Auf die Heide gebaut – Oberhausen vor 150 Jahren gegründet
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Oberhausen.
Böse Zungen behaupten ja, Oberhausen existiere nur, weil der hiesige Gleis-Knotenpunkt der Köln-Mindener Eisenbahn einen Namen brauchte. Freundlicher ausgedrückt und auch schon häufiger bemüht ist die Formulierung von Oberhausen als „Kind der Eisenbahn“. Richtig daran: Der 1847 eröffnete Bahnhof der Gleisstrecke, die bis zum Ruhrorter Hafen führte, bildete das Zentrum der neu entstehenden Gemeinde.
Denn vorher war hier: nichts. Also nicht viel, außer einem unfruchtbaren und kargen Boden, bewachsen mit Krüppelkiefern, auf dem Menschen aus den umliegenden Siedlungen Styrum, Dümpten, Alstaden, Lirich und Lippern ihr Vieh weideten oder Brennholz schlugen, so Historiker und Stadtkanzlei-Mitarbeiter Magnus Dellwig. 1758 war die St.-Antony-Hütte in Osterfeld, die Wiege der Eisenindustrie, gegründet worden, die Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade nahm 1782 ihren Betrieb auf - die Wurzeln des späteren Guthoffnungshütte-Konzerns (GHH), dessen Vorläufer wiederum die Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH) war. Wo heute die Straße Alte Walz in der Neuen Mitte ist, wurde ein Walzwerk der JHH errichtet und die Eigentümer „setzten sich massiv für den Bau der Eisenbahnlinie und des Bahnhofs hier ein“, sagt Magnus Dellwig. Die Folge: weitere Industriebetriebe siedelten sich an, die Zeche Concordia wurde abgeteuft.
Fotos zeigen 150 Jahre Oberhausen
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1852 habe es den ersten Versuch einer Gemeindegründung gegeben, denn „die Industriellen wollten es mit einer kooperativen und handlungsfähigen Verwaltung zu tun haben“, schildert Magnus Dellwig den Antrieb für die Gemeindewerdung.
Chaotische Verhältnisse
Dem zugrunde lagen auch chaotische Verhältnisse, entstanden durch viele zugewanderte Arbeiter, eine fehlende Infrastruktur aus Straßen, Kanalisation, Häusern, die die Unternehmer so zu beseitigen hofften bzw. schaffen wollten. Dennoch und obwohl der Landrat aus Duisburg das Vorhaben unterstützte, dauerte es noch rund zehn Jahre, bis die Gemeinde Oberhausen gebildet wurde.
Die Chroniken und Stadtgeschichtsbücher überliefern als Gründungstag den 1. Februar 1862, weil an diesem Tag der mit der Einrichtung der neuen Gemeinde beauftragte Kreissekretär Friedrich Schwartz als kommissarischer Bürgermeister von Oberhausen durch Landrat Kessler aus Duisburg in sein Amt eingeführt wurde.
Oberhausen aus der Vogelperspektive
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Schwartz, ein ehemaliger Offizier der preußischen Armee, selbstbewusst und ehrgeizig, ließ das 25-jährige Bestehen der Gemeinde denn auch am 1. und 2. Februar 1887 feiern, zusammen mit seinem silbernen Dienstjubiläum. Die Bürgermeisterei Oberhausen wurde aber bereits am 18. November 1861 gebildet, die Kabinettsorder dazu unterschrieb Preußenkönig Wilhelm an eben diesem Tag. Der sich nicht, siehe Schwartz, als Gründungsdatum etablierte.
Rasantes Wachstum zur Industriestadt
Ihren Namen leitete die neue Gemeinde vom Schloss Oberhausen ab: Der Herrensitz an gleicher Stelle in mittelalterlicher Zeit wurde „Averhus“ genannt - eine Bezeichnung, die sich aus der Lage am Fluss Emscher ergab. „Averhus“ wandelte sich zu Oberhausen. Im Jahr der Gründung 1862 gehörten rund 6000 Einwohner zur Gemeinde Oberhausen, doch die wuchs rasant, „zwölf Jahre später waren es schon 13 000“, so Magnus Dellwig. 1873 wird das erste Rathaus gebaut, neben dem heutigen. 1874 wird Oberhausen zur Stadt und am 1. April 1901 zur kreisfreien Stadt, als die 40 000-Einwohner-Marke überschritten ist. In diesen wenigen Jahrzehnten sind aus der Heide und den gestampften Feldwegen gepflasterte Straßen und Bürgersteige geworden, es gibt ein Gas- und Stromnetz, Schulen, eine funktionierende Verwaltung. Und um die Arbeiter besser zur Arbeit zu bringen, wird 1897 sogar „das erste kommunale Straßenbahnunternehmen gegründet, die erste Strecke eröffnet“, so Dellwig.
Die Geschichtsforschung unterschiedet drei Siedlungstypen im Ruhrgebiet: Die alten Hellwegstädte wie Duisburg, Bochum, Essen, Dortmund, die auch schon im Mittelalter existierten. Die Industriedörfer wie Borbeck oder Altenessen, die später in den großen Städten aufgingen. Oder die Industriestädte wie Oberhausen, entstanden ohne Vorläufer und ohne eigentlichen Stadtkern, aber dafür mit einem großen Wachstumspotenzial.
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