Oberhausen.. Die ausufernde bundesweite Medien-Berichterstattung über den Streit um den Solibeitrag am Beispiel Oberhausens macht Unternehmer, Politiker und Verbandsvertreter nervös.

Ist Oberhausen wirklich so hässlich? Ist diese Stadt eine Ansammlung von grauen Gebäuden mit zersplitterten Fenstern und düsteren Hinterhöfen? Verelenden hier ganze Viertel? Besteht Oberhausen nur aus geschlossenen Hallenbädern, schimmeligen Schulen, verwahrlosten leeren Geschäften und hat nur mit einem Geländewagen zu befahrene Straßen?

Das überraschend große bundesweite Medienecho zum Streit um den Solidarbeitrag für den Osten, oft aufgezeigt am Beispiel der Stadt Oberhausen, hat nicht wenige Vertreter der heimischen Wirtschaft alarmiert. Wer hier lebt, weiß, wie verzerrt derzeit die Lebenswirklichkeit in den Medien dargestellt wird. In den Berichten im Internet, im Fernsehen oder in überregionalen Zeitungen taucht Oberhausen nur noch als „Krisenregion“, als „ärmste Stadt der Republik“, als Stadt mit „verelendenden Ortsteilen“ auf.

Größtes touristisches Zentrum in NRW

Bei einem Treff des „Business Partner Clubs“ im Technologiezentrum Umwelt (TZU) mit Kämmerer Apostolos Tsalastras äußerten Unternehmer und Verbandsvertreter deshalb ihre Sorge, dass an Oberhausen bundesweit ein nachhaltiges Negativ-Image hängen bleibt, das möglicherweise Investoren abschreckt. Dabei wurde auch das Verhalten der Stadtspitze im Umgang mit überregional arbeitenden Journalisten kritisiert. Hinter vorgehaltener Hand sagt einer: „Muss sich denn Tsalastras auch noch vor dem Gartendom mit all dem zersplitterten Glas ablichten lassen?“

Die kurze heftige Debatte eröffnete in der Runde der frühere Oberbürgermeister Burkhard Drescher: „Mich ärgert, dass man nun so tut, als ob Oberhausen das Armenhaus der Nation ist. Keiner sagt, dass wir das größte touristische Zentrum in NRW mit 25 Millionen Besuchern und über jährlich 400.000 Übernachtungen sind. Die Strategie der Stadt, uns als alte arme Lumpen darzustellen, halte ich für falsch, das verbaut uns die Chancen. Unsere Struktur ist hier viel besser als in so manch anderer Stadt im Ruhrgebiet.“

Hauptproblem: Wir haben kein Geld

Auch Axel Biermann, Geschäftsführer Ruhr Tourismus GmbH (RTG), befürchtet geschäftsschädigende Folgen für Oberhausen: „Die Berichterstattung ist derzeit negativ für die Stadt, weil die Bilder der trostlosen Ecken hängen bleiben können. Das ist durchaus eine Gefahr für Oberhausen, weil das Image einer Stadt für Unternehmen eine immer stärkere Rolle bei Investitionsentscheidungen spielt.“

Osterfelds Bürgermeister Karl-Heinz Pflugbeil merkte an: „Ich bin stolz auf diese Stadt, aber es werden genau die Stellen gezeigt, die man einem Gast nie zeigen würde. Das Hauptproblem ist doch, dass wir kein Geld haben. Düsseldorf hätte schon längst den Gartendom gekauft und was Schönes daraus gemacht - und die eine Million Sanierungskosten für unsere Eislaufhalle im Revierpark können wir auch nicht aufbringen.“

Strukturelle Finanznot

Oberhausen ist für Journalisten so attraktiv, weil sie die Stadt mit der bundesweit höchsten Pro-Kopf-Verschuldung ist. Der Medienansturm, den Kämmerer Apostolos Tsalastras wellenartig seit seinem Amtsantritt im Sommer 2011 erlebt, lässt die Stadtspitze oft ratlos zurück. „Wenn die zu uns kommen, haben die Journalisten ihre Idee für ihren Beitrag schon im Kopf, wollen die arme Stadt zeigen, daran kann man praktisch nicht mehr rütteln“, hat Tsalastras erfahren. „Ich habe den Kamerateams auch schöne Ecken gezeigt, wie etwa den Gasometer - nur im Fernsehbeitrag tauchten die Bilder dann nicht auf.“ Einen Vorteil sieht Tsalastras in der Negativ-Berichterstattung über Oberhausen dennoch: „Es ist zum ersten Mal bundesweit ein Bewusstsein für unsere Problemlage und unsere strukturelle Finanznot entstanden. Das muss man weiter am Kochen halten, damit sich etwas ändert.“

Auch Martin Jonetzko, stellv. Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbandsgruppe, hat sich außerhalb der Runde im TZU zum Thema geäußert: „Man muss die Probleme Oberhausens klar benennen, aber man darf die Stadt und den Wirtschaftsstandort dabei nicht schlecht reden. Das ist die Gratwanderung, die man im Interesse der Stadt hinkriegen muss. Oberhausen ist weder das Armenhaus der Bundesrepublik, noch dürfen wir die Probleme aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus verharmlosen. Am besten antwortet man all jenen, die Oberhausen schlecht reden, damit, dass man die Herausforderungen entschlossen anpackt. Zum Beispiel bei der Konsolidierung des städtischen Haushalts: Wir fordern eine engere Kooperation der Ruhrgebietsstädte, weil viele Verwaltungsaufgaben gemeinsam viel günstiger erledigt werden könnten. Hier muss Oberhausen im Ruhrgebiet endlich vorangehen.“