Oberhausen. Das Team des Stadtarchivs wird derzeit überrollt von ausgedienten Schulakten – und ist trotz der drangvollen Enge im Gebäude froh darüber

Manch einer würde Zustände kriegen, wenn beinahe täglich Dutzende von Kartons mit alten Schulakten angeliefert würden. Ganz anders Stadtarchivleiter Otto Dickau.

Obwohl die Räumlichkeiten an der Tackenbergstraße schon längst aus allen Nähten platzen und es fast keinen Raum mehr gibt, der nicht bis fast unter die Decke zugestellt ist mit fein säuberlich beschrifteten Umzugskisten voller Klassenbücher, Klassenlisten, Zeugnisse, Chroniken und Co: „Gut, wenn das alles zu uns kommt. Wie nötig das ist, erleben wir hier jede Woche mindestens zwei bis drei Mal – etwa, wenn jemand kommt, der alte Entlass-Zeugnisse als Nachweise für die Rentenversicherung braucht.“

Chroniken auf Flohmärkten

Wenn dann die Schule nicht mehr existiert, wird’s schwierig – es sei denn, die Akten wurden, wie vorgesehen, ans Stadtarchiv abgegeben und dort eingelagert. Manch einem konnte so schon geholfen werden. Geschätzte 500 laufende Meter Akten von Grund- und Hauptschulen geben so einiges her.

Und die momentane Diskussion über die Schließung von Schulen scheint die Abgabe von alten Akten zu befördern: Ungewöhnlich viele Kartons landen in den vergangenen Wochen im Stadtarchiv.

Otto Dickau ist froh darüber, dass sich die meisten Schulleiter ihrer Verantwortung in dieser Hinsicht bewusst sind. Die Fälle, in denen Schulleiter nach ihrer Pensionierung die Schulchroniken mit nach Hause genommen haben und diese dann spätestens von deren Kindern weggeworfen wurden oder irgendwann auf Flohmärkten auftauchten, scheinen weitgehend vorbei.

Einfach blättern kann man nicht

Was auch gut ist, denn es sind nicht nur die persönlichen Dokumente wie Zeugnisse, die im Stadtarchiv nachgefragt werden: „Es gibt immer wieder Studenten, die zum Thema Schule forschen, oder Historische Vereine, die sich für bestimmte Themen interessieren – für die Geschichte der Schulen in ihrem Stadtteil etwa oder dafür, welcher Lehrstoff und welche Fächer in der Nachkriegszeit unterrichtet wurden“, erzählt Dickau, der froh ist, solche Forschungsprojekte dann unterstützen zu können.

Die ältesten Schulakten im Archiv gehen bis auf die Gründung der ersten Schulen in Oberhausen Mitte des 19. Jahrhunderts zurück: Damit sie nicht zerbröseln, werden diese Schätzchen lichtgeschützt bei konstant 50 bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit im Magazin aufbewahrt, damit sie auch für die nächste und übernächste Generation erhalten bleiben. Dass der Stadtarchivnutzer darin nicht selbst blättern kann, liegt auf der Hand.

Einfach blättern kann man selbstverständlich auch nicht in Dokumenten wie Zeugnissen oder Klassenbüchern: Einfach mal gucken, ob Onkel Herbert wirklich so ein Überflieger war, wie er immer behauptet, ist also nicht drin: Die Mitarbeiter des Archivs tragen Sorge dafür, dass der Datenschutz gewahrt ist.