Oberhausen. .
„Ich will arbeiten.“ Das sagt Andreas Schütte immer wieder. Auch im Gespräch mit seiner Arbeitsvermittlerin. Es ist der 1. April und Schütte ist mit diesem Tag arbeitslos. Arbeitssuchend, wie es ja jetzt heißt. Der 49-Jährige wollte das verhindern, keinen Tag wollte er dem Staat und der Allgemeinheit zur Last fallen. Doch dann stellte sich heraus, dass das nicht so einfach ist.
„Ich werde in die Arbeitslosigkeit gedrängt“, sagt Andreas Schütte. In Motorrad-Kluft sitzt er in dem kleinen Büro von Doris Linde und ist verärgert. „Da kriegt man so’n Hals.“ Schütte, gelernter Industriemechaniker, 30 Jahre Berufserfahrung, zumeist in leitender Funktion, hat seinen Job verloren. Betriebsbedingte Kündigung. Seit drei Monaten ist er freigestellt und legt sich seitdem mächtig ins Zeug, um bloß nicht ohne Arbeit dazustehen, sein größter Alptraum. Die Arbeitsagentur, so findet er, unterstützt ihn überhaupt nicht. Im Gegenteil: „Die legen mir Steine in den Weg.“
Schütte hat nicht nur Stellenanzeigen studiert, er hat überlegt, wie er seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen könnte. Er hat Sicherheitsschuhe gekauft und war bei einem Bildungsträger zum Vorschweißen. Mit dem Kostenvoranschlag sitzt er nun im Büro von Frau Linde.
Qualifizierung gibt es erst, wenn nichts anderes mehr geht
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„Diese Qualifizierung ist für Sie nicht zwingend notwendig“, sagt die Beraterin. „Nicht, solange es freie Stellen gibt, bei denen der Schweißschein keine Voraussetzung ist.“ Schütte will das nicht einsehen: „Wenn sich 20 Leute auf eine Stelle bewerben, dann wird doch am ehesten ein 25-Jähriger genommen. Aber wenn ich sagen könnte, dass ich schweißen kann, sähe die Sache ganz anders aus.“ Doris Linde bleibt dabei: Eine Qualifizierung gibt es erst, wenn nichts anderes mehr geht.
Es gibt noch etwas, das Schüttes Halsschlagader hervortreten lässt: „Ich könnte sofort in einer Firma anfangen, gut bezahlt und unbefristet. Aber die wollen einen Vermittlungsgutschein.“ Der Gutschein ist bares Geld für private Arbeitsvermittler: 1000 Euro gibt es sechs Wochen nach Einstellung des Arbeitslosen, noch mal 1000 Euro sechs Monate danach. Doch auch diese Maßnahme greift nicht im Fall von Andreas Schütte. Doris Linde kann nur auf den Gesetzestext verweisen. Dort steht, im SGB III, § 421g: „Arbeitnehmer, die (...) nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten (...) noch nicht vermittelt sind, (...) haben Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein.“ Schütte ist erst seit wenigen Stunden arbeitslos. Dass sie ihm beim letzten Gespräch die Nummern von Firmen gegeben hat, die auf einen Gutschein bestehen, tut Doris Linde leid. Dies sei nicht immer ersichtlich, sagt sie.
Zumeist Zeitarbeitsfirmen
Andreas Schütte muss sich mit dem zufrieden geben, was übrig bleibt. Das meiste davon sind Zeitarbeitsfirmen. Gegen die hat Schütte jedoch eine große Abneigung. Als stellvertretender Baustellenleiter habe er sich geschämt für den Lohn, der den Zeitarbeitern gezahlt wurde. Linde: „Es gibt nicht nur schwarze Schafe. Manche zahlen nach Tarif.“
Das Gespräch dreht sich im Kreis. Bis Doris Linde einen Vorschlag macht. Andreas Schütte hat in einigen Tagen ein Vorstellungsgespräch. Er könnte eine Probebeschäftigung vorschlagen. Hierbei wird der Arbeitssuchende für ein bis drei Monate eingestellt, unverbindlich, den Lohn zahlt die Agentur. Eine Maßnahme, die für Schwerbehinderte und Rehabilitanten greift. Schütte könnte von ihr profitieren, weil er bis Ende Mai als schwerbehindert eingestuft ist. Er findet die Idee gut, will es versuchen. Zufrieden sieht er trotzdem nicht aus. Er hätte lieber sofort einen festen neuen Job. Und das lieber heute als morgen.