschaft aber zunehmend älter wird, fordert Elsenrath-Junghans neue Konzepte, wie ein Höchstmaß an Mobilität für ältere Menschen geschaffen und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer erhöht werden kann. Prävention spielt dabei eine zentrale Rolle. Elsenrath-Junghans setzt auf Unterstützung der Hausärzte. Altersbedingte körperliche und/oder geistige Defizite könnten diese rechtzeitig erkennen und frühzeitig Maßnahmen einleiten, um die Mobilität zu verlängern. „Ideal dafür wären verkehrsmedizinisch gebildete Ärzte.“ Der Gesundheitscheck oder auch ein Sicherheitstraining seien Angebote, die ältere Fahrer wahrnehmen sollten, appelliert Elsenrath-Junghans.

Apropos Fahrer: Ihm ist aufgefallen, dass deutlich weniger Senioren als Seniorinnen an Seh-, Fahreignungstests oder anderen Aktionen der Verkehrswacht teilnehmen. Männer haben anscheinend einen größeren Bammel davor, womöglich gesagt zu bekommen, dass sie Defizite haben. „Frauen haben da deutlich weniger Probleme.“

Auch 80-Jährige können noch voll verkehrstüchtig sein

Zu einer Differenzierung rät der Verkehrsmediziner und Hausarzt Dr. Wolfgang Seeliger. Aus seinem Praxisalltag weiß er, dass es „80-Jährige gibt, die voll verkehrstüchtig sind, und deutlich Jüngere, die Schwierigkeiten haben.“

Problematisch sei die Selbsteinschätzung, wie fit man noch ist. Über 70-Jährigen rät er, sich alle ein, zwei Jahre gründlich vom Hausarzt untersuchen zu lassen, mit Seh- und Zuckertest sowie Blutdruckmessung. Aus vielen Gesprächen mit älteren Patienten weiß er, wie vorsichtig man mit dem Thema umgehen muss: „Der Führerschein ist zum einen Selbstbestätigung, zum anderen bedeutet er Lebensqualität.“ Vor allem Männer wichen gerne aus, wenn es um de Frage gehe, ob denn die Fahrtüchtigkeit womöglich eingeschränkt sei.