Oberhausen. Die Stadt Oberhausen, die Wiege der Ruhrindustrie, als Vogelparadies? Das klingt erstaunlich. An der Emscher ist es Wirklichkeit geworden.
Im Holtener Bruch renaturiert die Emschergenossenschaft die Emscher auf besondere Weise: Hier hat der Fluss genug Platz, um sich künftig kurvenreich auszubreiten; hier gibt es ausreichend Raum für ein Überschwemmungsgebiet, das im Falle des Falles ein großes Hochwasser aufnehmen kann. Dieses künftige Auengebiet der Emscher im Holtener Bruch hat sich bereits jetzt zu einem Paradies für zahlreiche Vogelarten entwickelt. Das berichtet Diplom-Biogeograf Tobias Rautenberg in einer Mail an die Redaktion.
Zu den dort vorzufindenden Vögeln zählten auch einige Arten, die bisher nur sehr selten oder sogar noch nie zuvor in Oberhausen beobachtet werden konnten, ergänzt der Naturfachmann. Allein in diesem Jahr seien von Vogelbeobachterinnen und Vogelbeobachtern schon über 100 verschiedene Arten entdeckt worden.
3. Mai 2024: Rastender Stelzenläufer im Holtener Bruch in Oberhausen gesichtet
Der vorläufige Höhepunkt sei dabei ein rastender Stelzenläufer gewesen, der am 3. Mai 2024 gesichtet worden ist. Diese zu den Watvögeln gehörende Art mit den namensgebenden auffällig langen Beinen habe ihren Verbreitungsschwerpunkt eigentlich im Mittelmeerraum und sei ein seltener Gast in Nordrhein-Westfalen. Es sei der erste dokumentierte Nachweis für das Stadtgebiet von Oberhausen, wie Tobias Rautenberg von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet und Michael Tomec vom NABU Oberhausen unterstreichen.
Das Gleiche gelte für einen Säbelschnäbler (auch hier ist der Name Programm, denn der Schnabel hat die Form eines Säbels), der am 27. April kurz im Holtener Bruch vorbeigeschaut habe. Den Küstenvogel könne man sonst eher an der Nordsee beobachten, im Binnenland sehe man ihn dagegen nur selten.
Vogelparadies Holtener Bruch: Flachwasserzonen bieten ideale Rastbedingungen
Gerade für Watvögel bieten die ausgedehnten Flachwasserzonen und schlammigen Ufer aktuell ideale Rastbedingungen, wo sie reichlich Nahrung finden, bevor die meisten von ihnen ihre Reise in die Brutgebiete fortsetzen. So konnten in den letzten Wochen bereits zwölf verschiedene Arten aus dieser in Oberhausen sonst nur spärlich vertretenen Vogelgruppe festgestellt werden, wie Tobias Rautenberg und seine Kolleginnen und Kollegen berichten.
Neben den bereits erwähnten beiden Erstnachweisen seien besonders die Arten Sandregenpfeifer (zweiter Nachweis in Oberhausen in diesem Jahrtausend) und Bruchwasserläufer (zweiter Nachweis in Oberhausen seit 1999) sowie Rotschenkel (zuvor letztmals im Jahr 2012) und Austernfischer zu nennen, die bisher nur sehr selten und wenige Male in Oberhausen beobachtet werden konnten. Aber auch zu anderen Artengruppen gelangen zahlreiche besondere Beobachtungen: zum Beispiel ist eine Trauerseeschwalbe am 26. April gesichtet worden (erst der vierte Nachweis nach 1906, 1963 und 2008), zudem sind nicht jährlich im Stadtgebiet präsente Arten wie Löffelenten, Fischadler und Ringdrossel protokolliert worden.
Nicht zu vergessen: Auch ein Weißstorch hat sich in den letzten Tagen bereits im Holtener Bruch umgeschaut. Vielleicht sei er auf der Suche nach einem geeigneten Brutplatz für die kommenden Jahre, meint Tobias Rautenberg. „Wir dürfen weiterhin gespannt sein, denn der Frühjahrszug dauert noch bis Mitte/Ende Mai an.“
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