Oberhausen. . Bei Missbrauch schneller reagieren: In Oberhausen wollen Schulen und Jugendamt eine Kooperationsvereinbarung unterschreiben. Lehrer bekommen dann einen Leitfaden in die Hand, mit dem sie Verhaltensauffälligkeiten ihrer Schüler analysieren können.

Manchmal lugt ein blauer Fleck unter Martins T-Shirt hervor. Dünn ist er geworden, spricht kaum noch und spielt nicht mehr so gerne mit den anderen Kindern auf dem Schulhof. Seine Lehrer sind besorgt - aber ist das Grund genug, das Jugendamt einzuschalten?

Lehrer bekommen Leitfaden in die Hand

Hilfe bei dieser Entscheidung finden Oberhausener Pädagogen künftig zwischen den 16 Seiten einer sogenannten „Kooperationsvereinbarung“, die noch in diesem Jahr von allen Grund-, Förder- und weiterführenden Schulen sowie dem hiesigen Jugendamt unterschrieben werden soll. Eine Art Leitfaden bekommen die Lehrer damit an die Hand, mit dem sie künftig schneller erkennen sollen, ob das Wohl eines Schülers gefährdet sein könnte, inwieweit die Schulleitung selbst etwas zum Schutz eines Kindes unternehmen kann und wann es Zeit ist, das Jugendamt zur Hilfe zu holen.

Lehrer wollen niemanden vorschnell oder falsch verdächtigen

Denn Lehrer würden oft zu lange zögern, eh sie die Kinderschutzfachkräfte der Stadt über ihren Verdacht informieren, sagt Kommissarin Ute Craemer vom Präventiven Rat Oberhausen. Craemer sitzt im Jugendhilfeausschuss der Stadt Oberhausen und hat die „Kooperationsvereinbarung“ in einem Arbeitskreis miterarbeitet. „Lehrer wollen niemanden vorschnell oder falsch verdächtigen. Sie versuchen, die Situation erst einmal intern zu regeln.“ Dieses zögerliche Verhalten führe allerdings allzu oft dazu, dass Kinder und Jugendliche noch häufiger Opfer von Gewalttaten werden. „Mit dem Vertrag wird die Hilfe beschleunigt und die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Jugendamt konkretisiert.“

Im Verdachtsfall haben die Lehrer nun einen Kriterienkatalog vorliegen, mit dem sie Verhaltensauffälligkeiten ihrer Schüler analysieren und ihre Einschätzungen dokumentieren können. Isst ein Jugendlicher regelmäßig? Nimmt er am Sportunterricht teil? Oder hat er seit einiger Zeit Lese- oder Sprachprobleme? Jeder einzelne dieser Punkte mag nicht weiter auffällig sein - miteinander verbunden zeichnen sie ein beunruhigendes Bild.

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Vereinbarung liegt im September vor

Eltern sollen in diese Analyse einbezogen werden, soweit dadurch das Kindeswohl nicht weiter gefährdet wird. Sprich: Sind sie etwa mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert, vernachlässigen sie also nicht vorsätzlich, soll die Schule erste Hilfen vermitteln. „Entlasten, nicht belasten“, nennt Ute Craemer das.

Werden diese Hilfen nicht angenommen oder besteht die Gefahr, dass ein Elternteil sein Kind vorsätzlich verletzt, kommt das Jugendamt dazu. Pädagogen und Kinderschutzfachkräfte setzen sich dann regelmäßig an einen Tisch und entscheiden gemeinsam, wie sie am besten intervenieren können. Ist das Wohl eines Kindes allerdings akut gefährdet, ist das sofort Sache des Jugendamts.

In der Regel funktioniere diese Zusammenarbeit bereits, der Kooperationsvertrag konkretisiere sie lediglich, sagt Craemer. „Er gibt klare Handlungsvorgaben, nach denen sich Lehrer und Schulleitung richten.“ Dem Schulausschuss liegt die Vereinbarung im September zum Beschluss vor.