Oberhausen.. In 70 Minuten von Bochum nach Oberhausen: Vor 150 Jahren fuhr der erste Zug auf der Bergisch-Märkischen Bahnstrecke. Nun fahren Historiker die Strecke erneut ab

Die Mütze und der alte Mantel mit den prächtigen Manschettenknöpfen lassen Harald Vogelsang auf den ersten Blick wie einen Kapitän aussehen. Doch eines passt nicht ins Bild: Die kleine goldene Schaffnerlampe, die dem zweiten Vorsitzenden des Steeler Archivs um den Hals baumelt, weist eindeutig auf einen Eisenbahner hin.

„Das soll ja alles möglichst authentisch aussehen, wenn wir mit der Bahn fahren“, schmunzelt Vogelsang. Mit der S-Bahn werden er und seine Kollegen vom Archiv in Essen am Donnerstag die Eisenbahnlinie Bochum-Steele-Essen-Mülheim-Oberhausen abfahren – auf den Tag genau 150 Jahre nach deren Einweihung. Die historischen Kostüme, in denen die sechs Geschichtsfans dann unterwegs sind, sind dabei nicht das einzige Besondere: „Wir werden zu fast genau der Uhrzeit, als der erste Zug vor 150 Jahren fuhr, diese Strecke abfahren“, erklärt Arnd Hepprich vom Steeler Archiv, „das wird ganz schön hart, bei der frühen Uhrzeit.“ Um 6.10 Uhr verließ der erste planmäßige Personenzug den Bahnhof Bochum am 1. März 1862 -- und damit begann eine Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält.

Eisenbahnlinie zwischen Bochum und Oberhausen

„Die Bergisch-Märkische Eisenbahnlinie zwischen Bochum und Oberhausen wurde zu einer der meistbefahrenen Strecken des Kontinents“, erzählt Harald Vogelsang von der Bedeutung der neuen Strecke, „und heute fahren dort die hoch frequentierten Fern- und Regionalbahnen.“ 70 Minuten brauchte die Bahn, um die Strecke zwischen Bochum und Oberhausen zurückzulegen – eine Sensation.

„Mit der Postkutsche war man damals einen ganzen Tag unterwegs und musste auch noch mehrmals umsteigen“, erklärt Manfred Dreihorst, der als pensionierter Eisenbahner der Experte im Team des Steeler Archivs ist. Fünf Züge pro Tag in jede Richtung ließen schon 1862 erahnen, wie groß das Verkehrsaufkommen auf und damit auch der Bedarf an der Verbindung zwischen Bochum und Oberhausen war. Für 13 Silbergroschen ging es in der Ersten Klasse nach Oberhausen, neun Groschen weniger zahlten Passagiere der Vierten Klasse.

Sonderblatt für die Eisenbahn

In einem „Sonder-Blatt“ haben die Mitglieder des Steeler Archivs versucht, die damalige Aufregung und den Enthusiasmus der Bürger angesichts dieses Fortschritts einzufangen. „Außerordentlich groß ist die Menge der Neugierigen, die fast bei jedem ankommenden Zuge sich einfinden“, liest es sich da auf der großformatigen Doppelseite. Historische Bilder der Bahnhöfe Bochum-Süd, Königssteele, Essen, Styrum und Oberhausen sowie Überschriften in Frakturschrift geben dem „Sonder-Blatt“ eine authentische historische Note. „Wir werden das Blatt am Donnerstag früh an interessierte Reisende verteilen“, verrät Harald Vogelsand.

Unterwegs und auch an den Zwischenstopps in Essen-Steele Ost (6.27 Uhr), Essen Hauptbahnhof (6.45 Uhr) und Mülheim-Styrum (7.08 Uhr) werden sie neugierige Fahrgäste über das historische Ereignis informieren. Um 7.23 Uhr kommen die Steeler am Oberhausener Hauptbahnhof an - ausgerüstet mit Schaffnerlampe, Uniform und angesichts der frühen Uhrzeit auch mit einer starken Tasse Kaffee.

Fahrten im Netz

Das Steeler Archiv plant mit dem Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen für den 23./24. Juni historische Sonderfahrten zwischen Bochum Hbf und Duisburg Hbf. Informationen zu den Fahrten mit einer alten Dampflok gibt es auf der Internetseite des Archivs: www.steeler-archiv.de.