Duisburg. Ein Dorf scheint seine Unschuld verloren zu haben: 2011 wurde 24 Mal in Schmachtendorfer Wohnungen eingebrochen und 21 Autos geknackt – etwa vier Mal mehr als noch in den Jahren zuvor (wir berichteten). Das Sicherheitsgefühl ist schwer beschädigt, glaubt die Schmachtendorferin Susanne Müller: „Für viele Dorfbewohner, mit denen ich gesprochen habe, ist die Idylle vorbei.“
Ein Dorf scheint seine Unschuld verloren zu haben: 2011 wurde 24 Mal in Schmachtendorfer Wohnungen eingebrochen und 21 Autos geknackt – etwa vier Mal mehr als noch in den Jahren zuvor (wir berichteten). Das Sicherheitsgefühl ist schwer beschädigt, glaubt die Schmachtendorferin Susanne Müller: „Für viele Dorfbewohner, mit denen ich gesprochen habe, ist die Idylle vorbei.“
Sie selbst war ebenfalls Opfer eines Autoeinbruchs, ihr Sohn wurde vor Jahren zusammengeschlagen und beraubt: „Ich habe daher mein Verhalten völlig verändert“, sagt sie.
Mit ihrer Kritik hat Susanne Müller, die ebenfalls im Leserbeirat der WAZ ist, eine Diskussion im Dorf und in der Politik losgetreten. Und auch bei der Polizei. Die bot ein Gespräch an: „Schmachtendorf ist nicht die Innenstadt“, bezieht Polizeisprecher Johannes Paus im Zwiegespräch mit Müller Position und will die Debatte nicht stärker anheizen als notwendig. Denn: Auch die deutlich gestiegene Quote an Einbrüchen gehörte – statistisch gesehen – noch zur „normalen Kriminalität einer Stadt“, glaubt Paus.
Bochum und Essen schlimmer betroffen
Nur, dass diese nun im vermeintlich behüteten Dorf angekommen zu sein scheint. Unter den Städten über 200.000 Einwohner lag Oberhausen im Jahr 2010 bundesweit mit 21 280 Straftaten auf Platz 16 – das ist oberes Mittelfeld. Unter den Ruhrgebietsstädten liegen nur Gelsenkirchen (Platz 10), Essen (12) und Bochum (15) darüber. Darunter liegen Duisburg (18) und weit entfernt Dortmund (29).
Stadtteilrundgang Schmachtendorf
1/37
Auf rund jeden zehnten Einwohner kommt in Oberhausen eine Straftat, so der Bericht. Die Aufklärungsquote liege aber bei etwa 55 Prozent, wendet Paus ein, „wir stehen im Landesvergleich ganz gut da“. Ob das 2011 immer noch so ist? Eine aktuelle landesweite Kriminalitätsstatistik soll im März erscheinen.
Aufklärungsstatistik nur die halbe Wahrheit
Doch objektive Zahlen und subjektives Sicherheitsgefühl gehen nicht selten auseinander: „Selbst wenn 90 von 100 Straftaten aufgeklärt werden, fühle ich mich trotzdem nicht sicherer“, erwidert Susanne Müller. Dass die Aufklärungsstatistik nur die halbe Wahrheit erzählt, räumt auch der Polizeisprecher ein: Hinter drei angezeigten Delikten stehen sieben bis zehn Straftaten, die nicht angezeigt werden – „das ist nur eine Vermutung“, sagt Paus deutlich, allerdings eine, die auf seiner langjährigen Erfahrung beruht.
„Es gibt mehr Straftaten als in der Zeitung stehen“, kritisiert Müller, „vielleicht, weil man die Bevölkerung nicht beunruhigen will?“ Seit in ihrem familiären Umfeld ein Einbruch, ein Überfall passiert sind und Unbekannte mit Feuerwerkskörpern einen Brand verursachten, macht sie die Beobachtung: Jeder im Bekanntenkreis, viele, die sie beim Einkauf oder beim Tanken spricht, waren schon Opfer oder Zeuge einer Straftat.
Ob der Täter mal gefasst wurde oder mal nicht – für das weitere Leben von Susanne Müller brachten die Erlebnisse deutliche Einschränkungen mit sich: „Ich bin nicht mehr so unbedarft“, sagt sie. Ob sie eine Handtasche mitnimmt, überlegt sie sich zwei Mal. Darin ist dann nur noch, was sie unbedingt braucht. Was andere ganz normal immer bei sich führen – Mitgliedsausweis, die Karte für die Krankenkasse, Kreditkarte – stehen mit jedem Gang aus dem Haus auf dem Prüfstein.
Am Ende des Gesprächs zwischen Bürgerin und Polizei gibt es vielleicht keine Einigung, aber Versöhnung: „Mir persönlich hat es viel gebracht: Ich hatte vorher den Eindruck: Um die Täter kümmert man sich viel, um die Opfer kaum. Die Polizei hat mir gezeigt, dass sie sich doch für den Bürger interessiert.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.