Wie ein Christ und eine Muslimin ihre Liebe fanden und nun heiraten
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Oberhausen.. Der Christ Tim Schulte-Ortbeck und die Muslimin Songül Demir werden am 21. Juli in einer katholischen Kirche heiraten. Die beiden erzählen, wie sie ein Paar wurden und wie viele Gemeinsamkeiten es bei ihnen trotz der unterschiedlichen Kulturkreise gibt.
Als Tim Schulte-Ortbeck (34) plötzlich eine türkisch-stämmige Freundin hatte, fragte er sie zunächst besorgt: „Hast du Brüder?“ Auch die erste Frage seines besten Freundes war: „Hat sie Brüder?“ Beide Männer konnten aufatmen. Songül Demir (30) erzählt lachend: „Ich habe fünf Geschwister, aber nur Schwestern.“ Nachdenklich fügt sie hinzu: „Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte ich Brüder gehabt.“
Vor neun Jahren lernten sich der Christ und die Muslimin kennen. Am 21. Juli werden sie in der St.-Antonius-Kirche in Alstaden vom Sterkrader Propst Hans-Thomas Patek getraut. Die Geschichte des Paares ist eine, die zeigt, so unterschiedlich die kulturellen Wurzeln zweier Menschen auch sein mögen, es gibt immer Gemeinsamkeiten und Wege zueinander.
Freie Wahl beim Glauben
Getroffen haben sich die Beiden zum ersten Mal in einer Disko. Sie waren damals jeweils mit Freunden und Freundinnen unterwegs. Und Songül Demir erzählt, wie dankbar sie ihren Eltern ist, dass für sie immer das Wohl der Kinder im Vordergrund stand, das „Hauptsache, du bist glücklich“.
So hatte sie schon als Schülerin an der Gesamtschule Osterfeld Freiheiten - durfte etwa an Klassenfahrten teilnehmen, was anderen muslimischen Mädchen verboten wurde. Die Verlagskauffrau sagt: „Unsere Eltern haben uns auch, was den Glauben angeht, freie Wahl gelassen.“ Deshalb entschied sie sich für den katholischen Religionsunterricht. "Das fand ich einfach spannender."
Große Familien
Obwohl Songül Demir, wenn nun auch nicht "super religiös", doch mit türkischen Traditionen aufwuchs, während Tim Schulte-Ortbeck - als Messdiener, Pfadfinder und auch mal als Pfarrgemeinderatsmitglied in St. Bernardus - einen christlichen Hintergrund hat, finden sich bei dem Paar viele Gemeinsamkeiten. „Wir sind beide in Oberhausen geboren worden und aufgewachsen“, erzählen sie. Beide stammen aus großen Familien. Auch Tim Schulte-Ortbeck hat noch drei Geschwister. „Familie ist uns wichtig“, sagt er. Songül Demir schätzt: „Sonst wäre einer von uns vielleicht überfordert gewesen, allein schon, weil mindestens einmal im Monat eine Familienfeier ist.“
Trau Dich
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Was für ein Dorf die Großstadt Oberhausen doch ist, beweist einmal mehr die Geschichte des Paares. „Mein Vater wuchs im Nachbarhaus von Songüls Eltern auf“, erzählt Tim Schulte-Ortbeck. Songüls Vater habe seinen Opa gekannt. Als kleiner Junge war Tim Schulte-Ortbeck oft bei seinen Großeltern. Songül Demir wohnte direkt nebenan. Damals wussten die beiden dennoch nichts von der Existenz des jeweils anderen.
Beim ersten Familienbesuch waren alle nervös
Aber diese räumliche Nähe der Familien war der Eisbrecher beim ersten Besuch Tim Schulte-Ortbecks bei Songül Demirs Eltern. Da waren alle Beteiligten schrecklich nervös. „Es war schon klar, dass es was Ernstes ist und wir zusammen ziehen wollen“, erzählt die 30-Jährige. Einfach mal so einen Freund vorstellen, das ginge bei ihnen nicht. „So locker wie bei Deutschen ist das bei uns nicht.“
Was es ihr aber leichter machte, einen deutschen Ehemann in spe ins Haus zu bringen: „Zwei meiner Schwestern haben bereits einen deutschen Partner.“ Bei der ersten Tochter sei das für die Eltern noch ungewohnt gewesen.
Mittlerweile ist es für die Familien der Beiden völlig normal, dass sie zusammen sind und heiraten. Tim Schulte-Ortbeck erzählt: „Es hatte für mich als Lehrer sogar schon Vorteile, mit Songül zusammen zu sein.“ So könne er die türkischen Schülerinnen besser verstehen, wenn sie Probleme mit der Schule hätten. Songül Demir: „Die Mädchen sind im Haushalt stark eingebunden, kochen, putzen, waschen.“ Da sei es kein Wunder, wenn zum Lernen keine Zeit bliebe.
„Man muss dann mit den Eltern reden“, sagt Tim Schulte-Ortbeck. Er hatte auch schon mit Vorurteilen von der anderen Seite zu kämpfen. „Einmal glaubte ein Schüler, ich hätte ihm bloß wegen seines Migrationshintergrundes eine schlechte Note gegeben“, erzählt er. Als der Schüler erfuhr, dass sein Lehrer selbst mit einer Frau mit Migrationshintergrund zusammen ist, verstummten die Vorwürfe.
Antrag beim Bistum
Als der Christ Tim Schulte-Ortbeck und die Muslimin Songül Demir überlegt hatten, kirchlich zu heiraten, wussten sie nicht, ob das überhaupt geht. „Die Frage war, wie wir das in Erfahrung bringen können“, sagt Tim Schulte-Ortbeck. Ihm fiel dann ein: „Mein früherer Kaplan in St. Bernardus ist doch jetzt Propst in St. Clemens. Tim Schulte-Ortbeck rief Propst Hans-Thomas Patek an. Der lud die Beiden zu sich ein. „Wir haben uns lange unterhalten“, sagen sie. Er habe ihnen dann gesagt, sie könnten kirchlich heiraten. Es müsse nur beim Bistum beantragt werden. „Wir mussten allerdings in dem Antrag unterschreiben, dass wir unsere Kinder im christlichen Glauben erziehen werden“, sagt Songül Demir. Hans-Thomas Patek wird das Paar jetzt auch trauen.
Gefeiert wird im Zentrum Altenberg mit 70 Leuten. Nicht mit Hunderten Gästen wie sonst oft bei türkischen Hochzeiten. „Aber es gibt bei der Feier doch auch türkische Elemente,“, sagt Songül Demir. Türkische Musik und Tanz und nach dem Buffet eines deutschen Caterers statt Kaffee und Kuchen türkische Süßigkeiten.
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