Oberhausen. .
Es reicht den Schülern, das merkt man deutlich: „Wohlstand darf nicht mehr abhängig sein von der Industrie, sondern muss von den Köpfen der Menschen kommen!“, macht Calvin Bothe vom Bertha-von-Suttner-Gymnasium sie warm für die Bildungsstreik-Demo.
Turbo-Abi, Bachelor-Studium, Lehrermangel und Abschaffung von Studiengebühren – das sind die Themen, die mehr als 430 Schüler am Mittwochmorgen zum Hauptbahnhof bewegen. Es soll nach Düsseldorf gehen, wo man dem sich just konstituierenden Landtag mal zeigen will, was eine „Bildungsoffensive“ ist: „Wir wollen die Suppe nicht mehr auslöffeln, die uns Politik und Wirtschaft eingebrockt haben“, so Bothe.
Und das bedeutet für viele eine Absage an die sogenannte Schulreform, die mit Kopfnoten, Turbo-Abi, und Studiengebühren Stromlinienförmigkeit statt Individualität fördere. „Das Bachelor-Konzept stammt von Wirtschaftsleuten, die glauben, Leistungsfähigkeit sei nur durch Druck zu erzielen“, kritisiert Studentenvertreter Maximilian Janetzki. „Genau!“, schallt es zurück. Mut machen ist angesagt.
Denn mit Polemik seitens der Politik müssen Studis und Schüler rechnen, so wie im vergangenen Sommer, als Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) den Bildungsstreik von 100 000 jungen Menschen als „gestrig“ bezeichnete. Und auch Schulministerin Barbara Sommer (CDU) begrüßte es zwar, dass sich junge
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Menschen politisch engagierten. Sie sollten aber ihre Demos nachmittags veranstalten und nicht während der Schulzeit. Fehlstunden würden auf den Zeugnissen vermerkt, hieß es. Bothe sieht darin einen Versuch, die Betroffenen ruhig zu stellen.
Für die Demo stellen die Aktivisten daher Teilnahmebescheinigungen aus, doch ob die Schule sie akzeptieren wird, können sie nicht versprechen. 8000 Lehrerstellen hat NRW in den letzten Jahren geschaffen – die Hälfte davon entstand allein rechnerisch durch die Arbeitszeitverlängerung der Beamten.
Doch Sonja Schröder (17) vom Gustav-Heinemann-Gymnasium in Mülheim sitzt im Leistungskurs nachwievor mit 27 Klassenkollegen. Zeit für Fragen oder gar individuelle Betreuung bliebe dem Lehrer nicht, was sie versteht: „Er muss den Stoff durchkriegen.“ Mehr noch beschäftigen sie die Studiengebühren nach der Schule. „Mich interessiert Soziologie, aber wenn ich am Ende mit einem Berg Schulden darstehe...“ Schließlich seien ihre Eltern nicht reich und die Zeiten sind lange vorbei, als das Studium noch Garant für einen Job war.
Stephanie Seifert (23) ist dagegen junge Mutter und mitten in der Ausbildung zur Chemisch-technischen Assistentin, „nur, wie soll das beruflich gehen, wenn die schulische Betreuung für Kinder fehlt?“ Sie macht mit, weil sie den Weg ebnen will für ihre dreijährige Tochter. „Wir waren ein Land der Dichter und Denker“, sagt sie, „und heute von Hartz IV.“