Oberhausen.. Die Initiative “Mittendrin“ betreut seit drei Jahren Eheleute und junge Mütter in Krisensituationen. Nun haben die vier Frauen eine Praxis in der Innenstadt gegründet - als Anlaufstelle für Menschen, die nicht mehr weiter wissen.

„Mittendrin“ heißt die erste Praxis in unserer Stadt, in der sich zwei Familienhebammen und zwei Sozialpädagoginnen der gemeinschaftlichen Familienhilfe verschrieben haben. In loser Kooperation betreuen sie bereits seit drei Jahren im Auftrag des Jugendamts Eheleute und zumeist junge Mütter, wenn u.a. aufgrund von Suchtproblemen, psychischen Erkrankungen oder häuslicher Gewalt das Wohl der Kinder als gefährdet gesehen wird. Nun haben die vier Frauen mit ihrer Praxis eine zentrale Anlaufstelle für Kunden und Auftraggeber: „Mittendrin“ ist mitten in der Innenstadt, an der Paul-Reusch-Straße 67.

Begonnen hat ihre Zusammenarbeit mit einem Anruf, der aus dem St.-Clemens-Hospital kam: Eine junge Mutter ohne Obdach, ein Vater, der sie geschlagen haben soll, dazwischen ein Säugling, dessen Wohl die Ärzte gefährdet sahen und deshalb das Jugendamt einschalteten.

Dieses bat Christa Stemmermann (48) um Hilfe, eine von nur drei Oberhausener Familienhebammen. Im Krankenzimmer kam auch Sozialpädagogin Marlies Ahmed (58) dazu: „Ich kümmerte mich darum, eine gute Beziehung zwischen Mutter und Kind aufzubauen und Marlies sorgte sich um Vermittlung zwischen den Partnern“, erinnert sich Stemmermann.

Hebamme bekommt den ersten Kontakt

Hebammen können werdende Mütter per Gesetz lediglich während der Schwangerschaft und bis zu acht Wochen nach der Kindsgeburt begleiten, Familienhebammen hingegen arbeiten bis zum ersten Geburtstag des Kindes mit einer Mutter. „Wir helfen in Problemfällen beim Aufbau der Mutter-Kind-Bindung“, erklärt Christina Sarbock-Pohl (38) ihren Job.

„Manchmal wissen die Mütter die einfachsten Dinge nicht, etwa dass sie mit ihrem Nachwuchs sprechen sollten“, ergänzt Stemmermann. Als Hebammen habe sie einen einfachen Zugang zu den Familien. „Unser Beruf ist positiv belegt“. Damit mache sie den Weg frei für die sozialpädagogische Familienhilfe, die dann über das erste Lebensjahr eines Kindes hinaus weiter mit den Familien arbeiten.

Gemeinsam mit dem Jugendamt und ggf. einem Dolmetscher - in einem Großteil der zu helfenden Familien werde, so Ahmed, Deutsch nicht als Muttersprache gesprochen - erstelle man einen Hilfeplan: Hebamme und Sozialpädagogin führen Gespräche mit den Eltern, begleiten sie u.a. bei Behördengängen und zum Kinderarzt, machen Schuldnerberatungen und geben Ernährungstipps.

„Die Nachfrage ist enorm gestiegen, nicht zuletzt, weil die Verarmung in dieser Stadt so zugenommen hat“, so Ahmed. „Viele Menschen sind isoliert, weniger mobil und sozial verängstigt. Sie wissen deshalb nichts von den sozialen Angeboten. Da helfen wir.“

Jugendamtsleiter: Praxis ist richtiger Schritt

Jugendamtsleiter Hans-Georg Poß lobt die Kombination von Familienhebamme und -hilfe: „Immer mehr junge Mütter sind nicht fähig, mit ihren Kindern fachgerecht umzugehen. Der Vorbereitungskurs in der Klinik reicht nicht aus.“ Familienhebammen seien deshalb sehr wichtig. „Und der Erfolg des Tandem-Angebots mit Sozialpädagogen zeigt, dass diese Gemeinschafspraxis ein richtiger Schritt ist.“

Zur Praxis gehören ein großes Konferenzzimmer mit rundem Tisch und ein Therapieraum, in dem Kinder beim Spielen oder Hausaufgabenmachen betreut werden. Geplant ist zudem, dort Treffen getrennt lebender Elternteile mit ihren Kindern möglich zu machen, soweit diese von einer Fachkraft begleitet werden müssen. Die junge Mutter aus dem St.-Clemens-Hospital haben Stemmermann und Ahmed übrigens mehr als ein Jahr lang betreut. Sie fanden für die Familie eine kleine Wohnung, haben ihr Bedingungen gestellt, unter denen die Mutter ihr Kind behalten und der Vater bei der Familie bleiben konnte. Jetzt gehe es allen Drei gut.

Die neuen Praxisräumen der gemeinschaftlichen Familienhilfe von Familienhebammen und Sozialpädagoginnen sind an der Paul-Reusch-Straße 67 zu finden. Zu erreichen sind die Frauen unter der Rufnummer 30 70 05 43 sowie per E-Mail: e-mail@initiative-mittendrin.de. Weitere Informationen zum Angebot gibt es unter www.initiative-mittendrin.de.