Oberhausen. .
Politiker reden von Missverständnissen, bei Schulleitern liegen die Nerven blank und das pädagogische Personal bastelt an Pro- und Contra-Plakaten: Der WAZ-Bericht über die angemahnte straffere Handhabung und Kontrolle im Offenen-Ganztagsbereich sorgt für Gesprächsstoff.
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„Wir bedauern die neuen Regelungen“, heißt es in einem Eltern-Schreiben einer Schule, deren Leiter seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Sonst habe ich schlaflose Nächte.“ Er hat Angst, als Rebell dazustehen, als jemand, der auch weiterhin den flexiblen Wünschen der Eltern nachkommen möchte, die ihr Kind wie bisher vor 15 oder 16 Uhr abholen möchten.
Viele Eltern empfinden die angemahnten Abhol-Zeiten als neu. Sind sie aber nicht. Schuldezernent Reinhard Frind (SPD) verweist zu Recht auf entsprechende Vorschriften des NRW-Schulministeriums, die zuletzt Ende Dezember 2010 überarbeitet worden sind.
Ob der Landesrechnungshof bereits Nachmittags-Angebote von Grundschulen stichprobenartig überprüft habe oder diese nur androhe, konnte Frind nicht sagen. Fest steht jedoch: „Das Land fördert mit seinen Geldern fünf Tage Offenen Ganztag und nicht etwa nur drei.“ Außerdem gebe es einige Kinder, die an gebuchten Betreuungs-Angeboten nicht teilnehmen. Im schlimmsten Fall drohen Rückzahlungen von Fördermitteln.
SPD-Fraktionsvorsitzender: „Ausnahmen weiterhin möglich“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Große Brömer beschwichtigt: Im Ministeriums-Erlass stehe nicht ohne Grund, dass sich der Zeitrahmen nur „in der Regel“ bis 15 oder 16 Uhr richte. „In der Regel“ heiße, dass Ausnahmen auch weiterhin möglich sind. „Dazu zählen nicht nur Krankheiten oder Arzttermine“, meint Große Brömer. Mit anderen Worten: Wenn die Mutter mal nicht arbeiten muss und mit ihrem Sprössling ins Schwimmbad gehen will, bleibt das weiterhin möglich.
Also alles nur ein Kommunikationsproblem? Wohl nicht – die Verunsicherung ist groß, nicht nur bei den Eltern, sondern selbst bei den Schulleitern. Am Dienstag (12. April) wird bei einem routinemäßigen Treffen zwischen Grundschul-Leitern und dem Schulamt kurzfristig das Thema „Flexibilität im Offenen Ganztag“ auf die Tagesordnung gesetzt.
Weniger Zeit für die Familie befürchtet
Einige Eltern haben von der nun strenger angedachten Handhabung erst aus der Zeitung erfahren und teilten ihre Empörung dem Betreuungspersonal mit, berichtet Kristina Koch, die den Offenen Ganztag an der Adolf-Feld-Grundschule in Alt-Oberhausen leitet: „Bei uns sind viele alleinerziehende Mütter, die nun über eine Abmeldung von den Angeboten nachdenken, weil sie befürchten, dass sie für jedes frühere Abholen ein Attest brauchen – das sie fünf Euro kosten würde.“ Auch Väter, die lange Zeit für ein Besuchsrecht ihrer Kinder gekämpft hätten, seien besorgt. Sie befürchten, dass sie künftig nur noch einen Bruchteil des Nachmittags mit ihren Söhnen oder Töchtern verbringen können. Bisher konnten sie in solchen Fällen ihre Kinder auch mal um 13 Uhr abholen.
„Unser Betreuungs-Team sammelt bereits Argumente für flexible Abholzeiten“, berichtet Kristina Koch. Die wolle man dann an alle beteiligten Stellen – vom Schulamt bis zur Bezirksregierung – schicken. Denn sollten tatsächlich viele Eltern ihre Kinder vom Offenen Ganztag abmelden, wäre die ein oder andere Stelle zu viel besetzt.