Oberhausen. Jahr für Jahr verschlechtert sich der Zustand der Straßen. Jetzt liegen erstmals genaue Daten in Oberhausen vor. Verwaltung zieht bitteres Fazit.

Dass die Straßen in einem besseren Zustand sein müssten, wissen die Oberhausener aus täglicher Erfahrung. Jetzt hat es auch die Verwaltung schwarz auf weiß: Erstmals liegt der Zustand des Straßennetzes wissenschaftlich erfasst vor. Das Ergebnis: 29 Prozent der Straßen sind in einem schlechten Zustand, 11 Prozent davon, also jede zehnte, sogar in einem sehr schlechten. Zur Verbesserung wäre eine Millionensumme nötig.

Vor fünf Jahren hatte die Gemeindeprüfanstalt NRW bemängelt, dass Oberhausen gar nicht genau weiß, wie es um die Straßen bestellt ist. Es fehlte eine flächendeckende Erfassung und Beurteilung. Zwei Jahre später wurde die Firma Lehmann und Partner damit beauftragt, die 640 Kilometer Straßennetz genauer unter die Lupe zu nehmen. Erstmals im Oktober 2021 fuhr ein orangener Mercedes Sprinter die Straßen ab. Der Wagen ist ausgestattet mit modernster Technik: Kameras auf dem Dach erstellen alle fünf Meter Bilder, ein Laserscanner des Freiburger Fraunhofer-Instituts Umsicht misst jedes Schlagloch und jeden Riss. Für Radwege wurde ein quadähnliches Fahrzeug eingesetzt.

Kamera-Wagen erfassten 640 Kilometer Straße in Oberhausen

Von März bis Mai 2022 und nochmals im August 2022 rückte das Team aus. Dann war alles im Kasten: Der Verwaltung lagen nun 67.383 Abschnitte vor, deren Zustand nach einer wissenschaftlichen Skala bewertet wurde. Auch die 24.043 Orte, an denen Verkehrsschilder stehen, wurden erfasst.

Die Bilanz war zu erwarten, ist aber doch ernüchternd: Zwar sind 43 Prozent in einem guten oder sehr guten Zustand. Heißt aber auch: Mehr als die Hälfte ist löchrig und rissig. Bei rund einem Drittel herrscht dringender Handlungsbedarf. 11 Prozent davon sind so mangelhaft, dass sie am besten sofort neu asphaltiert werden sollten. Ein aktuelles Beispiel ist die Lipperheidstraße am Evangelischen Krankenhaus. Ständig werden Löcher gestopft, die Straße sieht aus wie ein Flickenteppich.

Oberhausen konnte 2023 nicht einmal den Status Quo aufrecht erhalten

Die angrenzende Falkensteinstraße hat soeben eine neue Asphaltdecke bekommen. Doch die Stadt kommt mit der Ausbesserung einfach nicht hinterher. Die Fachleute aus dem Rathaus haben eine Tabelle erstellt, die den Wertverlust des Straßennetzes verdeutlicht: Zwischen 2017 und 2022 hat sich der Wert der Wege und Plätze um 58 Millionen Euro verschlechtert. Über Jahre wurde zu wenig Geld ins Straßennetz gesteckt. Besonders bitter: 2023 reichte das Geld nicht einmal aus, um den Status Quo zu erhalten.

Die Verwaltung legt nicht nur Zahlen über den Zustand vor. Sie zeigt auch auf, dass der hoch verschuldeten Kommune Oberhausen finanzielle Mittel fehlen. 10,66 Millionen Euro wären im Jahr nötig, um wenigstens das Straßen- und Wegenetz zu erhalten. Im Haushaltsjahr 2023 waren aber insgesamt nur 13,7 Millionen Euro eingeplant - nicht nur für die Erhaltung, sondern auch für Fördermaßnahmen und Investitionen in das Netz. Die eindringlichen Worte aus der Verwaltungsvorlage: „Dies entspricht – in Hinblick auf die derzeitig deut­liche Kostensteigerung im Bau – eher einem Mindestmaß zur Erhaltung. Eine Verbesserung des derzeitigen Straßengesamtzustands ist nicht erreichbar.“

Auch Radwege und Gehwege in einem schlechten Zustand

So können Radwege auch aussehen: Auf der Richard-Wagner-Allee hat die Stadt eine neue Querung gebaut.
So können Radwege auch aussehen: Auf der Richard-Wagner-Allee hat die Stadt eine neue Querung gebaut. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Es sind nicht nur die Straßen, die kein gutes Bild abgeben. Auch die Radwege sind in einem schlechten Zustand. Die Experten unterscheiden in ihrer Auswertung einen Gebrauchswert und einen Substanzwert. Der Gebrauchswert spiegelt den gefühlten Zustand wider – so nehmen ihn Radfahrer wahr. Jeder dritte Radweg hat in dieser Kategorie Schäden und sollte repariert werden. Die Verwaltung mahnt Verbesserungen an, da schlechte Radwege sich negativ auf das Sicherheitsgefühl auswirken.

Auch die sogenannten „Seitenräume“, die Gehwege, schneiden schlecht ab. Es gibt praktisch kaum welche ohne Schäden. Im Kontext des demografischen Wandels sei hier eine Verbesserung geboten, finden die Fachleute.

Doch möchte die Stadt alle Straßen und Wege verbessern, die schlecht oder sehr schlecht sind, bräuchte sie 132 Millionen Euro. Geld, das Oberhausen momentan nicht hat.