Oberhausen..

Ulrich Sander von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten - ist mit der neuen Konzeption der Gedenkhalle nicht einverstanden, die nach zweijähriger Umbauzeit Mitte Dezember 2010 wieder eröffnet worden war. Sander beschwört einen Konflikt herauf, in dem es - kurz zusammengefasst - um Emotionalität versus Rationalität geht.

Ihn stört besonders: „Die Erinnerung an den Arbeiterwiderstand wie an die Rolle der ökonomischen Eliten in Nazizeit und Krieg wurde aus dem Foyer und weitgehend auch aus der Ausstellung verbannt. Sie ist für das Heute nicht mehr ‘zeittypisch’“.

In diesem Zusammenhang moniert Sander auch dass ein Bilderzyklus’ des Oberhausener Künstlers Walter Kurowski, der all das umfassend festfestgehalten hatte, „in den Keller verbannt wurde“. Sander: „Im Mittelteil des jetzt aus der Gedenkhalle verschwundenen Wandbildes von Walter Kurowski waren die ehemaligen KPD- und KJVD-Mitglieder zu sehen, die zum Widerstand gehörten: Fritz Jahnke, Johann Grohnke, Willi Willig, Bruno Blank, Willi Bettinger und Hans Müller. Sie halten die VVN-Fahne in Händen. Daneben ein Bild der Sängerin Fasia Jansen, Überlebende des KZ Neuengamme.“

Entstehung des Faschismus dokumentiert

„Die alte Gestaltung der Ausstellung war sehr emotional“, sagt der Künstler Walter Kurowski selbst. Die damals noch lebenden aktiven Widerstandskämpfer aus Oberhausen hätten ihre Erlebnisse geschildert. Zudem sei die Entstehung des Faschismus dokumentiert worden. Kurowski missfällt an der neuen Ausstellungskonzeption: „Wie der Faschismus in Oberhausen entstanden ist, wird nur noch am Rande erwähnt.“

Clemens Heinrichs, der Leiter der Gedenkhalle, sieht nun allerdings in der jüngsten E-Mail Sanders „die Spitze einer Polemik“ gegen sein Haus. Heinrichs schildert einen Grundkonflikt: Der VVN möchte eine ganz andere Ausstellung da drin haben als wir.“ Die Helden des Widerstandes sollten dargestellt und dadurch die Emotionen der Besucher angesprochen werden.

Doch genau diese emotionale Auseinandersetzung mit der Geschichte will man nicht. „Wir wollen keine Heldengeschichten“, stellt Heinrichs klar. Ihr Ziel: die Befähigung der Menschen zur eigenständigen analytischen Meinungsbildung.

Drei Grundprinzipien festgelegt

Dabei beruft sich Heinrichs auf den sogenannten Beutelsbacher Konsens, Ergebnis einer Tagung der Landeszentrale für politische Bildung zusammen mit Politikdidaktikern im Herbst 1976. Damals wurden drei Grundprinzipien des Politikunterrichts festgelegt. Danach soll Schülern keine Meinung aufgezwungen werden. Vielmehr solle der Unterricht sie in die Lage versetzen, sich selbst eine Meinung zu bilden. Dann müssen ebenfalls zum Zweck der freien Meinungsbildung Themen kontrovers dargestellt und diskutiert werden. Und als drittes Prinzip wird die „Schülerorientierung“ zitiert: „Sie soll Schüler in die Lage versetzen, die politische Situation der Gesellschaft und ihre eigenen Position zu analysieren und sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen.“

Zum Bilderzyklus Kurowskis erklärt Heinrichs noch: „Er ist nicht ganz verschwunden, ein Teil ist in der Medienstation im Foyer zu sehen.“ Kurowskis Bilderzyklus sei nun ein Teil der Rezeptionsgeschichte der Gedenkhalle.

Kulturdezernent Apostolos Tsalastras äußerte sich sehr verwundert über Sanders Kritik. Zumal bei ihnen überhaupt nichts angekommen sei. Und sie arbeiteten doch intensiv mit der Antifa zusammen. Außerdem habe man über das neue Konzept der Gedenkhalle lange beraten, es sei alles im Konsens vieler Beteiligter und unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse entstanden.