Oberhausen. .
Im Centro gingen die Lichter aus, gleich mehrere Ampelanlagen in Oberhausen-Süd und -Mitte machten schlapp und auch das Heizkörper-Vorschaltgerät von Bernd Wewel kam aus dem Rhythmus. Früher galt der Strom als so sicher wie das Amen in der Kirche, doch in letzter Zeit scheinen sich Stromausfälle zu häufen. Woran liegt’s?
„Alles halb so wild“, meint Birgit Konopatzki. Zahlen für 2011 liegen zwar noch nicht vor, doch die EVO-Sprecherin ist sich sicher: „Die werden so ähnlich sein wie in 2010 und da zählten wir in Oberhausen insgesamt 333 Versorgungsunterbrechungen.“
Kein Grund zur Besorgnis
Einen Grund zur Besorgnis gebe es nicht. „Denn allein 227 waren von der EVO geplante Unterbrechungen, die im Zuge von Netzerneuerungen nötig waren“, erläutert Konopatzki. Über solche Ausfälle würden die Kunden stets rechtzeitig informiert.
Die unter der Erde verlegten Leitungen seien teils über 30 Jahre alt. „Die erneuern wir regelmäßig, allerdings ist nicht alles vorhersehbar - an den Verbindungsstellen kann es deshalb auch zu ungeplanten Störungen kommen.“
Quote von 99,997 Prozent
Weitere Gründe für Stromausfälle: „Beschädigungen durch Dritte“. Soll heißen? „Bei Tiefbauarbeiten hat der ein oder andere Bagger schon einmal ein Stromkabel erwischt.“ Zu Schwankungen im Netz komme es außerdem, weil von Firmen betriebene eigene Trafostationen Feuchtigkeit gezogen hätten oder verschmutzt waren.
Seit 2011 werde die Verfügbarkeit der Netze bundesweit bewertet. Ergebnis für das EVO-Netz: „Wir erreichten eine Quote von 99,997 Prozent“, betont Konopatzki. Da die Infrastruktur des Oberhausener Stromnetzes hervorragend sei, könne bei Stromausfällen rasch umgeschaltet werden. „Eine Wiederversorgung nach wenigen Minuten ist so meist möglich.“
Höchstens 5000 Euro
Bernd Wewel ist damit natürlich noch nicht geholfen. Der 73-Jährige musste einen Installateur einschalten und fragte bei seinem Stromlieferanten EVO nach: „Wer trägt die Kosten?“ Dort habe er aber nur erfahren, dass die Störung im übergeordneten Netz von RWE Rhein-Ruhr entstanden sei und er sich an die Zentrale in Wesel wenden solle.
Birgit Konopatzki bestätigt: „Das ist richtig.“ EVO-Netz betreibe in Oberhausen nur ein Mittelspannungsnetz und ein Niederspannungsnetz. „Verantwortlich für das vorgelagerte Hochspannungsnetz ist RWE.“ Die EVO sei nur dazu verpflichtet, für „grob fahrlässige Vermögensschäden zu haften, die im eigenen Netz entstanden sind“. Dabei sei die Schadenshöhe auf 5000 Euro begrenzt. Die genaue Anzahl der bei der EVO gemeldeten Schadensfälle konnte Birgit Konopatzki nicht benennen.
„Wir verweisen in jedem Fall an den Verursacher weiter."
Immerhin: „Wir verweisen in jedem Fall an den Verursacher weiter.“ RWE verfüge über eine Schadensabteilung, die nach dem gleichen Prinzip arbeite. Wer etwa nach einem Stromausfall wie vor wenigen Tagen im Centro (ein Schiff hatte auf dem Rhein-Herne-Kanal ein Starkstromkabel von RWE abgerissen) einen Schaden geltend machen muss, erhält dort auch die Anschrift des Schiffsbetreibers.
Das deutsche Stromnetz ist insgesamt etwa 1,78 Millionen Kilometer lang. Diese Strecke verteilt sich auf vier Netz-Ebenen, die sich durch eine unterschiedliche Spannungshöhe unterscheiden. Die Übertragung der Leistung über diese Spannungsebenen hinweg erfolgt über Transformatoren in Umspannanlagen.
Unterschiedliche Spannungshöhen
Auf der Ebene des Höchstspannungsnetzes wird die Leistung mit 220 kV (Kilovolt = 220 000 Volt) oder 380 kV transportiert. Birgit Konopatzki: „Man spricht hier auch vom Übertragungsnetz. In diesem Bereich sind deutschlandweit nur vier Unternehmen tätig.“ Die Spannungsebene darunter ist das Hochspannungsnetz (60 bis 150 kV). „Ab der Mittelspannungsebene spricht man von einem Verteilnetz — hier beträgt die Spannungshöhe 1 bis 30 kV“, so die EVO-Sprecherin. Betreiber solcher Netze werden Verteilnetzbetreiber genannt.
Es folgt die Ebene des Niederspannungsnetzes. „Es wird auch letzte Meile genannt und ist der Zugang zu den Anschlussnutzern in den einzelnen Gebäuden“, erläutert Konopatzki. Die Spannungshöhe liege hier bei 230 oder 400 V.
Verteilnetz mit einer Länge von 1670 Kilometern
Die EVO-Energie-Netz GmbH betreibt in Oberhausen ein Verteilnetz mit einer Länge von 1670 Kilometern. Dabei wird ein Mittelspannungsnetz mit 10 kV bzw. 25 kV und ein Niederspannungsnetz betrieben.
In den Statistiken zur Versorgungssicherheit liege Deutschland auf dem ersten Platz, betont Konopatzki. „Durchschnittlich beträgt die Ausfallzeit pro Haushalt lediglich 15 Minuten pro Jahr.“ Einrichtungen mit sensiblen Bereichen — wie bei einem Krankenhaus etwa die Intensivstation — verfügen oft über ein Notstromaggregat, das sich bei einem Stromausfall automatisch einschaltet.