Oberhausen. Was sagt man eigentlich in Oberhausens sächsischer Partnerstadt Freital zur Forderung nach einem Ende des Soli Ost?

Es wird scharf geschossen in der neuerlichen Diskussion über den Solidarpakt Ost. Von einem „perversen System“ sprach der Dortmunder Oberbürgermeister, der Boulevard verkündet die vermeintlich furchtbare „Wahrheit über den Soli Ost“ und auch Oberhausens Stadtoberhaupt Klaus Wehling gibt zu bedenken, manche Kommune in den neuen Bundesländern wisse offenbar gar nicht mehr, wohin mit dem vielen schönen Fördergeld. Wie kommt das bei den Freunden im Osten an? Nachgefragt in Oberhausens sächsischer Partnerstadt Freital.

"Guter, positiver Eindruck"

Den Verantwortlichen im Freitaler Rathaus ist die heftige Kritik aus dem Westen durchaus sauer aufgestoßen. Oberbürgermeister Klaus Mättig bemüht sich allerdings um Gelassenheit, schließlich sei die Debatte vor allem den Neuwahlen in NRW geschuldet. „Wahlkampf ist immer ein schlechter Ratgeber“, sagt der CDU-Mann, der der Kreisstadt seit elf Jahren vorsitzt. Aus Missständen in einzelnen Ruhrgebietsstädten die Forderung nach einem Ende des Solidarpakts Ost abzuleiten, sei zu kurz gesprungen, sagt Mättig. „Da würden wir nach den vielen Jahren DDR noch ein zweites Mal bestraft.“ Die neuen Bundesländer seien auch weiterhin auf Unterstützung angewiesen. „Die Förderzahlungen sind für uns lebenswichtig, wir hängen immer noch am Tropf.“

Freital selbst geht es allerdings vergleichsweise gut, sagt Ines Mallek-Klein, Leiterin der örtlichen Lokalredaktion der Sächsischen Zeitung. Vor allem ein großes Stahlwerk sorge für ein gesundes Gewerbesteueraufkommen. Wer die Industriestadt besuche, erhalte einen „guten, positiven Eindruck“. Marode Ecken gebe es kaum. Das eingemeindete Pesterwitz im Speckgürtel Dresdens wartet sogar mit manch schmucker Villa auf. Überhaupt werde viel saniert, so Mallek-Klein.

"Licht und Schatten liegen nah beieinander"

Ein Wegbrechen der Mittel aus dem Westen würde Freital nicht aus der Bahn werfen, vermutet die Journalistin. „Es könnte aber wichtige Projekte verzögern, weil der Eigenanteil der Stadt steigen würde.“ So zum Beispiel beim derzeit geplanten neuen Gründerzentrum. 20 Millionen Euro soll es kosten, 90 Prozent davon werden aus verschiedenen Fördertöpfen finanziert.

Insgesamt sei der Osten aus dem Gröbsten aber nicht heraus, warnt wie Oberbürgermeister Mättig auch Beobachterin Mallek-Klein. „Licht und Schatten liegen hier nah beieinander.“ Schon im nur wenige Kilometer entfernten Ort Tharandt sehe die Welt ganz anders aus. Die Kleinstadt habe bei gut 5000 Einwohnern rund sieben Millionen Euro Schulden. „Dort werden nur noch die Pflichtaufgaben wahrgenommen.“ Weil Tharandt keine Freiflächen für Gewerbeansiedlungen habe, werde sich daran auf absehbare Zeit auch nichts ändern.

Ganz im Gegensatz zu Freital, wo man fleißig Konsolidierung betreibt. Klaus Mättig erzählt mit Stolz, dass er in elf Jahren Amtszeit noch keinen einzigen Kredit habe aufnehmen müssen. Die Pro-Kopf-Verschuldung liege bei rund 400 Euro. „Wir haben eben gut gewirtschaftet“, sagt der Mann aus der Baubranche, der auf weitere Unternehmensansiedlungen hofft. „Brachen aufkaufen, aufbereiten, vermarkten“ – das sei das Erfolgsrezept.

„Nicht auseinanderdividieren lassen“

Ohne die Hilfe aus dem Westen, betont Mättig immer wieder, wäre dieser Erfolg aber nicht möglich. „Wir haben die Hilfe nicht vergessen und sind dafür sehr dankbar.“ Jene Dankbarkeit für erhaltene Hilfe vermisse er mitunter bei Mitbürgern und Amtsträgern in den alten Bundesländern. „Ich würde mir wünschen, dass die westdeutschen Länder sich an den Marshall-Plan erinnern.“ Mättig appelliert an das Solidaritätsgefühl: „Wir sollten uns nicht auseinander dividieren lassen, das wäre dumm.“